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Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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kamen drei Frauen und zwei Männer, die offenbar die Verwandten der getöteten Krieger waren. Es war eigenartig, sie zu sehen, doch es belastete ihn nicht. Jeder Krieger mußte wissen, daß er einen Kampf auch verlieren konnte.
    »Hast du etwas zu sagen, Latiner?« fragte Amulius und bedeutete den Wachen, Romulus vortreten zu lassen.
    Das war es, was ihn wirklich beeindruckte: Amulius mußte inzwischen recht gut ahnen, wenn nicht sogar wissen, was nun kommen würde, und doch war der König nicht den einfachen Weg gegangen, ihn vor dieser Stunde beiseite schaffen zu lassen. Natürlich hatte es nichts mit Uneigennützigkeit oder Gerechtigkeit zu tun. Amulius brauchte, wie er selbst gestanden hatte, ein Opfer. Doch die Art, wie er dieses Opfer zu bringen beabsichtigte, bewies, daß der Mann Mut und Kaltblütigkeit besaß.
    »Ja«, erwiderte Romulus in der Sprache der Tusci und fragte sich, warum sein Herz jetzt, in diesem solange erwarteten Augenblick, nicht stärker klopfte. »Soweit es die toten Krieger betrifft, so haben ich und die meinen sie getötet, weil sie uns töten wollten, und das Schicksal gab seine Gunst den glücklicheren Kämpfern. Was indessen das geraubte Gut der Kaufleute angeht, so bekenne ich mich schuldig. Ich nahm es ihnen. Doch ich tat es, weil ich es brauchte, um mir ein viel wichtigeres Gut anzueignen, ein Gut, das mir rechtmäßig zusteht, ein Gut, das sich seit Jahren im Besitz eines Diebes befindet.«
    Er machte eine Pause, um Atem zu holen. Die Wachen schauten zum König, aber Amulius gab kein Anzeichen, daß er Romulus zum Schweigen gebracht haben wollte. Er saß da, als Inbegriff königlicher Ruhe und Würde, und Romulus versuchte, in gleichem Maß überlegen und gelassen zu wirken, während er weitersprach.
    »Vor Jahren hat dieser Dieb seinem Bruder alles genommen. Ihr kennt ihn, ihr alle, ihr kanntet sie beide. Arnth nahm seinem Bruder Numitor den Thron, doch er war damit nicht zufrieden. Er nahm ihm auch seine Männlichkeit, ebenso wie seinen Söhnen. Doch auch damit war er noch nicht zufrieden. Als die Götter beschlossen, das Unrecht an Numitors Haus wiedergutzumachen, als der Kriegsgott selbst herabstieg und mit Numitors Tochter ein Kind zeugte, da nutzte Arnth diese Gelegenheit, um sich auch ihrer zu entledigen. Er nahm ihr ihren Namen und ihren Stand und schickte sie, eine hilflose, schwangere Frau, in die Wildnis, auf daß sie und die Frucht ihres Leibes stürben. Aber, Volk von Alba, die Götter ließen es nicht zu. Ich stehe vor euch, um in ihrem Namen Gerechtigkeit zu fordern. In mir fließt ihr Blut - und das eure. Ich bin Romulus, ich bin der Sohn des Krieges, ich bin der Sohn von Ilian, der Tochter Numitors. Ich fordere Gerechtigkeit, und ich fordere sie in dem Blut von Arnth, um an ihm das Urteil der Götter zu vollziehen.«
    Die Stille auf dem Platz hatte sich während seiner Worte verändert; sie war nicht mehr von Erwartungsfreude gefärbt, sondern von Zorn, Ehrfurcht und Erfüllung. Als Romulus innehielt, erhob sich ein Summen wie aus einem Bienenstock, und er war sich nicht sicher, ob die Menschen sich um ihn scharen wollten, wie die Bienen um ihre Königin, oder ihn zerstückeln, wie es die Bienen im Herbst mit ihren Kriegern taten. Die Miene des Mannes, der auf dem Thron saß, hatte sich nicht verändert. Er hob die Hand, und erneut kehrte, wenn auch widerwillig, Schweigen ein.
    »Eine eindrucksvolle Rede«, sagte Amulius, »für einen Schweinehirten. Doch kannst du auch beweisen, was du da behauptest? Die Frau, von der du sprichst, hat niemand mehr gesehen, seit sie wegen ihres Frevels aus der Stadt verbannt wurde. Ich bin durchaus willens zu glauben, daß sie überlebte und ein Kind in die Welt setzte, das im übrigen genauso von der Erbfolge ausgeschlossen wäre wie sie selbst, aber was hindert jeden beliebigen Räuber daran vorzugeben, er sei ihr Sohn?«
    »Die Götter werden für mich Zeugnis ablegen«, entgegnete Romulus, und etwas wie Enttäuschung überzog Amulius’ Gesicht.
    »Wie?« fragte er spöttisch.
    »Durch die Münder ihrer Priester«, erklang eine neue Stimme, und die Köpfe der Zuschauer drehten sich zu der Stelle hin, wo die Priesterschaften von Turan, Nethuns und Cath standen. Es war ein glatzköpfiger, untersetzter Mann, der gesprochen hatte, und er fuhr fort: »Cath hat sich offenbart. Dieser Junge ist in der Tat der Sohn der Verbannten und der Enkel Numitors.«
    »Nethuns hat sich offenbart«, fiel ein weiterer Priester ein. »Romulus ist,

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