Die Sphaeren
prinzlicher Pflicht hinaus, kein Gebet an die Gottheit zu richten. Selbst wenn sie – was zweifellos der Fall war – bereits von den gar grässlichen Dingen wusste, die Ferbin widerfahren waren, und die dem ganzen Volk der Sarl widerfahren konnten, mit einem Usurpator in seiner Mitte und sogar an der Macht … Vielleicht fühlte sich der WeltGott erst dann zu einer Intervention imstande, wenn er eine offizielle Anfrage von ihm, dem rechtmäßigen König, erhielt. Ferbin wusste nicht genau, wie diese Dinge funktionierten, denn beim Religionsunterricht hatte er nie aufgepasst, aber er unternahm trotzdem einen Versuch, und der klang so:
»Lieber Gott, Gott der Welt. Unterstütze meine Sache, lass mich meinen Verfolgern entkommen, wenn es, äh, Verfolger gibt. Wenn nicht, so sorge bitte dafür, dass auch weiterhin
keine existieren. Hilf mir dabei, die Welt zu verlassen und Xide Hyrlis und meine liebe Schwester Djan zu finden, auf dass sie mich unterstützen kann. Möge all der Luxus und die, äh, Pracht der Kultur sie nicht für die Not ihres Bruders blind machen. Bitte, Gott, beschere dem dreckigen Usurpator tyl Loesp, der meinen Vater ermordet hat, alle nur möglichen Beschwernisse und Nöte. Er ist ein wahrhaftiger Satan, Gott, ein Ungeheuer in Menschengestalt! Du hast bestimmt gesehen, was passiert ist, Gott, blicke in mein Gedächtnis und sieh die Bilder dort für immer festgebrannt. Hat es jemals ein scheußlicheres Verbrechen gegeben? Welche zwischen deinen Himmeln begangene Grausamkeit lässt sich mit dieser Gräueltat vergleichen?«
Ferbin geriet außer Atem und musste eine kurze Pause einlegen, um sich wieder zu sammeln. »Gott, ich werde jubeln, wenn du ihn möglichst hart bestrafst. Wenn nicht, so sehe ich darin ein sicheres, absolut zuverlässiges Zeichen dafür, dass du ihm nicht einmal die Ehre göttlicher Vergeltung gewährst, sondern die Bestrafung einer menschlichen Hand überlässt. Jene Hand wird vielleicht nicht meine eigene sein – ich bin, wie du in deiner Güte weißt, mehr ein Mann des Friedens als der Tat -, aber ich werde sie dazu anstiften, das schwöre ich, und es wird ein großer Turm des Leids und der Verzweiflung sein, unter dem der Mistkerl leidet. Und auch die anderen, alle, die ihm halfen. Das schwöre ich, beim gequälten Leib meines eigenen, geliebten Vaters!« Ferbin schluckte und hustete. »Für mein Volk bitte ich dich um dies, nicht für mich, Gott. Ich wollte nie König sein, aber ich werde die Bürde tragen, wenn sie mir zukommt. Elime, er hätte der König sein sollen. Oder Oramen, er könnte eines
Tages ein guter König sein. Ich … ich bin mir nicht sicher, ob ich das schaffe. Ich bin mir nie sicher gewesen. Aber Pflicht ist Pflicht, Gott.«
Ferbin wischte sich Tränen aus den fest zusammengekniffenen Augen. »Ich danke dir hierfür, mein Gott. Ich möchte dich auch bitten, meinen dummen Diener erkennen zu lassen, wo seine wahre Pflicht liegt, auf dass er begreift, dass er bei mir bleiben muss. Es liegt mir nicht, über die gewöhnlichen Dinge des Lebens zu verhandeln, im Gegensatz zu ihm, und so streitlustig er auch sein mag: Er räumt mir damit Hindernisse aus dem Weg. Ich lasse ihn nicht mehr aus den Augen, seitdem ich mir Sorgen darüber mache, dass er mich verlassen könnte, und ich wage mir kaum vorzustellen, wie schwer die Dinge ohne ihn für mich wären. Bitte stimme auch den Obersten Gelehrten dieses Ortes, einen gewisser Seltis, mir gegenüber freundlich. Ich wäre dir insbesondere dankbar, wenn du ihm die Erinnerungen daran nehmen könntest, dass ich es war, der damals den Reißnagel auf seinen Stuhl legte, und bei der anderen Gelegenheit die Made in seinen Kuchen. Sogar zweimal, wenn ich mich recht entsinne. Wie dem auch sei, sorge bitte dafür, dass er ein Turmreiseding hat und bereit ist, es mir zu geben, damit ich von hier wegkomme. Wenn du dies alles für mich tust, WeltGott, so schwöre ich dir beim Leben meines Vaters, dass ich deiner Größe, Gnade und Weisheit einen Tempel errichten werde, der es mit den Türmen aufnehmen kann! Äh … Ja. Mit all meinem … Äh. Nun, das ist alles.« Ferbin lehnte sich zurück, öffnete die Augen, schloss sie wieder und sank erneut auf ein Knie. »Oh, und äh, danke.«
Bei der Ankunft im Haus des Wissens hatte er sich als edler
Reisender vorgestellt, der in Begleitung seines Assistenten (ein Titel – eine Beförderung -, auf dem Holse bestanden hatte) um eine Audienz beim Obersten Gelehrten ersuchte. Ferbin hatte
Weitere Kostenlose Bücher