Die Spinne - Niederrhein-Krimi
solch einer Ordnung heraus verliebte sich der Sohn in eine Frau, die ihn als Elvis verkleidet zum Heiraten nach Las Vegas entführte. Mit einem Mal erahnte Burmeester das Entsetzen, das Lena Fortmanns Erscheinen ausgelöst haben musste. Er brauchte mehr Informationen. »Ich komme noch einmal auf das Leben der Eltern zurück. Was können Sie mir über Ihre Schwiegertochter erzählen?«
Mit hastigen Bewegungen schabte Susanne Fortmann das Petersilienklein in ein Glasschälchen.
»Ausgenommen hat sie ihn. Hörig gemacht, wenn Sie mich fragen. Urlaub hier, Ferien dort, und das erste Kind kam auch, als sie es wollte, nicht er. Irgendwann gab es einen großen Krach, dann wurde sie wieder schwanger, und alles war vergessen. Das Unmögliche war, dass er uns offensichtlich nichts sagen durfte. Seit seiner Kindheit hat er uns immer alles anvertraut, und diese Frau verbietet ihm einfach, über sein Leid zu reden.«
Susanne Fortmann war sichtlich bewegt; Burmeester blieb ganz sachlich. »Was machte sie beruflich? Verzeihung, aber bei Lena Fortmann ist die Vergangenheitsform angebracht, denke ich.«
»Die arbeitete als Tippse in diversen Büros. Nie lange am Stück, und seit die Jungens auf der Welt sind, ging sie nur noch auf Teilzeitbasis arbeiten. Aufgetakelt hat sie sich, sage ich Ihnen, da konnten Sie denken, die fährt zur Modemesse nach Düsseldorf, um dort zu modeln. Stattdessen hat sie Kaffee gekocht, diktierte Briefe abgeschrieben und sie anschließend zur Post gebracht.« Susanne Fortmann wandte sich Burmeester zu. »Den Männern hat sie die Köpfe verdreht. Und nicht nur das, wenn Sie mich fragen.«
Natürlich wollte Burmeester mehr zu diesem Thema hören, das sich so nebensächlich dahergeplaudert auftat. »Sie müssen schon konkreter werden.« Sie geniert sich, dachte er und wartete gespannt auf ihre Antwort.
»Man hat als Frau ein Gespür dafür, welche Weiber einem verheirateten Mann ohne Skrupel zu nahe kommen können. Die konnte das, glauben Sie mir.«
In diesem Moment begann oben einer der Jungen schlaftrunken zu plärren. Vier Teller wurden hastig auf den Tisch gestellt, Löffel danebengelegt, und die emsige Hausfrau wies mit dem Finger auf Burmeester. »Sie essen mit, Sie mögen doch Hühnersuppe? Und kein Wort mehr über Frank und Lena.«
Das duldete keinen Widerspruch. Burmeester hatte auch keineswegs etwas dagegen angesichts des sanft dampfenden Topfes, aus dem die Suppe keine fünf Meter entfernt verführerisch duftete. Sein Magen war ein bestechliches Organ.
Hauptkommissarin Karin Krafft und Kommissar Gero von Aha hockten vor der digitalen Infowand. Ihre Augen glitten über diverse Fotos, selbst die letzten von ihrer gemeinsamen Tatortbegehung hatten sie schon eingespeist, während ihre Hände warme Kaffeebecher umklammerten. Trotz des dicken Schals erschauerte Karin Krafft.
»Verdammt kalt hier. Gibt es draußen einen Temperatursturz, oder was ist los?«
»Ich habe vorhin schon beim Hausmeister angeklingelt, weil die Heizkörper nicht richtig warm werden. Es sei ein allgemeines Problem mit dem Haupthaus nebenan, sagt er. Da sind Teilarbeitsbereiche der Stadt ausgezogen, es steht leer und wird entsprechend wenig beheizt. An uns hat man nicht gedacht. Er schaut, was er machen kann.«
»Das kann ja heiter werden, die haben knackige Minusgrade angekündigt.«
Von Aha rieb sich den wetterfühligen linken Arm. »Ich spür die Kälte in jedem einzelnen Nervenstrang. Ich werde mir Wollstulpen stricken lassen, wenn sich das nicht bald gibt. Das ist total unangenehm, das kannst du mir glauben.«
Und sofort entschuldigte er sich für das »Du«; sie beide waren sich von Anfang an mit Distanz begegnet und hatten sich darauf geeinigt, beim »Sie« zu bleiben.
Karin blickte nach einem vollmundigen Schluck Kaffee auf. »Von mir aus können wir es noch einmal mit dem Du versuchen. Schon allein der Kaffee ist Grund genug, dir einen Extrabonus zu geben.« Sie hielt ihm den Becher entgegen. »Dies hier ist bei Weitem das Beste, was ich seit Langem in der Tasse hatte. Also, Karin.«
Sie streckte ihm förmlich die Hand entgegen, er schlug ein. »Einverstanden. Gero.«
Sie widmeten sich wieder der Infowand.
»Deine Meinung zu dem Brand? Du hast die Ruine vorhin gesehen. Da stehen nur noch die Grundmauern.«
»Ja, und im Inneren gibt es ein paar Fragmente der stabilsten Möbelstücke, ich weiß. Der Kollege Paspale ging ja schon bei der ersten Inaugenscheinnahme von Brandstiftung aus, und die Vermutungen
Weitere Kostenlose Bücher