Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
Vom Netzwerk:
auf der Erde. Stamm war da schon auf dem Weg zum Saloon, den Revolver im Holster, die Arme so schlaff wie vorher. Zurück blieb Williams’ Sekundant, der nur hilflos umherblickte. Ich wollte wissen, wo der Mann mit dem Jungen geblieben war, um ihn meine Verachtung spüren zu lassen, aber er war nirgends mehr zu sehen.

Die Frau hatte noch zu tun und entschuldigte sich, während ich meine Satteltaschen packte. Später suchte ich sie überall im Hotel, konnte sie aber nicht finden, also hinterließ ich ihr ein Geldgeschenk von fünf Dollar. Ich versteckte die Münze unter meiner Bettdecke, wovon ich mir einiges versprach. Würde sie beim Auffinden des Geldstücks nicht sofort an mich denken und auch das Bett in einem neuen, anderen Licht sehen? Etwa als Ehebett, obwohl Bett allein auch schon reichen würde, solange nur ich darin vorkam. Charlie, der mich dabei überraschte, meinte jedoch, mein Plan könne nicht aufgehen. Die Laken seien schon dreckig gewesen, als wir hier ankamen, sprich, sie würden wahrscheinlich nie gewechselt werden, weil der Hotelfrau an Ordnung und Sauberkeit nicht gelegen sei. »Der Nächste, der sich in diesem Flohzirkus in die Kissen haut, sagt Dankeschön.«
    »Sie findet es bestimmt.«
    »Das bezweifle ich. Außerdem sind fünf Dollar viel zu viel. Lass ihr unten einen Dollar da. Dafür kann sie ihre Schürze in die Wäscherei bringen und hat noch genug übrig, um die Ziege blind zu machen.«
    »Du bist nur eifersüchtig, weil du kein Mädchen hast.«
    »Was, diese Schabracke? Meinen Glückwunsch! Nur schade, dass wir sie Mutter nicht vorstellen können. Sie wäre entzückt, die kleine Prinzessin kennenzulernen.«
    »Vor die Wahl gestellt, mit einem Narren zu reden oder gar nicht, wähle ich Letzteres.«
    »Hast du gesehen, wie Ihre Lieblichkeit spucken kann? Oder sich mit dem Ärmel die Nase abputzt? Ich muss schon sagen, die Dame hat Klasse.«
    »Wie ich schon sagte, ich wähle Letzteres.« Mit diesen Worten ließ ich ihn allein, damit er endlich seinen Kram packte. Draußen vor dem Hotel begrüßte ich mein Pferd und fragte nach seinem Befinden. Mein Pferd Tub schien weniger benommen als tags zuvor, wenngleich sein verletztes Auge sich verschlimmert hatte, was mein Mitgefühl weckte. Auf alle Fälle war es ein zähes Biest. Ich wollte es streicheln, doch es scheute bei der ersten Berührung, was mich tief beschämte, offenbar war es freundliche Behandlung nicht gewöhnt. Ich beschloss, dass es ihm von nun an besser ergehen sollte, ja, ich nahm mir geradezu ein dahingehendes Versprechen ab. Dann kam Charlie und hatte für so viel Tierliebe nur ein hämisches Lachen übrig. »Seht den Freund aller Kreatur!«, rief er. »Ob er auch dieser Schindmähre Geld in den Futtersack legt? Jawohl, meine lieben Freunde, es wäre ihm zuzutrauen.« Darauf schnippte er mit den Fingern an den Ohren meines Pferdes Tub, und sie zuckten zu seiner Zufriedenheit. Offenbar hatte das Tier die Probe bestanden. Dann zurrte er den Sattelgurt seines Pferdes fest. »Von jetzt an«, sagte er, »wird nur noch draußen geschlafen. Schluss mit Müßiggang und dem faulen Hotelleben.«
    »Von mir aus. Mir ist alles recht«, sagte ich.
    Er zögerte. »Ich meine ja nur. Wenn du also noch einmal mit Wehwehchen darniederliegen willst, reite ich allein weiter.«
    »Das sagt der Richtige. Wer liegt denn hier mit Wehwehchen darnieder? Was uns aufhält, ist deine Sauferei. Schon zweimal hingen wir deswegen fest.«
    »Okay, sagen wir, wir hatten einfach Pech und konnten uns nicht von der besten Seite zeigen. Die Vergangenheit soll man ruhen lassen. Aber es darf nicht wieder passieren, haben wir uns verstanden?«
    »Dann fang nicht wieder mit meinen angeblichen Wehwehchen an.«
    »Abgemacht, Bruderherz.« Er bestieg sein Pferd Nimble und blickte die Straße hinunter in jene nicht allzu weite Ferne, wo Schaufenster endeten und die Wildnis begann. Im selben Moment hörte ich ein metallisches Klicken auf Glas und sah die Hotelfrau an einem Fenster im Obergeschoss stehen – unserem Zimmer! Sie hatte das Fünfdollarstück in der Hand und klopfte damit von innen an die Scheibe. Dann küsste sie die Münze und legte ihre Hand flach gegen das Glas. Das war natürlich ein schöner Triumph, und ich konnte mich vor Charlie dicke machen, der ziemlich verkniffen guckte und so tat, als wäre das alles nichts, aber gleichzeitig seinem Pferd Nimble die Sporen gab und davonjagte. Ich winkte der Frau zu, und ihre Lippen artikulierten eine Botschaft,

Weitere Kostenlose Bücher