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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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solche Momente vorbereiten. Hiermit beuge ich mich dem Urteil meines hier versammelten Parlaments.« Er winkte dem Fahrer zu, der sich umgedreht hatte. »Chire – so lautet doch Ihr Name, nicht wahr?«
    »Ja, Sir.«
    »Bitte befolgen Sie den Rat von Mr. Poatas und bringen Sie uns ein wenig zurück.«
    Chire sah zu Poatas, der nickte. Es rasselte im Getriebe des Waggons, und dann fuhr er mit lautem Schnaufen rückwärts, eingehüllt in eine Wolke aus Dampf und begleitet vom Geruch nach heißem Öl.
    Droffo wandte sich an Vollird und Baerth. »Geht es Ihnen gut, meine Herren?«
    »Es ist uns nie besser gegangen«, antwortete Vollird. Baerth brummte nur.

    »Sie sind so still«, sagte Droffo. »Durch das Schaukeln ist Ihnen doch nicht schlecht geworden, oder?«
    »Dafür braucht es mehr«, erwiderte Vollird mit einem falschen Lächeln. »Allerdings kann ich schnell dafür sorgen, dass es anderen Leuten schlecht geht, wenn man mich provoziert.«
    »Da bin ich sicher«, sagte Droffo und wandte sich von ihnen ab.
    »Der Wasserfall ist wie breit? Zehntausend Schritte?«, fragte Oramen, als der Waggon zurückwich.
    Poatas nickte. »Von Ufer zu Ufer, die gerade Linie. Man muss zweitausend weitere Schritte hinzufügen, wenn man der Wölbung des Sturzes folgt.«
    »Und etwa tausend Schritte davon sind frei von Wasser, nicht wahr? Wo Inseln im Strom das Fließen behindern.«
    »Wohl eher zweitausend Schritte«, sagte Poatas. »Das verändert sich ständig, wie so vieles hier. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt gibt es drei- oder vierhundert einzelne Wasserfälle im großen Katarakt.«
    »So viele? Ich habe von nur zweihundert gelesen!«
    Poatas lächelte. »Vor einigen Langjahren stimmte das.« Sein Lächeln wirkte ein wenig spröde. »Der junge Herr hat sich gut aus Büchern informiert, aber er muss die Augen für die Wirklichkeit öffnen.«
    »Natürlich!«, rief Oramen, als ein heftiger Windstoß Wasser gegen die Seite des Waggons prasseln ließ, der daraufhin erneut bedenklich schaukelte. »Wie schnell sich alles verändert, nicht wahr?«
    »Wie ich schon sagte, Sir: Das gilt hier für viele Dinge.«
Die Bürgermeisterresidenz in Rasselle war bei der Einnahme der Stadt geplündert und niedergebrannt worden. Während des Wiederaufbaus wohnten Oramens Mutter und ihre neue Familie im alten Herzogspalast von Hemerje.
    Die Hauptstadt der Deldeyn war in einer weiten fruchtbaren Ebene erbaut und nach einem anderen Plan gewachsen als die Hügelstadt Pourl, mit breiten, von Bäumen gesäumten Prachtstraßen, die einige große Enklaven voneinander trennten: die Anwesen von Adligen, Paläste, Klöster, die Handelsplätze von Gilden und öffentliche Einrichtungen. Rasselle hatte keine Stadtmauern; stattdessen gab es in der Innenstadt zwei Kanäle mit insgesamt sechs Großen Türmen, Festungen, die die höchsten Gebäude weit und breit waren und es nach den geltenden Vorschriften auch bleiben sollten. Die Zitadelle in der Nähe des Großen Palastes war eine riesige Kaserne, wie ein Fass geformt – ein gewissermaßen als letztes Mittel gedachter Ort, ohne irgendwelche Ansprüche in Hinsicht auf Luxus, im Gegensatz zum Großen Palast, der nur ein weitläufiges königliches Haus war, das sich kaum verteidigen ließ.
    Die Prachtstraßen hatten alle Elemente der Stadt miteinander verbunden, so wie zuerst die Kanäle und später die Eisenbahn. Vor jener Veränderung nach dem Händleraufstand waren die breiten Boulevards manchenorts zugebaut worden, mit dem Ergebnis, dass wesentlich kleinere Wege zwischen den Enklavenmauern verliefen und von den einstigen prächtigen Alleen nur stark verschmälerte Straßen übrig blieben. Nach drei Generationen klagten noch immer einige Adlige darüber.
    Der Herzogspalast von Hemerje war ein imposantes, sehr
massiv wirkendes Gebäude, in dem die Zimmer hohe Decken hatten und dessen Böden aus dickem, dunklem Holz bestanden, auf dem jeder Schritt schwer klang. Die hohen Mauern des Anwesens umgaben einen alten Garten mit gepflegten Rasenflächen, Schatten spendenden Bäumen, kleinen plätschernden Wasserläufen, stillen Teichen und einem großen Gemüsegarten.
    Aclyn empfing Oramen in der Eingangshalle. Rasch kam sie näher und ergriff ihn an den Schultern.
    »Oramen! Mein kleiner Junge! Kann es wirklich sein? Sieh dich nur an! Wie groß du geworden bist! Ganz wie dein Vater! Komm herein, komm herein. Mein Masyen hätte dich gern begrüßt, aber er ist so beschäftigt! Du musst unbedingt zum Essen kommen.

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