Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Sonnwendherrin

Titel: Die Sonnwendherrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
Vom Netzwerk:
müssen auf der Lichtung am Schloss sein, bevor der Mond untergeht!«
    »Aber
..
.
« Iwan sprang auf. Er wirkte, als sei er sich gerade eben erst der Zeit bewusst geworden. »Ist es schon so spät? Wie kommen wir
..
.

    »Spring auf meinen Rücken!«, sagte der Wolf. Er war froh, in Iwans Augen Furcht zu entdecken. Er hatte es wohl doch geschafft, dem Jungen den nötigen Respekt einzuflößen.
    »Aber du kannst doch nicht
..
.
«, begann Iwan.
    »Steig auf!«, grollte der Wolf. »Wenn alles gut geht, kannst du immer noch vor Sonnenaufgang dort sein.«
     
    Das Netz funktionierte tatsächlich. Alles in allem war es eigentlich zu einfach gewesen. Nach all den Strapazen, die er auf sich genommen hatte, um an das Netz zu kommen, war Iwan nun beinahe enttäuscht. Er hatte es sich schwieriger vorgestellt.
    So war beispielsweise das Wesen – der Vogel – überhaupt nicht, was er erwartet hatte. Kein tödlicher Hieb des rasiermesserscharfen Schnabels. Kein Kampf auf Leben und Tod, um die feinen Fäden des magischen Netzes zu zerreißen und zu entkommen. Er saß einfach da und beobachtete sie ohne ein Anzeichen von Furcht. Wenn überhaupt, so wirkte er ein wenig gelangweilt.
    |72| Er hatte die Gestalt eines Vogels, doch Iwan vermochte ihn nicht als einen solchen anzusehen. Er war – irgendwie – viel mehr als das.
    »Frag schon, Junge!«, sagte er. »Und lass es uns hinter uns bringen. Was willst du wissen?«
    »Wieso glaubst du, dass ich Informationen suche?«, fragte Iwan vorsichtig.
    Die lidlosen Augen glitzerten amüsiert. »Weil ich im Gegensatz zu dir meinen wahren Wert kenne, Junge«, sagte er.
    Iwan warf dem Wolf, dessen reglose Gestalt ein paar Schritte entfernt aus dem dichten Gras ragte, einen hilflosen Blick zu. Nur einer durfte die Fragen stellen. Das war Bedingung, wenn man das magische Netz gebrauchte. Iwan hatte gar nicht mitbekommen, wie es dazu kam, dass er derjenige war. Es war schwer, sich dem Wolf zu widersetzen. »Das ist deine Aufgabe«, hatte dieser schlicht behauptet. »Du wirst schon wissen, was zu tun ist.«
    Als sie vor kurzer Zeit miteinander gesprochen hatten, war Iwan sicher gewesen, der Lage gewachsen zu sein. Doch jetzt, unter dem durchdringenden Blick seines Gefangenen, war die Sicherheit verflogen.
    »Deinen wahren Wert?«, fragte er hilflos.
    Das Wesen brachte einen Laut hervor, der einem vergnügten Lachen ähnelte. Diesmal klang es jedoch wirklich nach einem Vogel.
    »Wenn du all die Schwierigkeiten auf dich genommen hast, mich zu fangen, und nicht einmal weißt, was du von mir willst, tust du mir leid, Kind.«
    Iwan zögerte. »Man sagte mir, dieses Netz würde dich so lange gefangen halten, bis du dir die Freiheit erkauft hast.«
    Das Wesen blickte ihn lange schweigend an. »Diejenigen, die mit mir darum feilschen, wissen, was sie wollen. Weißt du es?«
    Wieder zögerte Iwan. Warum tat er sich hiermit so |73| schwer? Er wusste doch, was er wollte, oder? Er räusperte sich. »Sag mir, wie ich in den Ostturm des Schlosses hineinkomme.«
    Wieder lag Belustigung im Blick des Wesens. »Das ist leicht«, sagte es. »Du nimmst den Pfad dort drüben. Er führt geradewegs zur Turmmauer. Die Steine sind so verwittert, dass ein flinker Bursche wie du mit Leichtigkeit daran hinaufklettern kann. Es gibt auf dieser Seite nur ein Fenster – im zweiten Stockwerk. Das bringt dich in einen runden Raum. Genau ins Herz des Ostturms.«
    Iwans Herz pochte. Log das Wesen? War dies ein teuflisches Ablenkungsmanöver? Oder konnte es sein, dass es wirklich nicht Bescheid wusste?
    »Man sagte mir«, meinte Iwan bedächtig, »dass es Fallen auf dem Weg gibt.«
    »Oh?«, das Wesen rollte mit den Augen. »Und wer hat dir das gesagt?«
    »Dieselbe Person, die mir gesagt hat, dass du all meine Fragen beantworten musst, um deine Freiheit wiederzuerlangen. Und dass dieses Netz bewirkt, dass du nicht lügen kannst!«
    »Das war allerdings eine weise Person«, sagte das Wesen nachdenklich. »Ich frage mich nur, warum diese Person dir nicht einfach alles sagen konnte, was du wissen musst. Damit hätte sie uns beiden dieses Schauspiel erspart!«
    Nun klang es wie ein mürrischer alter Mann. Ein unzählige Jahrhunderte alter Mann vielleicht, wie man Iwan berichtet hatte. Falls die Bezeichnung »Mann« überhaupt zutraf.
    »Sag mir, wie man die Fallen meidet«, forderte Iwan.
    »Was, wenn man sie nicht meiden kann?«
    Iwan begegnete dem Blick des Wesens. Das lief überhaupt nicht so, wie es hätte laufen sollen. Er

Weitere Kostenlose Bücher