Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
Frau in ihrer Mitte unverhohlene Bewunderung entgegenbrachten.
Rydan blieb an der Tür stehen. »Kleine Schwester – geh nie weiter als bis zu dieser Kammer. Betätige den Gong, wenn du mich brauchst. Ich werde es hören und zu dir kommen. Oder ruf mich durch Evanor. Aber geh nur bis hierhin. Was dahinter liegt, bleibt anderen besser verborgen.«
»Ich werde deine Privatsphäre respektieren«, versprach Kelly. Sie schwenkte ihre freie Hand durch den Raum, dann grinste sie. »Ich habe eure Türme ja auch bei meinem Großreinemachen ausgespart, weißt du noch? Doch jetzt, wo Saber kein Junggeselle mehr ist, dürfte ich ja wohl das Recht haben, mich in seinem einmal umzusehen, nicht wahr?«
»Darüber diskutieren wir anderswo«, teilte Saber ihr mit und zog sie am Ärmel aus dem dämmrigen Raum, als Rydan die Treppe gegenüber der Tür hinunterstieg und verschwand.
Zu der ganz oben im Turm gelegenen Kammer war es ein langer Aufstieg. Dort angekommen trat Kelly sofort an das östliche Fenster, aus dem sie einmal hinausgekrochen war, als sie sich eingesperrt gefühlt hatte. Sie kniete sich auf die darunterstehende Bank und blickte über das Meer hinweg.
Das Schiff war am Horizont nicht mehr zu sehen. Dominor war endgültig fort; entführt von einer Gruppe von Männern auf der verzweifelten Suche nach magischem Beistand, der es ihnen ermöglichen sollte, sich gegen ihre verhassten Feindinnen zu behaupten. Kelly schüttelte den Kopf. »Der ewige Kampf der Geschlechter …«
»Wie meinst du das?« Saber trat hinter sie.
»In meiner Welt haben die Männer erst in den letzten hundert Jahren aufgehört, Frauen zu unterdrücken und ihnen jegliche Rechte abzusprechen – erinnerst du dich an den Vortrag, den ich diesem Lord Aragol gehalten habe?«
Sie maß ihn mit einem schwer zu deutenden Blick. »So war es früher in meiner Welt – und in einigen ihrer Reiche herrschen auch heute noch mittelalterliche Zustände. Wir Frauen mussten hart um unsere Gleichberechtigung kämpfen, aber sogar in meinem Heimatland betrachten viele Männer ihre Ehefrauen immer noch nicht als gleichwertige Partnerinnen.
Als ich hierherkam, machte mir genau dieser Umstand zunächst Sorgen. Ich dachte, du würdest dich genauso verhalten, wie es die meisten Männer in meiner Welt früher getan haben – chauvinistisch, arrogant und frauenfeindlich.«
Saber schüttelte den Kopf. »Bei uns sind Männer und Frauen absolut gleichberechtigt. Es gibt natürlich Unterschiede zwischen ihnen, wie du selbst gesagt hast, aber beide Geschlechter haben die gleichen Rechte. Auch wenn ich eine Frau wäre, wäre ich die Erbin von Corvis gewesen, und ich würde trotzdem die Künste der Magie beherrschen. Aber mir war es bestimmt, als einer der Acht Söhne des Schicksals geboren zu werden.« Er lächelte sie an. »Was uns zu etwas Besonderem macht, und deswegen verdienen wir auch ganz besondere Frauen an unserer Seite.«
Kelly stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn über ihre Schulter hinweg an, lächelte aber dabei. »So, meinst du?«
Saber zog sie an sich. »Ich werde dir gleich beweisen, dass du für mich etwas ganz Besonderes bist – wie auch ich hoffentlich für dich.« Verlangen glomm in seinen grauen Augen auf. Seine Hand wanderte über ihre Hüften und dann über ihren Bauch. »Schenk mir Kinder, Kelly. Mach mich glücklich.«
»Das wünschst du dir? Trotz meiner Schimpftiraden, meiner Rippenstöße und dem Unheil, das mir auf dem Fuß zu folgen scheint?« Sie grinste, wurde aber sofort wieder ernst. »Wenn du mich bislang überlebt hast, habe ich keine Bedenken, dass mir das gelingen wird.«
Er hob sie auf die Arme und trug sie zum Bett hinüber. »Ich wüsste da etwas Furchtbares, was du mir antun könntest«, murmelte er.
»Als da wäre?« Seine heisere Stimme verriet ihr, dass er ein weiteres leidenschaftliches Liebesspiel im Sinn hatte. Das war es, was sie in ihrer Ehe bislang am meisten genoss, obgleich sie mittlerweile sicher war, dass die Zukunft ihr auch noch in anderer Hinsicht Glück bringen würde. Sie begann sich immer mehr in dieser fremdartigen Welt einzuleben.
Sabers Grinsen wurde breiter. Er ließ sie auf das Bett sinken und stützte sich über ihr auf die Ellbogen. »Lass mich ›Kissen schlucken‹.«
Im nächsten Moment hallte schallendes Gelächter durch die Turmkammer.
Sein Wild beugte sich über einen klaren Teich und beobachtete die sich unter der Wasseroberfläche tummelnden Geschöpfe. Die Frau war allein;
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