Die silberne Maske
während sie Laychams Bericht lauschte. Es verwunderte sie ein wenig, dass einer von ihnen nicht wie die anderen so nahe wie möglich herangetreten war, um nur ja kein Wort zu verpassen. Irell hörte aufmerksam zu, keine Frage. Aber er packte seine Sachen dabei.
Ein Holzscheit barst im prasselnden Lagerfeuer. Funken stoben, und für einen Moment erhellte sich die Dunkelheit über dem Platz. Ein Kauz flog vorbei; ein kleines Ding mit grauem Federkleid. Flüchtig zielten seine Augen auf Zoe. Als sich ihre Blicke trafen, fauchte er lautlos und verschwand.
Zoe war, als hätte sie den Kauz schon einmal gesehen. Welch ein Zufall, dass er genau aus der Richtung gekommen war, in der Irell kurz zuvor gewesen war! Sie wandte sich nach ihm um.
Und erschrak.
Der Elf hatte sich schnell weggedreht, als sie zu ihm hinsah. Doch in dem einen winzigen Moment davor hatte Zoe sein Gesicht sehen können, vom Widerschein des Feuers umtanzt. Es war voller Hass.
Quatsch! Das kann nicht sein!, dachte sie. Irell hat wie alle anderen an Laychams Seite gekämpft und sich nie etwas zuschulden kommen lassen! Meine Nerven liegen blank, das ist alles!
»... und deshalb machen wir Folgendes«, sagte der Prinz gerade. Zoe trat einen Schritt näher an ihn heran.
»Wir reiten noch in dieser Stunde nach Dar Anuin und gehen in Stellung. Birücs Tochter wusste zu berichten, dass die Priesterschergen hauptsächlich nachts gegen die Rebellen vorgehen. Das heißt, solange es dunkel ist, ist die ganze Stadt auf der Straße.«
»Prima! Dann mischen wir uns unbemerkt unters Volk und töten die verfluchten Kerle«, rief Birüc.
»Wir müssen dabei sehr vorsichtig sein. Maletorrex hat Zulauf in der Bevölkerung erfahren - es sind Hunderte, die auf seiner Seite kämpfen. Ich will dennoch nicht, dass ihnen ein Leid geschieht, denn ihr Verrat wird aus der Not geboren und Versprechungen, dass ihr Leben besser werden könnte. Wir werden deshalb hineingehen, aber nicht gleich losschlagen. Sondern die Lage sondieren und einen Plan überlegen, wie wir den Durchbruch erreichen können.« Laycham klopfte Birüc auf die Schulter. »Du und ein paar deiner Leute werden sich umsehen. Eine Stunde, mehr nicht. Und dann schlagen wir los.«
»Sollten wir die Bürger nicht warnen?«, wandte Azzagar ein.
»Ja. Da wir ohnehin in der Nacht losschlagen, soll Birüc offenbaren, dass ich da bin und dass sich alle zurückziehen sollen. Ich will die Städter aus dem Weg haben, wenn wir angreifen. Es ist genug unschuldiges Blut vergossen worden, dem werden wir keinen Tropfen hinzufügen!«
»Wir müssen vor allem vermeiden, dass sie als Geiseln gegen uns benutzt werden«, meinte Birüc. »Es muss alles sehr schnell gehen, mein Prinz.«
»Genau. Und deswegen ...«, ergänzte Laycham, bemüht, ein Lächeln in seine Stimme zu legen, »... deswegen werden wir die Schattenpferde für den Ritt benutzen.«
Protest aus zwei Dutzend Kehlen brandete auf. So dankbar die Elfenkrieger waren, dass die Hundert Gerechten ihnen beistanden, so erschreckend fanden sie die Vorstellung körperlicher Nähe. Und die war unausweichlich, wenn sie zu ihnen aufs Pferd stiegen.
Für sie waren die Hundert Gerechten Verdammte, die in ihre Schatten gekleidet als Tote wandelten - eine sehr unangenehme Vorstellung für Elfen. Als Lebende besaßen sie keinen Schatten, denn der wartete am Tor zu Annuyn auf seine Stunde und ging im Tode ins Totenreich ein, während der Körper zurückblieb. Elfen mieden jeglichen Kontakt zu Toten nicht minder als zu Spiegeln.
»Wie willst du denn in die Stadt kommen?«, rief Irell. »Alle Tore sind verschlossen, da gibt es nirgends ein Durchkommen. Selbst die Geheimgänge sind abgeriegelt.«
Erstaunt wandte sich der Prinz ihm zu. »Woher willst du Letzteres wissen? Soweit ich weiß, warst du nie für den Wachdienst im Inneren des Palastes eingeteilt. Wie sollte dir eine solche Information zuteilwerden?«
»Äh ... ich ...« Der Elf wich zurück. Stieß an seine gepackten Sachen, wäre fast gestürzt. »Das kann man sich doch denken.«
»Irell?«, fragte Laycham gedehnt. Seine Haltung veränderte sich. Lauernd, fast drohend setzte er sich in Bewegung. »Gibt es etwas, das du mir sagen möchtest?«
»Ja! Die Pest über dich!«, schrie Irell hasserfüllt, warf sich herum und rannte davon in die Dunkelheit.
Alle standen da wie erstarrt. Alle - außer Zoe.
»Prada! Gucci!«, rief sie erregt.
Irgendwo zwischen den Beinen der Pferde blinkten zwei Lichter auf. Azzagar schnappte
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