Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
herum. Er war gerade rechtzeitig in die Halle zurückgekommen, um das hochinteressante Ende ihres Gesprächs mit anzuhören.
»Eine Waffe ist ein lebloser Gegenstand«, beantwortete Morganen die gegrollte Frage seines Bruders ruhig. »Es ist relativ ungefährlich, sie durch den Äther zu transportieren. Zumindest nehme ich an, dass es sich um leblose Objekte handelt«, wandte er sich wieder an Kelly.
Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Wie viele Teile kannst du herüberholen?«
»Ein paar. Warum?«
»Wie genaue Informationen benötigst du, um bestimmte Dinge zu lokalisieren und zu transportieren?«
Morganen hob die Schultern. »Du kannst mit in meinen Arbeitsraum kommen und sie mir im Spiegel zeigen …«
»Warte damit bitte noch einen Moment, Kelly.« Saber trat zu seinem jüngsten Bruder und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich muss erst mit meinem Bruder etwas besprechen. Bitte entschuldige uns.«
Er zog Morganen zur Seite, bis sie sich außerhalb von Kellys Hörweite befanden. Dann verstärkte er seinen Griff,
kniff die Augen zusammen und durchbohrte Morganen mit einem zornigen Blick.
»Dass du sie nicht zurückschicken kannst, war gelogen, nicht wahr, Morg?«
Aquamarinblaue Augen, die denen Kellys glichen, starrten ihn voller Arglosigkeit an. »Warum hätte ich lügen sollen?«
»Bei Jinga! Um sie lange genug hier zu behalten, dass ich mich in sie verlieben kann!«, explodierte Saber und grub seine Finger noch fester in Morganens Schulter.
Morganen zuckte zusammen und entwand sich dem Griff seines Bruders. »Das hast du ja auch getan.«
Saber deutete mit einem Finger auf ihn. »Du hast mich manipuliert!«
»Es hätte genauso gut jeden anderen von uns treffen können«, gab sein jüngster Bruder zu bedenken, dabei verschränkte er herausfordernd die Arme vor der Brust.
»Nein, das hätte es nicht! Ich bin der erste Sohn, der in dem Lied erwähnt wird; der Erste, der sich in eine Frau verlieben sollte – lief sie überhaupt ernsthaft Gefahr, in ihrem Bett zu verbrennen, Morganen?«, herrschte Saber ihn an. »Oder hast du das auch eingefädelt?«
Der andere Mann wurde blass, seine Augen verdunkelten sich, und mit einem Mal strahlte er eine nahezu greifbare Macht aus, wobei er auf gespenstische Weise seinem Bruder Rydan ähnelte. Saber begriff plötzlich, dass er einen Schritt zu weit gegangen war, und trat zurück. Morganen schloss die Augen, kämpfte unter sichtlicher Aufbietung all seiner Willenskraft den Zorn nieder, den die Anschuldigung in ihm ausgelöst hatte, schlug die Augen wieder auf und maß seinen Bruder mit einem kalten Blick.
»Ich werde vergessen, dass du diese Worte jemals ausgesprochen hast, Bruder. Im Gegensatz zu dir mag ich Frauen, ich habe sie gern um mich, unterhalte mich gern mit ihnen und genieße ihre Gesellschaft. Ich würde keiner
von ihnen jemals wissentlich Schaden zufügen. Nicht, wenn sie es nicht verdient hat. Hast du das verstanden?«
»Es tut mir leid«, entschuldigte sich Saber widerstrebend. »Ich habe gesprochen, ohne vorher nachzudenken. Aber das ändert nichts daran, dass du mich trotzdem manipuliert hast – mich und Kelly, auch wenn du ihr das Leben gerettet hast. Tu das nie wieder, Morg, hörst du?«
»Ich höre dich sehr gut«, gab Morganen gelassen zurück, ohne durchblicken zu lassen, dass er sich dem Befehl seines ältesten Bruders beugen würde.
Saber erwog, seinen Wünschen noch deutlicher Ausdruck zu verleihen, entschied sich dann aber dagegen. Morg war und blieb Morg, und keine Macht auf diesem Planeten – abgesehen vielleicht von den Göttern selbst – konnte ihn aufhalten, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Er, Saber, musste noch dankbar dafür sein, dass sein jüngster Bruder diesen Umstand nicht ausnutzte. Nicht oft jedenfalls.
»Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, Saber. Ich habe deiner Frau versprochen, nach Möglichkeiten zu suchen, unsere ›Gäste‹ zu beeindrucken.«
Selbst auf die Gefahr hin, den mächtigsten Magier von Nightfall oder gar von ganz Katan nachhaltig zu verärgern, musste Saber ihm eine letzte Frage stellen. »Morg – hast du irgendetwas mit der Ankunft dieser Männer zu tun?«
Morganen drehte sich zu ihm um und vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass sich nur seine Schwägerin in Hörweite befand. Es war an der Zeit, dass zumindest diese beiden erfuhren, wozu er imstande war und was er schon alles bewirkt hatte. »Nein. Aber ich habe in meinem Spiegel gesehen, dass sie
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