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Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Die Spinne - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Spinne - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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geköpft, so sehr hatte sie sein abgehobenes Verhalten abgelehnt. Ihr Verhältnis zu ihm hatte an Milde gewonnen, seit sie ihn aus akuter Lebensgefahr gerettet hatte. Sie würde nie vergessen, wie er anschließend, einem Häufchen Elend gleich, in seinem Krankenbett gelegen hatte und sich mit feuchten Augen bei ihr bedankt hatte. Das war eine drastische Form der Annäherung gewesen.
    Dick vermummt gab sie ihm das Kaffeepäckchen mit einem wohlklingenden italienischen Namen, den man bestimmt nicht im Supermarktregal finden würde, und blickte auf die Infowand. Bei allem Eigenbrötlertum musste sie Gero von Aha zugestehen, dass er ein technisches Genie war.
    »Donnerwetter, wie hast du das hingekriegt? Die Kinder sind gut erkennbar. Man sieht, dass der Jüngere die Augen geschlossen hat. Und der Größere starrt in die Ferne. Als ob er sich nicht traut, die Geschehnisse hinter der Hecke wahrzunehmen. Wie Kinder sich manchmal ihre Realität schaffen – nach dem Motto: ›Was ich nicht sehe, gibt es nicht‹. Vielleicht hat ihm auch jemand verboten, sich zu bewegen.«
    Gleichmäßig übereinandergeschlagen waren die Ecken der Bettdecke, die beide Jungen einhüllte. Unter ihren Füßen waren ordentliche Knickfalten zu erkennen, wie bei Geschenkpapier. Erst war eine, dann die anderen Ecke nach innen geschlagen worden, die überstehende Kante unter die Füßchen geschoben worden. Nicht hastig und ungelenk, nein, akkurat und mit Können. Die Hauptkommissarin konnte ihre Augen nicht von diesen Bildern lösen.
    »Schau dir das an. Die Decke ist im Nacken höher als vorne und ordentlich unter den Füßen eingeschlagen. Und damit nichts verrutscht, ist die obere Kante vor den Gesichtern fein säuberlich und tief in die Öffnung vor den Hälsen eingeschoben worden.«
    Von Aha wirkte, als erläutere man ihm die Mechanik einer Dampfmaschine. Er folgte ihren Ausführungen und suchte die Fotos nach den beschriebenen Details ab.
    »Was?«
    »Wie, was?«
    »Na, was meinst du? Ich komme da nicht hinterher.«
    Karin wurde bewusst, dass neben ihr jemand stand, der von bestimmten praktischen Lebensinhalten keine Ahnung hatte.
    »Ich will hier niemandem zu nahe kommen, aber kannst du ein Geschenk so geschickt einpacken, dass es richtig professionell aussieht?«
    Von Ahas Antwort kam schnell. »Nee. Kann ich nicht. Meine Ex sagte immer, das sähe aus, als habe die Vorschulgruppe aus dem Kindergarten experimentiert.«
    »Kennst du überhaupt einen Mann, der das richtig gut kann?«
    »Nicht persönlich. Was willst du mir eigentlich sagen?«
    Karin wies auf die Infowand. »Das da hat garantiert eine Frau gemacht. Schau dir an, wie perfekt die Kinder eingepackt sind. Das erinnert fast an das herkömmliche Einpacken von Babys, die früher bis zur Unbeweglichkeit eingewickelt wurden. Als habe jemand die Decke besonders sorgfältig glatt gestrichen. Wie um etwas wiedergutzumachen.«
    Von Aha rieb sich den Arm. »Du meinst …«
    »Genau. Ich meine, wir suchen eine Brandstifterin.«

ZWEI
    Burmeester hatte seine Karte auf Fortmanns Küchentisch gelegt. Nach dem vorzüglichen, jedoch schweigsamen Essen, bei dem nur der Jüngste abwechselnd recht unverständlich brabbelte oder weinend nach seiner Mama rief, hatte er das Haus mit dem Hinweis, jederzeit erreichbar zu sein, verlassen.
    Aus dem Auto heraus sah er gegenüber der Einfahrt zum Schloss Diersfordt ein Fahrzeug im Graben liegen, offensichtlich bei glatter Fahrbahn zu weit auf den Randstreifen gerutscht. Burmeester stöpselte sein Headset ein, um für die Welt erreichbar zu sein, während Polizei und Abschleppdienst sich draußen um den Wagen kümmerten. Gemächlich passierte er die Unglücksstelle. Er mahnte sich selbst zu erhöhter Aufmerksamkeit und freute sich darauf, im Büro auf der Heizung zu hocken, um seine kalten Oberschenkel wiederzubeleben. Die Heizung in seinem alten Polo hatte sich im letzten Winter mit unschönen Geräuschen verabschiedet, niemand wollte das alte Vehikel wieder instand setzen.
    Auf der Reeser Landstraße passierte er lächelnd das Gebäude der Klinik in der Aue. Dort hatte er sie kennengelernt. Im Erdgeschoss war er der Frau seiner Träume ziemlich tölpelhaft vor die Füße gefallen. Innerhalb der nächsten Minuten hatte er es geschafft, sie für sich zu gewinnen. Yasmin Ögülsan, die bildschöne Qualitätsmanagerin der Klinik, in Wesel geborene Tochter kurdischer Eltern, hatte ihn in ihre große Sippe eingeführt. Er kannte sich nun aus in der traditionellen

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