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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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Delinquent-Klasse (früher eine Allgemeine Offensive Einheit namens Acht Rasche Runden ) hatte am Tag zuvor ein Rendezvousmanöver mit dem MSS der Steppe-Klasse durchgeführt und Anaplian abgesetzt, bevor er seine unergründliche Reise fortsetzte. Bisher hatte sie niemand auf die verborgene Messerrakete mit dem Drohnenselbst in ihrem Gepäck angesprochen. Dafür fielen ihr mehrere Erklärungen ein, und sie beschloss, an die einfachste und günstigste zu glauben, nämlich die, dass niemand sie bemerkt hatte.
    Es war allerdings möglich, dass diese Partie Bataös als Gelegenheit dazu diente, die Messerrakete zu erwähnen. Humli Ghasartravhara, ein Mitglied des Verwaltungsrats des Schiffes und turnusmäßig Verbindungsoffizier für die Passagiere, hatte beim Frühstück Freundschaft mit ihr geschlossen und das Spiel vorgeschlagen. Sie hatten beschlossen, ohne Hilfe zu spielen und darauf zu vertrauen, dass niemand von ihnen auf Unterstützung in Form von Implantaten und anderen Ergänzungen zugriff. Sie wollten auch auf den Einsatz von Drogen durch kontrollierte Drüsenaktivität verzichten.
    Sie saßen auf Baumstümpfen im oberen Park des Schiffes, umgeben von Tropel-Bäumen und neben einem kleinen, plätschernden Bach. Ein Borm mit schwarzem Rücken lag auf der anderen Seite der Lichtung, wie ein hingeworfener Mantel mit Beinen; geduldig folgte er dem Licht, als die Sonne des
Schiffes langsam höher kletterte. Der Borm schnarchte. Weiter oben quietschten und quiekten Kinder, die Schwebharnische trugen oder unter Ballons hingen. Anaplian fühlte etwas auf dem Kopf, wischte mit einer Hand über ihr kurzes dunkles Haar, betrachtete anschließend die Finger und versuchte, die schwebenden Kinder durchs Blätterdach zu erkennen.
    »Sie pinkeln doch nicht auf uns herab, oder?«, fragte sie.
    Humli Ghasartravhara sah kurz auf. »Wasserpistolen«, sagte er und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Spiel, das er verlor. Er war ein älterer Bursche, basismenschlich, soweit Anaplian das erkennen konnte, mit langem weißem, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haar. Gesicht und Oberkörper – über den besonders hoch sitzenden, in einem fast grellen Grün gehaltenen Pantalons – zeigten überaus detaillierte und abstrakte Tätowierungen. Drei gelb-weiße Linien glühten auf seiner dunkelbraunen Haut, wie von Wasser reflektierte Sonnenscheinstreifen.
    »Interessantes Bildnis«, sagte Ghasartravhara. Anaplian hatte ihm von der Morthanveld-Vorstellung erzählt, bei der es um Sonnenlicht für einen Beobachter unter Wasser ging. »Das aquatische Ambiente.« Er nickte. »Ganz anders, aber die gleichen Dinge, die das Leben bewegen.« Er lächelte. »Die Erkenntnis, dass wir der Mittelpunkt der Realität sind. Oder eben auch nicht. Solipsismus.«
    »Darauf läuft es hinaus«, pflichtete Anaplian ihm bei.
    »Sie interessieren sich für die Morthanveld?« Ghasartravhara gab ein klickendes Geräusch von sich, als ihn die Bataös-Tafel darauf hinwies, dass sie für ihn setzen würde, wenn er keine Entscheidung für den nächsten Zug traf. Er faltete eine Figur zusammen, hob sie und setzte sie an eine andere
Stelle. Sie entfaltete sich selbst und schnitt einige Blätter von anderen Figuren ab, was zu einer subtilen Veränderung in der Balance des ganzen Spiels führte. Aber das war bei jedem Zug der Fall, dachte Anaplian.
    »Ich bin zu ihnen unterwegs«, sagte Djan Seriy, den Blick auf die Tafel gerichtet. »Um ein wenig zu forschen.«
    »Meine Güte. Da sind Sie privilegiert. Die Morthanveld sind nicht als besonders gute Gastgeber bekannt.«
    »Ich habe Beziehungen.«
    »Fliegen Sie direkt zu den Morthanveld?«
    »Nein, zu einer Schalenwelt in ihrem Einflussbereich. Sursamen. Meine Heimat.«
    »Sursamen? Eine Schalenwelt? Im Ernst?«
    »Ja.« Anaplian bewegte eine Figur. Ihre Blätter schnappten nach unten, und weitere Blätter fielen.
    »Hmm«, sagte der Mann. Eine Zeit lang betrachtete er die Tafel und seufzte dann. »Faszinierende Orte, Schalenwelten.«
    »Ja, nicht wahr?«
    »Darf ich fragen, was Sie dorthin führt?«
    »Ein Todesfall in der Familie.«
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    Anaplian lächelte dünn.
     
    Eine von Djan Seriys frühesten Erinnerungen betraf eine Bestattung. Damals war sie erst zwei Langjahre alt gewesen, vielleicht nicht einmal, als sie den Bruder ihres Vaters zu Grabe getragen hatten, den Herzog Wudyen. Sie war mit den anderen Kindern des Hofes zusammen gewesen, von Kindermädchen im Palast

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