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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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verschiedene Geschmacksrichtungen enthielten: Salbei, Fichtennadel, Minze, Fenchel. Ich sagte, ich bliebe am besten bei Minze, da mir die Minze bislang sehr zugesagt habe. Doch er, geschäftstüchtig, bestand darauf, dass ich auch die anderen probierte. »Abwechslung macht das Leben süß«, sagte er, und ich war natürlich auch gespannt. An einem Waschbecken im Hinterzimmer probierte ich die verschiedenen Sorten nacheinander aus, achtete aber darauf, die Schachteln nicht zu beschädigen, da ich sie sonst kaufen musste. Schließlich ging ich wieder nach vorn und gab dem Ladeninhaber mein Urteil bekannt: »Fichtennadel geht. Es hinterlässt auf der Zunge ein angenehmes Gefühl von Reinheit. Salbei dagegen brennt im Hals, und das möchte ich nicht. Fenchel ist schlicht ekelhaft. Wie ich schon sagte: Ich nehme die Minze.«
    »Trotzdem gut, dass Sie alle probiert haben. Wissen gibt Sicherheit«, sagte er, eine idiotische Äußerung, zu der mir nichts einfiel. Außer dem Zahnpulver kaufte ich noch ein Pfund Mehl, ein Pfund Kaffee, ein halbes Pfund Zucker, zwei Pfund Bohnen, zwei Pfund Pökelfleisch und zwei Pfund Trockenfrüchte, was meinen Magen in gespannte Aufregung versetzte. Dagegen trank ich einen großen Becher Wasser und ging dann mit gluckernden Eingeweiden zum Stall, wo unsere Pferde standen.
    Der Stallmeister war soeben mit den Eisen für den Schwarzen fertig geworden. »Ich gebe Ihnen sechs Dollar für das Tier mit dem Senkrücken«, sagte er. »Minus einen Dollar fürs Beschlagen, macht fünf, die Sie von mir kriegen.« Ich trat auf mein Pferd Tub zu und legte ihm die Hand auf die Nüstern. »Guten Morgen, mein Pferd«, sagte ich, und ich hatte den Eindruck, er erkannte mich. Mehr noch, er sah mich an, aber ganz ohne Furcht oder Bosheit. »Das Auge ist vermutlich hin«, sagte der Stallmeister. »Fraglich, ob Sie dieses Tier auch nur als Gespanngaul gebrauchen können. Ich gebe Ihnen vier Dollar.«
    »Ich will lieber doch nicht verkaufen«, sagte ich.
    »Okay, sechs Dollar inklusive Eisen.«
    »Nein, ich habe meine Meinung geändert. Reden wir lieber über den Schwarzen.«
    »Sieben Dollar, mein letztes Angebot.«
    »Was geben Sie für den Schwarzen?«
    »Den Schwarzen kann ich nicht bezahlen. Acht Dollar für den anderen.«
    »Machen Sie mir ein Angebot für den Schwarzen.«
    »Fünfundzwanzig Dollar.«
    »Er ist mindestens fünfzig wert.«
    »Dreißig mit Sattel.«
    »Vierzig ohne Sattel.«
    »Ich gebe Ihnen fünfunddreißig.«
    »Fünfunddreißig ohne Sattel.«
    »Fünfunddreißig ohne Sattel, abzüglich ein Dollar für die Eisen.«
    »Warum sollte ich einem Pferd Hufeisen spendieren, wenn ich es doch nicht behalten will?«
    »Weil Sie es gestern noch genau so wollten. Und dafür müssen Sie heute bezahlen.«
    »Sie hätten ihn doch so oder so beschlagen.«
    »Na und?«
    »Fünfunddreißig«, sagte ich.
    Der Mann verschwand in den Wohntrakt, um das Geld zu holen. Ich konnte hören, wie er mit einer Frau über den Betrag stritt. Obwohl ich im Einzelnen nichts verstehen konnte, lautete der Tenor eindeutig: Bist du still, Frau? Der Kerl ist ein Schwachkopf, der hat keine Ahnung! Zugleich betrat Charlie den Stall. Er war noch ganz grün im Gesicht, überspielte es aber so gut es ging. Dann kam der Stallmeister zurück. Er hatte neben dem Geld auch eine Flasche Whiskey mitgebracht, um auf unser Geschäft, ein Geschäft unter Ehrenmännern, anzustoßen. Als die Flasche bei Charlie war, kippte er sofort um. Er war derart hinüber, dass er erst zehn Meilen später bemerkte, was ich da verkauft hatte.

»Wo ist eigentlich unser Schwarzer? Warum reitest du noch auf Tub?«
    »Ich hab’s mir anders überlegt. Ich behalte ihn lieber.«
    »Ich verstehe dich nicht, Bruderherz.«
    »Er war mir immer ein treues Pferd.«
    »Kapier ich nicht. So etwas wie den Schwarzen kriegst du nie wieder.«
    Darauf ich: »Noch vor ein paar Tagen wolltest du nicht, dass ich ihn verkaufe. Erst als ein kostenloser Ersatz da war, warst du auch dafür.«
    »Dauernd kramst du irgendwelche Sachen aus der Mottenkiste. Wen interessiert das eigentlich noch? Was vorbei ist, ist vorbei. Aber die Vorsehung hat dir diesen Rappen geschickt. Und ein Geschenk der Vorsehung schlägt man nicht aus. Was soll aus einem werden, der die Vorsehung ignoriert?«
    »Mit Vorsehung hat das hier gar nichts zu tun. Eine Rothaut hat sich überfressen und ist daran krepiert – Glück für mich. Worauf ich hinauswill: Du wolltest dich erst von Tub trennen, als es sich

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