Die Spinne - Niederrhein-Krimi
Wesel – zack.«
Frank Fortmann schwieg und schaute in die Ecken an der Zimmerdecke.
»Und in so einer Situation lässt du dein Telefon aus dem Auge. Wenn der Schnee nachlässt, werde ich mich auf den Weg machen und eine neue Karte fürs Handy besorgen, damit man die Nummer nicht nachverfolgen kann. Ich bleibe hier in Deckung, bis alles geklärt ist. Die Gegend ist mir zu sehr mit Spinnen verseucht.«
»Du weißt ja, wo du mich erreichen kannst. Aber nicht mehr sehr lange, sie werden mich bald in die Reha schicken, vielleicht schon in der nächsten Woche.«
»Ich hoffe, dass ich von Tag zu Tag mehr in Vergessenheit gerate. Jeder glaubt, ich wäre in der Karibik oder würde mein Schwarzgeld auf den Cayman Islands durchbringen. Weißt du, wie das ist, wenn sich die Schneedecke auf das leidlich isolierte Wohnwagendach legt und du fast täglich eine neue Gasflasche für die Heizung anschließen musst? Beim nächsten Mal muss ich hinter dem Haus in den Schnee pinkeln, mein Klo ist nämlich voll, und ich komme zu nichts, weil die Schneeverwehungen da draußen immer höher werden. Ich fühle mich elend, alter Knabe, ganz elend, wenn ich mir vorstelle, wie viele Killer die auf uns hetzen können, ohne dass jemand es bemerkt. Und das, so lange wir leben.«
»Langsam machst du mir echt Angst.«
»Ich dachte, die Angst säße dir schon im Nacken, seit du aus der Narkose erwacht bist, zum ersten Mal in den Spiegel geschaut und danach von Lenas Tod erfahren hast. Hat das alles noch nicht gereicht? Du bist so abgebrüht! Das hätte ich dir nicht zugetraut. Ich musste dich regelrecht beknien, damit du bei den Geschäften mitmachst, und jetzt gibst du den Obercoolen. Ich verstehe überhaupt nichts mehr.«
Zwei Pfleger kamen herein und wiesen Frank Fortmann an, aufzulegen, jetzt ginge es zur Untersuchung.
»Ich muss aufhören, ich werde zum Röntgen gebracht. Melde dich, ja?«
Frank Fortmann wurde mit seinem Bett in den Aufzug geschoben. Er hatte keinen Blick für den Arbeiter der Putzkolonne, der neben seiner Tür in Warteposition stand. Der Mann trug einen blauen Kittel und hatte sich die Schirmmütze tief in die Stirn gezogen. Er schob seinen Wagen in das Zimmer und begann, oberflächlich über den Besuchertisch zu ledern. Niemand sonst war in Sicht. Er ging zielstrebig zum Patientenwagen und griff nach dem Telefon. Ein Druck auf die Wahlwiederholungstaste, und ihm wurden zwei verschiedene, häufig gewählte Nummern angezeigt. Eine mit Vorwahl, vermutlich von den Eltern des Patienten, und eine Handynummer. Genau die hatte der Mann gesucht, schließlich hatte er vor ein paar Minuten intensiv den Türrahmen gewischt und dabei das gerade beendete Gespräch belauscht. Eine mobile Telefonnummer von jemandem, der sich versteckt hielt, die Verbindung zu einem Feigling, der sich schlau vorkam, nur weil er sich nicht mehr nach Hause traute. Ein gelackter Gernegroß, der sich in Sicherheit wog. Er notierte die Zahlenreihe auf einem Zettel, den er in der Hosentasche verschwinden ließ.
Ein Blick auf den Flur zeigte ihm, dass niemand unterwegs war. Hastig zog er den Kittel aus, fegte sich die Schirmmütze vom Kopf und ging mit gelassenen Schritten in Richtung Ausgang. In der Teeküche streifte er sich die Handschuhe ab und warf sie in den Mülleimer. Kurz vor der automatischen Tür benetzte er seine Hände mit Desinfektionsflüssigkeit aus dem Spender an der Wand.
Mit versteinerter Miene verließ er das Krankenhaus und begab sich auf den geräumten Weg zum Parkplatz. Mission erfüllt. Sein Plan ging in die Zielgerade. Nur noch vierundzwanzig Stunden, und er wäre frei.
* * *
»Wir müssen das Handy von Verfürth orten lassen, erst war es durchgehend besetzt, und nun geht er nicht dran, weil er die Nummer nicht kennt, das garantiere ich dir.« Karin ließ ihr mobiles Telefon entnervt in die Mittelkonsole gleiten und gähnte ausgiebig.
»Der Schneefall lässt nach, irgendwer auf höherer Ebene hat Einsicht oder Mitleid mit uns. Langsam könnte es weitergehen, ich verstehe gar nicht, was hier los ist. Die Gegenspur ist völlig frei und mittlerweile auch geräumt. Siehst du irgendwas?«
Von Aha öffnete die Beifahrertür und stieg aus, spähte in Richtung Ampel. »Nichts zu erkennen, aber du hast recht, die Gegenfahrbahn ist geräumt.«
Er stieg wieder ein und schnallte sich an, griff in den Fußraum und nahm das aufsteckbare Blaulicht zur Hand. Karin beobachtete ihn und setzte sich in Fahrposition.
»Du meinst, wir
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