Die Spinne - Niederrhein-Krimi
Grönemeyer und stapfte aus der Hintertür zurück in den Garten.
»Der Heierbeck soll sich das noch einmal vornehmen und vergleichende Fotos machen, dann können wir definitiv die Veränderungen erkennen.«
Karin telefonierte bereits, während Burmeester die Hausfassade vom Garten aus betrachtete. Unvorstellbar, dass solche Häuser wieder bewohnbar gemacht werden könnten. Da muss doch jegliches gute Karma entwichen sein, dachte er, als ihm das Zeichen an der Garagenwand auffiel. Eine ungelenke Zeichnung. Ein Oval mit Strahlen, nein, die hatten einen Knick, die Striche ähnelten eher Insektenbeinen. Mit einer Sprühflasche hatte jemand eine Art Spinne auf die Garagenwand gesprüht. Karin Krafft fand Burmeester in die Betrachtung versunken. Er fischte sein Handy aus der Tasche und machte mehrere Fotos.
»Wir sollten auch nachhorchen, ob diese Zeichnung gestern schon hier gewesen ist.«
Karin nickte. »Ganz bestimmt, ich habe Heierbeck ja selber darauf aufmerksam gemacht, er hat alles festgehalten. Was triggert dich gerade hier an? Geh mal zurück in die Rolle des Einbrechers, was passiert da gerade mit dir?«
»Ich kenne das Zeichen, ich habe es schon mal gesehen. Woanders. Es sagt mir, dass ich hier richtig bin.«
»Der Einbrecher hat es nicht selbst dahin gesprüht?«
Burmeester schüttelte wild den Kopf. »Nein, nein, der wollte nur etwas holen, vielleicht sogar etwas, das ihm gehörte. Der hatte keine Sprühflasche mit, viel zu viel Gepäck für einen Einbrecher.«
Sie gingen zum Auto.
»Wir fahren zu Frank Fortmann. Der muss sich einfach erinnern, der weiß, was er unter dem Schreibtisch gelagert hatte. Und somit kann er uns auch sagen, wer ein gesteigertes Interesse daran hatte.«
»Sollen wir nicht auf Heierbeck warten?«
Karin saß bereits hinter dem Steuer. »Der ist schon groß, der weiß, was er zu machen hat. Los, steig ein, vielleicht bleibt noch Zeit für ’ne Currywurst. In Bochum.«
* * *
Sie musste die Neuigkeiten unbedingt sofort erzählen. Johanna Krafft nahm sich nicht die Zeit, ihre Jacke auszuziehen, sie stapfte mit ihren gefütterten Lederstiefeln geradewegs in das Wohnzimmer, in dem Henner mit einem Kreuzworträtsel an dem kleinen Tischchen vor dem Terrassenfenster saß.
»Stell dir vor, ich habe sie wiedergesehen, und ich werde ihnen ab jetzt regelmäßig begegnen. Ist das nicht wunderbar? Ich habe mir die halbe Nacht Gedanken darüber gemacht, wie ich den Kontakt vorsichtig aufrechterhalten kann, und dann so eine Überraschung, ich bin völlig aus dem Häuschen.«
Henner nahm seine Lesebrille ab und legte den Stift zur Seite. »Das merke ich, so aufgeregt habe ich dich selten gesehen. Wenn ich nur wüsste, wovon du sprichst, dann könnte ich mich mit dir freuen. Also, was ist passiert?«
Sie pellte sich aus Handschuhen und Wollmantel, streifte sich die braunen Stiefel von den Füßen. Mit dem Schal in den Händen setzte sie sich zu dem Mann mit dem grauen Bart.
»Die Kinder, Linus und Lucius Fortmann, die beiden gehen in den Kindergarten, in dem ich als Lese-Oma tätig bin. Sie sind in der Gruppe von Anna, der netten Heilpädagogin, die mich am liebsten jeden Nachmittag einsetzen würde. Sie sagt immer, die Kinder hängen mit rosigen Wangen an meinen Lippen. Ich hab mich so gefreut, als ich sie sah, und ich glaube, die beiden haben mich wiedererkannt. Jedenfalls rückte mir der Kleinere nicht von der Seite. Immer wieder musste ich ihm das Bilderbuch ›Franziska und die Wölfe‹ zeigen und vorlesen.«
»Klingt interessant, ist das eine reale Geschichte?«
»Was du immer denkst. Nein, natürlich nicht.«
Henner hob beschwichtigend die Hände. »Ich habe doch keine Ahnung davon, was man Kindern heutzutage vorliest. Zu meiner Zeit war das ganz einfach, es gab zwei verschiedene Märchenbücher und die Bibel. Ein Mädchen unter Wölfen, undenkbar als Kinderlektüre.«
»Es ist ein Buch über Mut und Phantasie. Das Mädchen verläuft sich und nimmt Kontakt zu den Wölfen im Wald auf. Sie spielt mit ihnen, und letztlich schlafen alle gemeinsam im Unterholz. An der Stelle blieb der Junge immer hängen, bei dem Bild, wie es Nacht wurde im Wald und nur noch die Augen der Wölfe leuchteten.«
»Wölfe gibt es also nicht nur bei Grimms Märchen, sondern auch in merkwürdigen Bilderbüchern.«
»Nichts ist da merkwürdig, das ist auch eine Art Märchen. Aber, sag, ist das nicht ein toller Zufall?«
»Stimmt, du musst dir keine Gedanken mehr machen und kannst sie mehrmals die
Weitere Kostenlose Bücher