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Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Spinne - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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lassen.
    * * *
    Ein dunkler Schatten schwebte durch das dichte Schneetreiben in Richtung Flussufer. Die Leuchtreklame des Restaurants Dynastie verlieh den dichten Schneewirbeln eine rote Aura, der Parkplatz dort war leer – niemand fand bei diesem Wetter den Weg zu mongolischen Grillspezialitäten. Der Schatten stellte den Kragen des weiten Mantels hoch und zog als Schutz vor dem kalten Weiß, das ihm unablässig von der Flussseite her entgegenblies, einen Hut tief in die Stirn. Kein Schutz im Bereich des Eingangs zum Freibad, kein Ast, kein Strauch oder Baum hielt die orkanartigen Böen auf, die ihn von der Seite her trafen, als er bei der Restauration Q-Stall um die Ecke bog. Ein einziger Mensch im Kampf gegen die Naturgewalten. Ihm war es recht, niemand würde sich an den wehenden Mantel, an dem die Flocken hafteten, und den weit ausgreifenden Schritt, der eher auf einen Mann als auf eine Frau hinwies, erinnern.
    Er erreichte sein Ziel, bog ein in den Zugang zum Welcome Hotel. Er bemerkte beiläufig, dass die Angestellten des Hotels den Weg geräumt hatten, dass seine Schritte Spuren in dem stetig herabfallenden Schnee hinterließen, und konnte sich sicher sein, dass der schmale Pfad für die Gäste in Windeseile wieder zugeweht sein würde. Mit dem Sturm im Rücken schaute der Schatten an der Fassade empor, erblickte links wie rechts die verglasten Zimmerbalkone, von deren Scheiben der schräg gepeitschte Schnee rasch abrutschte.
    Fast hatte er sich verkalkuliert bei seiner Planung für dieses besondere Rendezvous. Doch rechtzeitig war ihm aufgefallen, dass der gläserne Wetterschutz alle Balkone umgab und sein ursprüngliches Vorhaben zunichtemachte. Also würde er die freie Dachterrasse, die er auf der linken Seite des gleichschenkelig gebauten Hotels entdeckt hatte, für seine Zwecke nutzen. Die hatte zudem den Vorteil, so abseits zu liegen, dass er selbst für zufällige Beobachter von der Promenade her unentdeckt bleiben würde. Nun war bei diesem Unwetter nicht einmal mehr das von Bedeutung, es sei denn, ein bislang unbekannter niederrheinischer Schneefanatiker würde das Abenteuer am sturmumtosten Rheinufer suchen.
    Er eilte die paar Treppenstufen zum vorgelagerten Restaurant hoch und bemerkte zu seinem Unmut, dass sich einige Gäste an den Tischen mit Außenblick niedergelassen hatten, um von dieser Position aus in die schneeflockengetupfte, verschleierte Welt da draußen zu schauen. Hier musste der Vermummte schnell und unauffällig handeln, denn er würde zwangsläufig Aufmerksamkeit erregen, sobald er durch den Eingang trat.
    * * *
    »Die Polizeileitstelle des Kreises Wesel, Obermeister Haffke, guten Tag.«
    »Ja, die Mordkommission, schnell, die Kommissarin heißt Krafft, beeilen Sie sich, es geht um meine Frau, die ist in Gefahr. Sie wird festgehalten und bedroht, bitte, ich muss Frau Krafft sprechen, die weiß Bescheid und kann mir helfen.«
    »Ihr Name bitte, und Ihre genaue Position.«
    »Alfons Verfürth, ich befinde mich auf der B   8 in Richtung Wesel. Ich habe gerade Rees hinter mir gelassen und bin jetzt bei Haus Aspel.«
    »Sind andere Beteiligte verletzt?«
    »Wie? Nein, ich bewege mich im Zeitlupentempo auf der Straße, ich muss die Hauptkommissarin Krafft sprechen und habe ihre Nummer nicht, bitte verbinden Sie mich, das ist ein Fall für die Kripo, glauben Sie mir. Es muss doch möglich sein, dass Sie mich durchstellen.«
    »Kein Unfall?«
    »Nein, wenn ich das doch sage, ich will die Frau Krafft von der Kripo sprechen.«
    Der Beamte in der Bereitschaft stellte das Gespräch durch.
    * * *
    Der Mann klopfte im Windfang des Hotelrestaurants den Schnee von der düsteren Kleidung, nahm aber den Hut, der den Blick auf sein Gesicht verhinderte, nicht vom Kopf. Er griff vom seitlichen Board einen Hotelprospekt und eine Speisekarte, ganz so, als wolle er sich mal umschauen, um etwas zu sich zu nehmen. Mit schnellem Griff öffnete der Vermummte die Innentür und schloss sie abrupt wieder, um Zugluft zu vermeiden, die die Aufmerksamkeit der anwesenden Gäste auf ihn gelenkt hätte. Wie selbstverständlich öffnete er den Mantel leicht, wie jeder in ein Restaurant eintretende Gast es machen würde, und schritt schnell am Kuchenbuffet in der Mitte des Raumes vorbei. Das Schattenhafte, das er verkörperte, verfehlte seine Wirkung nicht. Niemand kümmerte sich um die Person, die da aus dem Nichts des Schneetreibens eingetreten war und nun vom Restaurant in die Anonymität der Hotellobby

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