Die silberne Maske
ihre Augen voll ungläubigem Staunen. »Aber ... aber das ist ja meine Tätowierung !«
Laycham nickte.
»Weißt du, ich habe vom ersten Tag an gewusst, dass du etwas Besonderes bist, und damit meine ich nicht deine Schönheit und dein zauberhaftes Wesen.« Er lachte unsicher. »Das natürlich auch.« Er nahm ihre Hand. »Du strahlst etwas aus, was du eigentlich nicht haben dürftest - als Reinblütige, meine ich. Etwas ... ja, Magisches. Eine innere Verbundenheit zu Dar Anuin. Als wärst du ... man könnte fast sagen: schon einmal hier gewesen. Du bist die eine, Zoe, die alles wieder ins Lot bringen kann. Und darum ...«
Er steckte ihr den Ring an.
»Das darfst du nicht«, flüsterte sie. »Er gehört deiner Mutter!«
»Sie kann ihn nicht mehr tragen. Und er ist nur bei dir gut aufgehoben.«
»Dann wirst du mir vergeben?«, plärrte Irell in den magischen Moment hinein. »Wir können uns gegen das fette Schwein verbünden!«
Laycham küsste Zoes Hand, dann wandte er sich dem Verräter zu. Grimmig ging er auf ihn zu.
Irell wich zurück. »Du darfst mich nicht töten. Du kannst mich nicht töten - ich bin dein Bruder! Die Furien würden dich zerfleischen, wenn du Blutschuld auf dich lädst. Also komm mir nicht nä...«
Mehr sagte er nicht.
Als er fiel, stand Zulaimon an seinem Platz, einen blutigen Dolch in der Hand. Mit unbewegter Miene schob er ihn ins Futteral zurück und nickte Laycham zu.
»Verschone nie einen besiegten Gegner«, sagte er ruhig. »Sonst wird er wieder aufstehen und dir an die Kehle fliegen.«
»Einmal Verräter, immer Verräter«, stimmte Birüc zu. »Er hat dich abgrundtief gehasst, mein Prinz, und hätte nur auf eine neue Gelegenheit gewartet.«
Laycham rang nach Worten. Versuchte Ordnung in das Chaos zu bringen, das in ihm tobte. Er hatte einen Bruder gefunden und gleich wieder verloren, den Ring seiner Mutter zurückbekommen und gleich wieder abgegeben, ein Geheimnis gelüftet und ein neues entdeckt. Woher wusste Teufel, dass Zoe hier zu finden war? Gehörte der wilde, kluge Uhu nicht am Ende doch zu Maletorrex’ gnadenlosen Werkzeugen? Aber warum sollte er dann den Kauz töten und daran hindern, die Informationen weiterzugeben?
Zu viel nachzudenken und nicht jetzt.
»Wir reiten los!«, befahl er. »Auf nach Dar Anuin!«
Zoe stand abseits, während die Krieger die nötigen Vorbereitungen trafen. Sie spürte den Ring an ihrem Finger, dieses einzigartige, kostbare Erbstück. Laycham hatte es ihr angesteckt wie ein Eheversprechen. Sie lächelte traurig. Wäre es nicht wundervoll gewesen, wenn eine Liebe wie diese hätte sein dürfen? Ein Leben mit Laycham - egal ob in einem Palast oder einem Zelt, egal ob unter Elfen oder Menschen. Mit ihm war ihr alles egal, vergessen der Plan, sich einen jungen, schönen Millionär zu angeln. Sie würde mit ihm in bescheidener Einsamkeit am Nordpol leben, nur um bei ihm zu sein.
Alles hatte sich geändert. Er hatte alles verändert.
»Zo...e kanns... umich... hören?«
Zoe fuhr heftig zusammen. Der Satz war in ihrem Kopf gesprochen worden und hörte sich an wie eine schlechte Handyverbindung. Automatisch legte sie ihre Hand ans Ohr. Das Rauschen und Knacken blieb.
»Hallo?«, fragte sie stirnrunzelnd.
»Hallo? Zoe?«
»Wer ... wer ist da?«
»Ich bin es: Arachie Larma.«
»Oh mein Gott!« Zoe ließ fassungslos die Hand sinken. Merkte, dass sie gar kein Handy darin hielt, und schüttelte sie ungeduldig. Dann konzentrierte sie sich nach innen.
Bist du es wirklich, Schwarz-Seherin?
Ich bin es, antwortete Arachie Larma. Höre, mein Kind: Wir haben nicht viel Zeit! Ich nutze die magische Maske, um zu dir zu sprechen. Maletorrex wird das schnell herausfinden, deshalb sage ich meine Nachricht und verschwinde wieder.
Sprich!, bat Zoe.
Hüte dich vor dem Hohen Priester! Er ist fest entschlossen, dich zu töten! Die Stimme der Schwarz-Seherin klang so dünn und resigniert, wie es bei Leuten ihrer Zunft üblich war. Das gab der Warnung etwas Unheimliches - und es wurde nicht besser, als sie hinzufügte: Und was immer du tust, Zoe: Gehe nicht in den Tempel der Kartause!
Warum nicht?, fragte Zoe. Aber es kam keine Antwort mehr.
Arachie Larma war fort.
Lautlos zogen die Schattenpferde durch die Nacht, schnell wie der Wind und so sicher, als liefen sie in hellem Sonnenschein. Laychams Krieger, die zu den besten Reitern der Welt gehörten, taten das einzig Vernünftige: Sie kniffen die Augen zu und leugneten, was sie sahen. Mit den Toten zu
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