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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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mittleren Jahren, blass und nervös, schien aber auch aufgeregt und voller Tatendrang zu sein. Er bedeutete Oramen, an eine bestimmte Stelle auf der Plattform zu treten, vor einem Element des Sarkophags, das etwas heller war als die übrigen sichtbaren Teile.
    »Sir«, sagte Poatas, »ich möchte Ihnen Obertechniker Leratiy vorstellen.« Ein anderer Mann verbeugte sich vor Oramen. Er war kräftiger gebaut als der erste, aber ebenso blass. Sein Overall sah besser aus und zeigte einen großzügigeren Schnitt.

    »Prinzregent … Es ist mir eine Ehre, Sir«, sagte er. »Allerdings sollte ich Sie warnen. Es fühlt sich an, als … würde etwas den Inhalt des Kopfes lesen, Sir. Und dann kommen Bilder, die …« Der Mann lächelte. »Nun, ich sollte es Ihnen überlassen, selbst einen Eindruck zu gewinnen. Ich kann Ihnen nicht genau beschreiben, was Sie erwartet, weil alle, die das Phänomen bisher erlebten, unterschiedlich davon berichtet haben, obwohl es durchaus gemeinsame Elemente gibt. Es wäre in jedem Fall falsch, bestimmte Erwartungen in Ihnen zu erwecken und dadurch Ihre Objektivität zu beeinträchtigen. Bitte denken Sie daran, sich zu merken, was Sie erleben, damit Sie es anschließend unseren für die Aufzeichnungen zuständigen Technikern erzählen können – dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar. Bitte treten Sie vor; der Fokus scheint sich hier zu befinden.«
    Die Bretter zu Oramens Füßen waren mit einem Quadrat markiert, und er trat hinein. Einer der Techniker näherte sich mit etwas, das wie ein flacher Kasten aussah, aber Obertechniker Leratiy winkte ihn gebieterisch fort. »Der Prinzregent ist groß genug«, sagte er und vergewisserte sich, dass Oramen mit beiden Füßen im Innern des Quadrats stand. »Bitte, Sir, bleiben Sie einfach nur eine Zeit lang so stehen, Sir.« Der Obertechniker holte eine große Taschenuhr hervor und warf einen Blick darauf. »Normalerweise beginnt es nach einer halben Minute. Mit Ihrer Erlaubnis messe ich die Zeit, Sir.«
    Oramen nickte und richtete einen skeptischen Blick auf die hellgraue Fläche weiter vorn.
    Zunächst geschah gar nichts, und Oramen begann sich zu fragen, ob dies ein besonders ausgefallener Scherz war, den man sich mit ihm erlaubte, oder vielleicht ein überorganisierter
Versuch, ihn ins Jenseits zu schicken. Er stand an einer gut markierten Stelle – vielleicht zielte das Gewehr eines Attentäters auf ihn, selbst durch die grauen Planen, die diesen Teil der Plattform vom Rest der Höhle trennten.
    Das Erlebnis begann als leichter Schwindel. Für einen Moment fühlte sich Oramen seltsam aus dem Gleichgewicht gebracht, und dann schien ihn der Schwindel zu stabilisieren, als wollte er seine eigene Nebenwirkung ausgleichen. Es folgte ein sonderbares Gefühl von plötzlicher Gewichtslosigkeit und Unbekümmertheit, und für einen Augenblick wusste er nicht, wo er war und seit wann er sich an diesem unbekannten Ort befand. Dann kehrte sein volles Bewusstsein zurück, aber er spürte eine Art Sausen im Kopf, ein lärmendes Durcheinander aus allem, was er jemals gehört, gesehen und gewusst hatte.
    Er kam sich vor wie jemand, der in einem von Sonnenschein erhellten Zimmer saß und sich eine farbenprächtige Parade ansah, die im Detail alle Aspekte seines Lebens zeigte, von der Geburt an. Es dauerte nur einige wenige Sekunden, doch es genügte ihm, einzelne halb vergessene Dinge seines vergangenen Lebens zu sehen.
    Dann war es vorbei, ganz schnell!
    Sehnsucht folgte. Sehnsucht nach seiner Mutter, einer Krone und einem ganzen Königreich. Er sehnte sich nach der Liebe aller, nach der Rückkehr einer vor langer Zeit aufgebrochenen Schwester. Er betrauerte den Tod eines Bruders und den Verlust von Liebe, Respekt und Anerkennung des verstorbenen Vaters …
    Oramen trat aus dem Quadrat und brach damit den Bann.

    Er atmete mehrmals tief durch, drehte sich dann um und sah Obertechniker Leratiy an. Nach einigen Momenten sagte er: »Sie können Ihren für die Aufzeichnung zuständigen Technikern sagen, dass ich ein Gefühl des Verlustes und der Sehnsucht hatte, beides in Verbindung mit persönlichen Erfahrungen.« Er sah die anderen Personen auf der Plattform an; alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Hier und dort erschien ein nervöses Lächeln. Oramen nickte dem Obertechniker zu. »Ein interessantes Erlebnis. Ich nehme an, die von mir wahrgenommenen Gefühle stimmen mit denen der anderen überein?«
    »Verlust, Sehnsucht«, bestätigte Leratiy. »Das sind tatsächlich die

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