Die Sklavin mit den Mandelaugen
umgekehrt
liegen werden. Und dann wird es Ihnen in der Seele leid tun, daß Sie sich
einmal weigerten, mir zu helfen .«
»Wie kommt es, daß Sie nach New
York geflogen sind und entdeckt haben, daß Ihre Tochter verschwunden ist ?« fragte ich.
»Ich habe gestern morgen von
Paris aus hier angerufen«, berichtete er mit monotoner Stimme. »Ich wollte
meine Tochter überraschen. Doch im Hotel sagte man mir, daß sie schon zwei
Stunden nach ihrer Ankunft wieder ausgezogen sei, ohne eine Adresse zu
hinterlassen. Zunächst war ich durch diese Nachricht völlig außer Fassung, doch
dann gelangte ich zu der Ansicht, daß es eine natürliche Erklärung dafür geben
müßte, und rief meinen Geschäftspartner an .«
Er schwieg einen Augenblick und
preßte die Lippen zusammen, um seine Selbstbeherrschung zu wahren.
»Osman Bey war reichlich nervös
und ausweichend, als ich mit ihm sprach. Er behauptete, sie habe lediglich das
Hotel gewechselt, weil es ihr im ersten nicht gefallen hätte. Als ich ihn nach
dem Namen des zweiten Hotels fragte, bekam er beinahe einen hysterischen Anfall
und sprudelte lauter unsinnige, völlig zusammenhanglose Sätze hervor, etwa in
dem Sinne, daß er sein Leben hingeben würde, um meine Tochter zu beschützen. Er
schwor beim Koran, daß er dafür sorgen würde, daß sie heil und gesund wieder zu
mir zurückgelangte. Ich setzte mich in Paris in das nächste Flugzeug und kam
heute morgen in New York an. Nach einer vierstündigen
Unterhaltung mit meinem ehemaligen Kompagnon machte ich mich auf den Weg in Ihr
Büro .«
Seine Unterlippe schob sich
verächtlich vor.
»Selbst sein bester Freund
könnte nicht behaupten, daß Osman ein mutiger Mensch ist. Aber zum erstenmal in
seinem unwürdigen Leben fürchtet er etwas anderes mehr als mich. Er schwört,
daß er keine Ahnung hat, weshalb man meine Tochter entführt hat. Er hat
zugegeben, daß die Entführer sich nicht mit ihm in Verbindung gesetzt haben,
daß sie kein Lösegeld oder sonst etwas von ihm gefordert haben. Und doch ist er
sicher, daß man ihr Leben in Gefahr bringen würde, wenn man sich mit der
Polizei in Verbindung setzte. Finden Sie dieses Verhalten etwa logisch, Boyd ?«
»Aber natürlich«, versicherte
ich. »In diesem Land gehört die Entführung von Menschen zu den
Kapitalverbrechen. Wenn also die Entführer glauben, daß sie größere Chancen haben
zu entkommen, wenn sie ihr Opfer ermorden, so werden sie keineswegs vor diesem
Mord zurückschrecken, denn die Strafe bleibt ja die gleiche. Sie müssen so und
so mit der Todesstrafe rechnen .«
Zehn Sekunden lang etwa blickte
mich Murad unverwandt an.
»Ich frag’ Sie nochmals, Boyd!
Welche Fortschritte haben Ihre Nachforschungen hinsichtlich der
Wiederauffindung meiner Tochter gemacht ?«
»Und ich sage Ihnen nochmals«,
erwiderte ich gleichmütig, »wenn Osman Bey mir die Erlaubnis gibt, Ihnen
Auskünfte zu erteilen, dann werde ich es tun .«
»Sehr gut«, sagte er steif.
»Mit diesem Revolver in der Hand sind Sie mir im Augenblick überlegen, und ich
muß mich fügen .«
Er drehte sich um und schritt
zur Tür. Von hinten sah er aus, als hätte er ein Lineal verschluckt. An der Tür
blieb er stehen und blickte mich über die Schulter an.
»Sie werden es bereuen, Boyd«,
sagte er sanft, ohne die geringste Dramatik in der Stimme. »Ich bin ein
unangenehmer Feind .«
Einen Augenblick später schloß
sich die Tür hinter ihm.
Ich hatte kaum Zeit, über die
Unterhaltung nachzudenken, denn schon stürzte Fran wieder ins Zimmer.
»Jetzt sagen Sie bloß nicht,
daß Murad draußen auf die zweite Runde wartet«, brummte ich.
Sie schüttelte mit gequälter
Miene den Kopf.
»Ich nehme alles zurück und
behaupte das Gegenteil«, verkündete sie beschämt. »Draußen am Telefon ist ein
weibliches Wesen und behauptet, sie rufe im Auftrag von Osman Bey an .«
Ich hob den Hörer meines
Telefons ab und meldete mich.
»Hier ist Selina«, sagte eine
gleichgültige Stimme.
Das Bild des bezaubernden
Sklavenmädchens stieg wieder vor mir auf.
»Was machen all Ihre kleinen
Problemchen, Selina ?« erkundigte ich mich. »Geht er
jetzt endlich rauf und runter ?«
»Das geht Sie überhaupt nichts
an, Sie elender Schmutzfink«, erwiderte sie mit eisiger Stimme. »Ich habe Ihnen
von Mr. Bey etwas auszurichten. Er mußte vor kurzem weg und etwas erledigen und
weiß leider nicht, wann er zurück sein wird. Aber ich soll Ihnen sagen, daß
Abdul Murad in New York ist und daß Sie ihm unter keinen
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