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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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eingejagt! Ich dachte schon, Sie wären einer von Harrys Leuten.«
    Jerome sah noch blasser aus als bei ihrer ersten Begegnung einige Stunden zuvor. Seine Backen waren noch hohler und seine Augen blutunterlaufen.
    »Alles klar mit Ihnen?«
    Jerome schüttelte den Kopf. »Das Ganze ist ein Desaster.«
    Hinter ihnen wurden Rufe laut. Jim packte Jerome am Arm und zog ihn die Straße hinauf.
    »Verschwinden wir von hier«, sagte Jim. »Dann können wir reden. Sind Sie mit dem Wagen da?«
    »Da vorne.«
    Jim folgte Jerome um die Ecke zu einem geparkten silbernen Vauxhall. Polizei und Feuerwehr rasten an ihnen vorbei. Jerome öffnete die Beifahrertür und warf Jim die Schlüssel zu.
    »Sie fahren«, sagte Jerome. »Tut einfach zu weh.« Er wies auf seinen Bauch.
    Jim ging im Geiste seine eigenen Knochen durch. Die Schulter schmerzte vom Sturz auf der Treppe, ansonsten schien er okay. Er glitt auf den Fahrersitz und ließ den Motor an. Sicherheitshalber sah er sich um, aber es war niemand hinter ihnen her. Schweigend fuhren sie durch Seitenstraßen in Richtung St. James’s Park. Jerome öffnete das Handschuhfach und holte eine Pistole heraus.
    »Glock 17«, sagte Jim mit einem Seitenblick. Gute Waffe: zuverlässig und effektiv. »Stecken Sie die wieder weg, bevor Sie jemand sieht.« Jerome betrachtete die Waffe wie ein neues Spielzeug. »Ich wollte, ich hätte die hier früher gehabt.«
    »Sie sollen das Ding verschwinden lassen!«
    Jerome nickte. Widerstrebend legte er die Waffe zurück ins Handschuhfach. Er massierte sich mit den Knöcheln die Stirn.
    »Reißen Sie sich zusammen«, mahnte Jim. »Und sagen Sie endlich: Was ist passiert?«
    »Ich habe Anne vom Eurostar abgeholt. Wir gingen über die Straße, als sie ein Auto erwischte. Mich haben sie verfehlt, aber sie wurde mitgeschleift. Dann verschwand der Wagen in eine Seitenstraße. Ich bin hingelaufen, aber sie war schon tot.« Jerome sah Jim mit großen, angsterfüllten Augen an.
    »Was haben Sie gemacht?«
    »Ich bin davongelaufen. Was hätte ich tun sollen? Ich konnte schlecht auf die Polizei warten.«
    »Ich mache Ihnen doch keinen Vorwurf, Jerome. Sie haben das einzig Richtige getan.«
    »Ich wusste ja, dass Sie zum MfIE wollten, also kam ich her.« Jerome hatte die Fäuste so fest geballt, dass die Knöchel weiß waren.
    Sie fuhren durch Westminster ins West End mit seinen engen Sträßchen, unzähligen Touristen und alten englischen Pubs.
    »Haben Sie vor ihrem Tod noch mit ihr reden können?«, fragte Jim.
    Jerome öffnete die Fäuste. »Sie sagte, dass bei dem Massaker in dem Flüchtlingslager neulich zwei Somalier davongekommen seien. Jedenfalls laut einer ihrer Quellen bei Interpol. Ein Mann und sein Sohn. Irgendein Kriegsherr hat sie nach Mogadishu verschleppt. Aber sie sind ihm entwischt. Der Kriegsherr ist hinter ihnen her wie der Teufel hinter der armen Seele. Sie haben Informationen, die sich gegen UA verwenden lassen.«
    »Großartig!« Jim schlug mit der Faust auf das Lenkrad und löste die Hupe aus.
    Jerome fuhr überrascht zusammen. »Was?«
    »Das ist der Durchbruch, auf den ich gewartet habe.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sehen Sie denn nicht?«, fragte Jim. »Damit haben wir Zeugen. Das könnte alles ändern.«
    »Meinen Sie?«
    »Natürlich!«, sagte Jim. »Wenn wir die zwei Somalier finden, haben wir endlich was in der Hand. Wir müssen da sofort hin.«
    »Wie sollen wir die finden?«
    »Über unsere Kontakte.«
    Jerome sagte nichts. Er starrte hinaus. Jim zuckte die Achseln. Der Mann stand derart unter Schock, dass er noch nicht mal nach Sarah gefragt hatte oder was im Ministerium passiert war.
    Jim sah sich die Touristen an, die die blinkende Reklame am Piccadilly Circus bestaunten. Er beneidete sie um ihr sorgenfreies Leben. Wann würde das seine wohl wieder normal? Der Gedanke, nach Somalia zurückzugehen, erfüllte ihn mit Schrecken. Aber sie hatten keine andere Wahl. Er klopfte gegen seine Tasche, um zu sehen, ob Pass und Geld noch da waren.
    Der Verkehr wurde dichter. Schließlich ging gar nichts mehr. Vor ihnen stand ein leuchtend roter Porsche, aus dem Hardrock dröhnte.
    Eine langbeinige Blondine mit kurzem Rock schlenderte auf den Porsche zu und sprach den Fahrer an. Sie kam Jim bekannt vor.
    »Manche haben’s wirklich gut«, sagte Jerome und wies nach vorn.
    Jim lachte und Jerome lachte mit. Die Atmosphäre im Wagen entspannte sich etwas. Bei allen Meinungsverschiedenheiten saßen sie jetzt im selben Boot. Er mochte bisweilen

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