Die Spinne - Niederrhein-Krimi
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an dem Abend das getan hätte, was er jeden Abend tat. Er wäre daheim gewesen und vor der Glotze eingenickt, um nach einem kurzen Schlaf im Fernsehsessel das wesentlich bequemere Bett aufzusuchen. Nein, dafür gäbe es keinen Zeugen und auch keine Zeugin, er habe sich für das Singledasein entschieden, obwohl sich die Frauen auch heute noch für ihn interessierten.
Für den Samstag des Anschlags an der Xantener Südsee konnte er ebenfalls kein besonderes Alibi aufweisen. Auch der Abend des zweiten Februars, als eine unbekannte Person die Spinnen im Auto von Conny Wuttke deponierte, war für ihn wie jeder andere Abend verlaufen, fernsehen und schlafen.
Karin lehnte sich zurück, so kam sie nicht weiter. Sie schaute auf sein Gipsbein, dann auf das andere Bein, den einzelnen Schuh.
»Welche Schuhgröße haben Sie, Herr Munster?«
»Einundvierzig. Wieso?«
»Weil wir an einem Tatort Fußspuren gefunden haben. In Größe sechsundvierzig. Größere Schuhe anzuziehen kann eine Spur verfälschen, jedoch ist die Verteilung des Gewichts auf die Laufsohle nicht so leicht zu manipulieren. Wir werden die Spuren vom See neu bewerten lassen.«
Karin schaute in trotzig verkniffene Augen in einem unrasierten Gesicht. Sie konnte nicht anders. »Zwar sind Ihre Angaben dürftig, aber ich glaube Ihnen. Kommen Sie, ich hole ein Taxi.«
Sie stand auf und half ihm auf die Beine. »Sie müssen verstehen, wir haben jeder Spur nachzugehen. Bei Ihnen war das die Vorliebe für Spinnen. Und dann waren Sie auch noch verschwunden.«
Munster humpelte zur Tür, drehte sich noch kurz um. »Gibt es eine Entschädigung für eine Nacht im Arrest?«
»Nein, aber bringen Sie die Quittung vom Taxi mit, ich sehe zu, dass Ihnen das Geld erstattet wird. Einfache Fahrt zu Ihrer Adresse, nichts anderes.«
Grußlos verließ der Mann die Etage. Karin sah ihm hinterher. Er würde es ihr nachtragen, nie wieder würde eine Birne am gleichen Tag ausgetauscht werden, zukünftig würde es Wochen dauern.
Sie ging zum Fenster und blickte nachdenklich auf die Straße. Sie sah das Taxi vorfahren und am Straßenrand vor dem Parkplatzstreifen halten. Sie sah Munster, der hastig einstieg, in großer Eile, soweit es sein Bein zuließ. Offenbar wies er den Fahrer an, sich zu beeilen, Karin schaute ihnen nach bis zur Ampel. Zu seiner Wohnung hätte der Fahrer rechts abbiegen müssen. Der Wagen mit dem Taxischild stand jedoch auf der Linksabbiegerspur. Hatte sie die richtige Entscheidung getroffen oder voreilig gehandelt? Vielleicht gehörten die Schuhabdrücke vom See gar nicht zum Täter.
Munster würde nicht weit fliehen können mit dem Gipsbein. Es gab bis auf die Spinnen keine Berührungspunkte, kein Motiv und schon gar keine Beweise. Warum aber fuhr er in die entgegengesetzte Richtung statt nach Hause? Sie würde die Angaben zu seinem Unfall in der Ambulanz überprüfen.
Um neun Uhr stand Behördenchefin van den Berg im Büro der Hauptkommissarin und erkundigte sich, ob ein Haftbefehl gegen Munster beantragt wurde. Karin Krafft verneinte.
»Ich habe ihn gehen lassen, obwohl sich im letzten Moment doch Restzweifel aufbauten. Wir sollten ihn im Auge behalten. Das Gipsbein ist jedenfalls echt, wie mir die Ambulanz des Marienhospitals bestätigte.«
»Wir werden in die öffentliche Kritik geraten, wenn es nicht bald Ergebnisse gibt. Ich setze auf Sie.«
Karin wandte sich wieder den Berichten zu. »Wir tun, was wir können. Ich muss eben das hier fertig schreiben, Sie haben es doch gerne zügig und doppelt. Wenn wir die Berichte per E-Mail an Sie weiterschicken, können sie bei Ihnen doppelt ausgedruckt werden, wäre das nicht wesentlich einfacher?«
Karin wusste, dass der Fortschritt zwar bei ihnen eingezogen, jedoch nur bedingt in der Chefetage angekommen war.
Van den Berg bebte förmlich. »Doppelt und bei mir auf den Tisch, auf Papier, nicht elektronisch.«
Der Vorteil ihrer Attacke war, dass van den Berg stets die Räume verließ, wenn es ihr gegen den Strich ging. Freie Bahn für einen Blick in den Besprechungsraum.
»Seid ihr mit der Entschlüsselung weitergekommen?«
Von Aha rieb sich die Augen. »Nicht unbedingt. Wir kennen jetzt die Vorlieben von Frank Fortmann, wissen, wie ekelig seine Eltern zu seiner Freundin waren und dass jede Spinne Petra Winter durch ihre magischen Kräfte schwächt. Es ist so unglaublich anstrengend. Mette hat erst alles durchnummeriert und schneidet gerade die Seiten
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