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Die Sonnwendherrin

Titel: Die Sonnwendherrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Meinung, dass ich mit Eurer Hilfe mein Werk vollbringen kann. Wollt Ihr mir nicht helfen?«
    Gleb zögerte. Er blickte nach wie vor den Wolf an.
    »Warum gerade er?«, fragte der Kräuterkundige.
    |21| Ein Grollen erklang. In der Düsternis des Zimmers leuchteten die Augen des Wolfes wie zwei glühende Kohlen. »Weil«, sagte der Wolf, »er anders ist als die anderen! Und die anderen sind allesamt gescheitert.«
    »Aber er
..
.
«
    Der scharfe Blick des Wolfes schnitt Glebs Worte ab wie ein Messer. »Mir ist klar, was du riskierst«, sagte er. »Sollten wir scheitern und sollte Kaschtschej erfahren, dass du uns geholfen hast, bist du erledigt. Und doch würde der Gleb, den ich einmal kannte, nicht zögern zu helfen, wenn es um eine gerechte Sache geht! Vielleicht bist du doch nicht der Mann, den wir suchen. Die Jahre haben einen Feigling aus dir gemacht!«
    Im trüben Licht des Zimmers blitzten die Augen des alten Mannes auf. »Du weißt, dass es Wahnsinn ist!«, stieß er hervor. »Die Jahre haben dich blind gemacht, Wolf! Und dennoch
..
.
« Er wandte sich um und sah Iwan lange an. »Du glaubst wirklich, dass dieser Junge es schaffen kann?«, fragte er zweifelnd.
    Der Wolf richtete sich auf und tauschte einen Blick mit dem Alten. »Erzähl es ihm, Gleb«, forderte er ihn schließlich auf. »Erzähl ihm alles!«

|22| Marja
    Meine Dienerin Praskowja war groß und hübsch. Obwohl bereits Ende vierzig, hatte sie sich die fröhliche Lebhaftigkeit eines jungen Mädchens erhalten, ganz im Gegensatz zu der ruhigen, distanzierten Art, die ich stets wahren musste. Wir passten gut zueinander.
    Man hat mir einst berichtet, Praskowja sei die einzige Frau gewesen, welche die ungezügelte Leidenschaft meines Vaters unbeschadet überstanden hatte. Hinter vorgehaltener Hand kursierte sogar die Vermutung, sie sei meine Mutter. Mir war es egal. Es hatte zu viele Frauen im Leben meines Vaters gegeben, um sie alle im Gedächtnis zu behalten. Ihre Leben waren für gewöhnlich zu kurz und zu elend, um meine Aufmerksamkeit zu rechtfertigen. Ich hatte Wichtigeres zu tun.
    »Das Dorf heißt Sosnowka, Herrin«, sagte mir Praskowja. Sie stand da, die Hände vor der Brust gefaltet, die Handflächen aneinandergepresst – die Geste einer Sonnwendpriesterin.
    »Das ›Dorf der Pinien‹.«
    »Ja, Herrin.« Praskowja neigte den Kopf. »Es sind nicht mehr als fünfundzwanzig Werst auf der Hauptstraße. Ihr erkennt es an dem nahe gelegenen Pinienhain.«
    Fünfundzwanzig Werst bedeuteten einen halben Reisetag mit meinem Wagen und zwölf Leibwächtern. Wir mussten früh aufbrechen, um bis Sonnenuntergang zurück zu sein. Aber das war nur recht und billig. Jedes Dorf, gleich, wie weit es von der Hauptstadt entfernt lag, verdiente dieselbe Chance.
    |23| »Die Dorfbewohner haben sich entschieden, wen sie mir überlassen wollen?«, fragte ich.
    Es spielte keine Rolle. Sollten sie keine akzeptable Opfermaid zum Mitnehmen bereithalten, waren sie selbst schuld. Ich hatte das Recht, jede auszuwählen, die mir passte. Aber es war gut zu wissen, ob sie ihre Wahl getroffen hatten. Ich kam nicht gern unvorbereitet in ein Dorf.
    »Ja, Herrin!« Praskowjas Blick streichelte mich so liebevoll, dass es mir unangenehm war. Ich sah weg. Ich hatte keine Zeit für triviale menschliche Gefühle. Meine Stärke lag in meiner Distanz gegenüber allem. Ohne sie wäre ich auf schnellstem Weg in die bösartigen Klauen der Liebe geraten.
    »Sag ihnen, sie sollen den Abendfarbenen morgen früh für mich satteln«, befahl ich. »Und nun geh! Ich will schlafen.«
     
    Das Fell meines abendfarbenen Rosses schimmerte im Sonnenschein rötlich braun wie frische Glut aus der Feuerstelle. Als wir die ersten Häuser des Dorfes vor uns sahen, ließ ich es halten und tätschelte seinen dampfenden Hals. Wir warteten, damit meine Leibwächter mit dem Wagen aufholen konnten. Ich musste das Dorf würdevoll betreten, wie es meinem Rang und meiner ernsten Aufgabe angemessen war.
    Die beiden schweren Zugpferde begrüßten den Abendfarbenen mit kurzem Schnauben, während sie sich über die verdreckte Straße näherten. Dieses Dorf unterschied sich in nichts von den anderen. Die Bauern in unserem Königreich nahmen sich niemals die Zeit, ihre Straßen instand zu halten.
    Meine Wächter flankierten mich in zwei Reihen, und so zogen wir an den Holzkaten vorüber, die zu beiden Seiten der dreckigen Straße standen. Ich hatte dieses Dorf noch nie besucht, doch mir war klar, wohin wir uns wenden

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