Die Spitze des Eichbergs
Mannschaft 1930 der Fall war - erschien der zweite Schalker Kassierer Wilhelm Nlttka am 21.9.1961 mit der Abrechnung des Spiels gegen Hamborn 07 beim Gelsenkirchener Stadtdirektor Hülsmann und erklärte, dass Schalke 04 laufend Steuergelder unterschlagen habe und auch sonst nicht seinen öffentlichen Verpflichtungen nachgekommen wäre. Alle Vergehen seien durch Dr. König gedeckt worden. Zunächst gab Nittka an, »die Last der Lüge nicht längertragen zu können«. Obwohl Nittka seine Behauptungen am nächsten Tag schriftlich zurücknahm, blieb Oberstadtdirektor Hülsmann nichts anderes übrig, als den Fall der Essener Staatsanwaltschaft zu übergeben.
Im Dezember 1961 begann die Steuerfahndung zu ermitteln. Und im Laufe der Zeit kam heraus, dass Dr. König und der erste Schalker Kassierer Asbeck spätestens seit 1959 aus einer schwarzen Kasse 42.900 Mark Prämie, 71.500 Mark Handgelder und Möbelrechnungen in Höhe von 36.300 Mark gezahlt hatten. Das Geld war u.a. durch nicht abgerechnete Eintrittskarten und mit Hilfe von »Stundung« der Vergnügungssteuer durch die Stadt »zusammengespart« worden.
Weil die Stadt diese Manipulation an der Vergnügungssteuer gedeckt hatte, wurden Dr. König und der zuständige Finanzbeamte Wiescherhoff, der noch nie ein Fußballspiel gesehen hatte, vom Dienst suspendiert. Die Verpflichtungen von Schulz und Co. wären ohne diese unerlaubten und unversteuerten Handgelder nicht möglich gewesen. Und auch Handgelder mussten sein, »sonst hätt en wir keine Spieler mehr auf den Platz locken können«, gestand Asbeck.
Opfer von Intrigen: Dr. Georg König
DER PROZESS
Das anschließende Gerichtsverfahren schlug wie eine Bombe ein. Die Denunzianten wussten genau, dass König, um Schalke wieder auf normale Bahnen zu bringen, Kopf und Kragen riskiert hatte. Im übrigen Fußball-Deutschland bekam man etwas kalte Füße, da alle anderen Vereine ihre schwarzen Kassen genauso gefüllt hatten wie Schalke: nicht abgerechnete Eintrittskarten, übertünchte Ausgaben, falsche Belege und Steuerhinterziehung. Etwas anderes blieb den Vereinen auch gar nicht übrig, wenn sie oben mitspielen wollten. Man staunte aber, dass beim berühmten Schalke 04 eine solche Niedertracht Innerhalb des Vorstands möglich war, und vor allem wunderte man sich, wie Vorstandsmitglieder so dumm sein konnten, die schwarze Kasse der Staatsanwaltschaft auf dem Präsentierteller zu servieren.
Der Prozess überschattete den Einzug Schalkes in die Bundesliga. Es dauerte über zwei Jahre, bis die Verhandlung in Essen stattfand. Die Anklage warf sechs Schalker Vorstandsmitgliedern und dem städtischen Steueramtsleiter Wiescherhoff Steuerhinterziehung, Betrug, Urkundenfälschung und Untreue im Amt vor. Eine respektable Liste, wobei allerdings den Angeklagten bescheinigt wurde, für sich selbst keinen Pfennig veruntreut zu haben. Alles geschah, um Schalke zu helfen. Im Prozess sagte Nittka dann aus, doch nicht wegen seiner Gewissensbisse ausgepackt zu haben. Vielmehr behauptete er, von seinem ehemaligen Vorstandskollegen und Schlachterbedarf-Groß-händler Karl Stutte, Vereinsarzt Dr. Weiler und einem Parteigenossen Königs, Rübenstrunk, dazu erpresst worden zu sein. Spielobmann Stutte habe sich über König geärgert, weil er seinem Schwiegersohn Otto Laszig keinen neuen Spielervertrag gegeben habe. Der damalige Landtagsabgeordnete Rübenstrunk wäre selbst zu gern Vorsitzender von Schalke geworden, weil er damit im Landtag besonderes Gewicht bekommen hätte, und Weiler war wütend, weil König seine finanziellen Bezüge kürzen wollte. Nittka selbst wollte sich rächen, weil ihm als ersten Schatzmeister Hans Asbeck vor die Nase gesetzt worden sei.
König konnte vor Gericht geltend machen, dass er von vielen Manipulationen nicht unterrichtet war, was auch nachweislich stimmte. Nach allen Entlastungen zugunsten von König fiel das Urteil auch einigermaßen milde aus. Er wurde zu einer Geldstrafe von 3.400 Mark verurteilt, Asbeck zu 2.000 Mark und Nittka, der den Stein ins Rollen gebracht hatte, zu 200 Mark. Nach dem Urteil erhielten die Angeklagten Blumen vom Oberbürgermeister. Die »Zeit« resümierte nach dem Urteilsspruch: »Niemand hätte auch nach dem Prozess an der Ausstrahlung des Goodwill gezweifelt, wären nur Steuerhinterziehung und Kartenabschöpfung zur Sprache gekommen. Selbst die Untreue im Amt, die das Gericht den Beamten Wiescherhoff und König vorgeworfen hat, wäre an Theken und Tresen als Kavaliersdelikt
Weitere Kostenlose Bücher