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Die Spinne (German Edition)

Die Spinne (German Edition)

Titel: Die Spinne (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olen Steinhauer
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er schon ein paar Gläser getrunken. »Wu Liang hat mir soeben eine interessante Neuigkeit mitgeteilt.«
    »Ja?«
    »Angeblich ist Alan Drummond in Hongkong.«
    Wie sich die Nachrichten herumsprachen. »Das ist richtig, Genosse Generalleutnant. Er wohnt in einem Zimmer im Peninsula.«
    »Sie werden ihn also verhaften.«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    »Gut. Ich möchte nämlich vorschlagen, dass wir das auf unauffälligere Weise erledigen.«
    »Lieber nicht.« Zhu wollte nicht, dass Alan Drummond starb. Zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.
    »Was planen Sie stattdessen, Xin Zhu?«
    Er richtete den Blick auf seine Frau, die über etwas im Fernsehen lächelte, und überlegte kurz. Er hasste es, auf diese Weise Entscheidungen treffen zu müssen, doch Sun Bingjun wartete. »Alan Drummond rechnet damit, dass wir ihn festnehmen oder angreifen. Deshalb werden wir beides unterlassen.«
    »Sind Sie sich Ihrer Sache sicher, Xin Zhu? Das könnte Ihre einzige Chance sein, sich aus diesem Schlamassel zu befreien.«
    »Das ist mir klar, Genosse, aber wenn wir ihn töten, wird sich nichts aufklären. Und wenn wir ihn verhaften, spielen wir ihm in die Hände. Nein. Die einzige Lösung ist Warten und Beobachten.«
    »Vielleicht will er reden.«
    »In diesem Fall kann er zum Telefon greifen. Er weiß, wie er mich erreicht.«
    Sun Bingjun blieb stumm.
    »Ich habe bereits mehrere Agenten aus Amerika zurückbeordert. Sie sind mit der Situation vertraut. Und inzwischen ist Shen An-ling mit einigen Männern abgestellt, um das Dritte Büro bei der Überwachung zu unterstützen.«
    »Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun, Xin Zhu.«
    »Das hoffe ich auch, Sun Bingjun.«
    »Und falls Sie irgendwas brauchen, zögern Sie nicht, mich anzurufen.«
    »Vielen Dank, Genosse Generalleutnant.« In Zhu wuchs die Überzeugung, dass sich das Blatt endlich zu seinen Gunsten wendete. »Wenn alles gut geht, werde ich Ihre Hilfe nicht benötigen.«

3
    Mit den Pässen vom Hotel nahmen Milo und Leticia eine Cathay-Pacific-Maschine, die Dschidda um zehn nach zwei verließ und zu einem Zwischenstopp in Dubai landete, um dann den Zielflughafen Hongkong anzufliegen. Auf der Rollbahn in Dubai warf Leticia einen Blick auf ihr Telefon und strebte nach dem Lesen einer SMS in den hinteren Teil des Flugzeugs, um zu telefonieren. Bei ihrer Rückkehr hatte sie die Abaya abgenommen, und Milo hatte das Gefühl, dass sich auch etwas anderes verändert hatte.
    Erst als sie schon neun Stunden unterwegs und nur noch zwei Stunden von Hongkong entfernt waren, sagte sie: »Übrigens, Milo, dein Vater ist tot.«
    Sie hatte gewartet, bis er halb eingedöst war, doch er benutzte seine geschlossenen Augen, um mit einem benommenen Ächzen Zeit zu gewinnen. »Häh?«
    »Dein Vater«, wiederholte sie. »Jewgeni Alexandrowitsch Primakow.«
    Er riss die Augen auf und fuhr zurück. Etwas anderes fiel ihm nicht ein. »Was redest du da für Zeug?«
    Sie beobachtete ihn genau. »Milo, ich weiß nicht, wie ich es sonst noch ausdrücken soll.«
    »Wer sagt das?«
    »Dorothy Collingwood höchstpersönlich. Der Heimatschutz hat am Donnerstagabend deine Tür eingetreten und die Leiche deines Vaters entdeckt. Er wurde erschossen.«
    Er blinzelte. »Was? In meiner … Moment. Was ist mit Tina und Stephanie? Waren sie dabei, als das passiert ist?« Er versuchte, die Hysterie in seiner Stimme richtig zu dosieren. »Haben sie es gesehen?«
    Schnell schüttelte Leticia den Kopf. »Nein, es geht ihnen gut, keine Sorge. Sie waren im Restaurant.«
    Erleichterung – nur ein Hauch – dann Verwirrung. »Das kapier ich nicht. Der Heimatschutz war da? Warum?«
    »Vielleicht kannst du mir das erklären.«
    »Und wer hat Jewgeni umgebracht? Warum war er überhaupt in der Wohnung?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    Er setzte eine nachdenkliche Miene auf. »Ruf sie noch mal an. Sie muss unbedingt meine Familie schützen.«
    »Schon passiert, Milo.«
    »Was heißt das?«
    »Sie hat mir gesagt, dass sie deine Damen in ein sicheres Haus im Norden der Stadt gebracht haben. Sie sind wohlauf.« Mit bewundernswerter Leichtigkeit kam ihr die Lüge über die Lippen. »Aber sie haben keine Ahnung, wer deinen Dad umgelegt hat. Kannst du dir einen Reim darauf machen?«
    »Lass mich raus.«
    »Was?«
    Er zog sich vom Stuhl hoch. »Ich will raus. Sofort.«
    Sie stand auf, damit er zum Gang gelangen konnte, und ließ sich wieder nieder, den Blick forschend auf ihn gerichtet. Er spielte seine Aufgewühltheit aus, denn es war die

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