Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
Pflicht, wenn Sie gestatten, Sir, liegt beim König.«
    »Ich bin der König! Hast du mir während der letzten vier Tage nicht immer wieder gesagt, dass ich der rechtmäßige Thronerbe bin?«
    »Sir, bitte verzeihen Sie meine Offenheit, aber Sie sind ein ungekrönter König, der mit großer Entschlossenheit von seinem Thron wegreitet.«
    »Ja! Ja, um mein Leben zu retten! Um Hilfe zu suchen, zurückzukehren und dann Anspruch auf den Thron zu erheben, so der WeltGott will. Außerdem möchte ich betonen, dass ich mir damit an höchsten Präzedenzfällen ein Beispiel nehme. Hat sich nicht der WeltGott von allem zurückgezogen und Zuflucht gefunden im Kern unserer Welt? Sind nicht die Sarl vor Verfolgung auf ihrer Heimatwelt geflohen und hierher nach Sursamen entkommen?«
    »Trotzdem, Sir. Von einem König erwartet man gewisse Dinge. So sollte er sein Volk wissen lassen, dass er noch lebt.«
    »Tatsächlich? Na so was«, erwiderte Ferbin sarkastisch. »Das sagst du mir jetzt? Und was sonst noch, wenn ich fragen darf?«
    »Nun, Sir, ein König sollte sich königlich verhalten, wenn er die Zügel der Macht ergreift, und nicht einer Auseinandersetzung ausweichen, wenn es die Umstände verlangen. Er sollte sie nicht einfach fallen lassen und …«
    »Choubris Holse, du wirst mich nicht darüber belehren, wie sich ein König zu verhalten hat und welche Verantwortung ihm zukommt!«
    »Natürlich nicht, Herr. Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Für das Belehren sind die akademischen Mönche zuständig,
zu denen wir unterwegs sind. In dieser Hinsicht erhebe ich keine Einwände.«
    Holses Rowel schnaubte wie zustimmend. Ihre Tiere waren daran gewöhnt, auch nachts zu marschieren, und sie konnten buchstäblich im Gehen schlafen. Allerdings brauchten sie den einen oder anderen Stoß, um auf der Straße zu bleiben.
    »Ich entscheide über meine Pflicht, Holse, nicht du! Und es ist meine Pflicht, mich nicht von jenen ermorden zu lassen, die bereits einen König getötet haben und nicht zögern würden, auch noch einen zweiten umzubringen – mich!«
    Holse sah zur fast gottlosen Gewaltigkeit des Hiktureanischen Turms auf, der links von ihnen wie das Schicksal selbst emporragte. Von Gras und Wäldern bedeckte Hänge umgaben die immense, den Himmel stützende Säule und wurden umso steiler, je weiter sie sich dem Turm näherten. An seinem runden Rand schienen sich Boden und Blätter wie eine dunkelgrüne Welle zu brechen. Im düsteren roten Licht glühte die Säule wie der Knochen eines seit Langem toten Gottes.
    Holse räusperte sich. »Diese Dokumente, die wir uns beschaffen wollen, Sir … Sie funktionieren nicht auch in der anderen Richtung, oder?«
    »In der anderen Richtung? Was soll das denn heißen, Holse?«
    »Nun, könnten Sie damit auch nach unten reisen, zum Kern, um dort den WeltGott zu besuchen, Sir?« Holse wusste nicht, wie diese Dinge funktionierten. Der Religion war er nie sehr nahegekommen, obwohl er der Kirche gegenüber Lippenbekenntnisse abgelegt hatte, um eines einfacheren Lebens willen. Er vermutete seit Langem, dass der WeltGott eine weitere, halb erfundene Legende darstellte und zusammen
mit all dem anderen ganz oder halb Erfundenem die Struktur stützte, der die Reichen und Mächtigen ihre Privilegien verdankten. »Um festzustellen, ob Seine Heiligkeit Ihnen helfen könnte?« Er zuckte mit den Schultern. »Es würde Ihnen die Mühe ersparen, zur Oberfläche zu reisen, und dann noch weiter zu den externen Sternen, Sir.«
    »Das ist unmöglich, Holse«, sagte Ferbin geduldig und versuchte, solch kindischen Faseleien gegenüber nicht die Beherrschung zu verlieren. »Den Oct und – Gott sei Dank – Aultridia ist es verboten, den WeltGott zu stören. Sie dürfen nicht hinab zum Kern, und deshalb kommt das für uns ebenfalls nicht infrage.« Unter anderen Umständen hätte er vielleicht ausführlicher geantwortet, aber er verschluckte sich an einem Stück Crile-Wurzel, erlitt eine Hustenanfall und verbrachte die nächsten Minuten damit zu keuchen, zu schnaufen und Holses wiederholte Angebote abzulehnen, ihm auf den Rücken zu klopfen.
     
     
    Das hiktureanisch-anjrinhsche Haus des Wissens befand sich auf einem niedrigen Hügel, etwa einen Tagesritt vom Hiktureanischen Turm entfernt, der sich fast genau zwischen dem Gebäude und der Stadt Pourl befand. Wie die meisten Häuser des Wissens wirkte es Furcht einflößend, obwohl es eigentlich gar nicht befestigt war. Es sah wie ein langes, niedriges Schloss aus, dem die

Weitere Kostenlose Bücher