Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Söhne.

Die Söhne.

Titel: Die Söhne. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
Vom Netzwerk:
sagte ja zu dieser Gier und zu seinen Sünden. Vielleicht war in den schillernden Augen ein Abstoßendes: aber es waren Augen voll Kraft und Leben, es waren seine Augen, und er war froh, daß sie waren, wie sie waren.
      Alle beschauten sie die Büste mit gesammelter Aufmerksamkeit, der verwirrte, trotzige Josef, die nach allem Starken, Lebendigen lüsterne Lucia, der selbstbewußte, skeptische Basil, der stille, menschenverachtende Gehilfe Kritias. »Beim Herkules«, sagte schließlich die Prinzessin, sie versuchte leicht zu sprechen, aber ihre Stimme klang gepreßt, »Sie sind ja ein Verruchter, mein Flavius Josephus.« Überrascht riß Josef den Kopf zu ihr hinüber, finster, hochmütig. Was sie sagte, klang zwar wie eine Anerkennung, aber wer gestattete ihr, seine Gedanken zu erraten? Was er zu denken sich erdreisten durfte, war noch lange keinem zweiten erlaubt. Er erwiderte nichts. »Du hast dich selbst übertroffen, mein Freund Kritias«, sagte schließlich Basil, auch er, gegen seine Gewohnheit, betreten. »Aber ich glaube«, fügte er hinzu, und seine gewohnte Munterkeit klang diesmal etwas gezwungen, »wir machen den Kopf trotzdem ohne Augen.« – »Gut, tun wir das«, sagte zögernd Josef. »Schade«, sagte Lucia.

    Unmittelbar nach Vollendung der Büste ließ der Kaiser den Josef nochmals zu sich bitten. Er war allein diesmal, und Josef bemerkte sogleich, daß die Apathie seiner ersten Wochen von ihm abgefallen war. Die Massen hatten in der Zwischenzeit einen sonderbaren Spitznamen für ihn gefunden, sie nannten ihn den »Walfisch«. Wahrscheinlich wollten sie damit seine Machtfülle bezeichnen zusammen mit seiner Entschlußlosigkeit und Schwerfälligkeit. Wie immer, heute war er bestimmt kein Walfisch. Vielmehr schien er strahlender Laune, sehr aufgeschlossen, und er verhehlte Josef auch nicht die Gründe seiner Veränderung.
      Die Angst, die das Zögern Berenikes ihm bereitet hat, ist vorbei. Nicht deshalb etwa hat sie so lange gezaudert, weil, wie er schon befürchtet hat, die Schatten seiner alten Taten sich neu zwischen sie und ihn gestellt hatten, die Zerstörung des Tempels, der männlich freche Trug, durch den er sie damals zu sich gelockt und sie vergewaltigt hat. Es hat sich vielmehr alles aufs fröhlichste entwirrt: was sie zurückhält, sind naive, liebenswerte Regungen. Sie will nämlich, fromme Törin, die sie ist, bevor sie dauernd mit ihm in Rom lebt, mit ihrem Gott ins reine kommen, will ihr späteres Glück mit Opfern fundieren, legt sich Kasteiungen auf, Taten der Entsagung und Buße. Sie hat Jahve zu Ehren ihr Haar geschoren und das Gelübde getan, erst dann nach Rom zu kommen, wenn ihr Haar wieder lang ist. Aus Scheu vor Gott, hat sie ihm geschrieben, versagt sie sich die Freude, ihn schnell zu sehen. Vielleicht auch, meint er vertraulich und stößt den Josef an, spielt dabei der Wunsch mit, sich ihm nicht in kurzem Haar zu zeigen. Die Närrin. Als ob er sie weniger liebte, selbst wenn sie ganz kahl geschoren käme. Zuerst hat sie, um sich das Opfer zu erschweren, ihm nicht einmal den Anlaß ihres Zögerns mitteilen wollen: ihr Gelübde, fand sie, sei eine Sache nur zwischen ihr und ihrem Gott. Schließlich aber hat sie sich doch eines Bessern besonnen und ihm geschrieben. Er ist im Innersten froh, daß alles sich auf so kindliche Art gelöst hat.
      Josef war überrascht, ungläubig. Er kannte Berenike, und er kannte jüdische Bräuche und Sitten. Sich des Weines zu enthalten und das Haar zu scheren, solch ein Gelübde legte man ab, wenn Jahve einen aus einer unmittelbaren, drohenden Gefahr errettet hat. Nein, das kann der wahre Grund Berenikes nicht sein, es ist etwas anderes, Geheimnisvolles um ihr Zögern. Den Römer mag sie täuschen, ihn nicht. Wie immer, sie wird kommen, und Titus glüht für sie wie damals in Alexandrien. So überlegt Josef während der wortreichen, glücklichen Erzählung des Kaisers, anmerken aber läßt er sich nichts von seinen Zweifeln.
      Der Kaiser schwatzt weiter, fröhlich, spricht von einer Überraschung, die er sich ausgedacht hat. Da ist sie auch schon. Er hat den Astronomen Konon herbestellt, um ihn in Gegenwart des Josef zu empfangen. Der Gelehrte muß ihm von dem neuen Sternbild erzählen, das er entdeckt hat. Es befindet sich in der Nähe des Löwen, sieben sehr kleine Sterne, Leute mit scharfen Augen wollen zehn bis zwölf erblicken. Es ist ein ganz fernes, feines Leuchten, zart wie ein Haarstreif.
      »Haben Sie schon einen Namen

Weitere Kostenlose Bücher