Die Spitze des Eichbergs
behauptet, Bielefeld habe die beiden lebenswichtigen Punkte am 17. April 1971 mit 40.000 Mark erkauft. Auf diese Behauptung antworteten acht Schalker Spieler mit einer Unterlassungsklage. Schlüsselfiguren des ersten Beweistermins waren die früheren Schalker Spieler Waldemar Slomiany (nun Arminia Bielefeld), Klaus Senger (nun Fortuna Düsseldorf) sowie der ehemalige Arminia-Funktionär Franz Greif. Greif behauptete, er persönlich habe Slomiany eine Stunde vor Spielbeginn die 40.000 Mark in einem Umschlag übergeben. Nach einigem Zögern erklärte er sich schließlich bereit, diese Aussage zu beeiden. Slomiany allerdings blieb bei seiner Aussage: »Ich habe kein Geld bekommen, nichts bekommen, auch keinen Brief.« Klaus Senger, der das Geld von Slomiany zur Verteilung an seine Mannschaftskameraden erhalten haben soll, blieb ebenfalls bei seiner Aussage: »Mit mir ist darüber nicht gesprochen worden. Ich habe auch keinen Briefumschlag bekommen.« Einer sagte die Unwahrheit, und so kommentierte der Gerichtsvorsitzende: »Die Wahrheit ist schon eine schwere Sache.« Man vertagte sich auf Mitte März und nahm Slomiany aufgrund des Schwurs von Franz Greif in eine Vorsperre.
Gegen den Hamburger SV gewann man das nächste Heimspiel in einer wahren Schlammschlacht mit 3:0. Mann des Tages war Klaus Scheer, der zwei Tore zum Sieg beitrug. In Schalke schien die Welt wieder in Ordnung zu sein. Die Fastnacht stand vor der Tür und Schalke musste gleich gegen zwei Karnevalsvereine antreten: Im DFB-Pokal zog man gegen Fortuna Düsseldorf ins Viertelfinale ein (1:1 und 2:1), und beim 1. FC Köln gab es den ersten Bundesligasieg überhaupt. Am nächsten Tag fuhren Günter Siebert, Heinz Aldenhoven und Ernst Kuzor-ra gemeinsam nach Frankfurt. Dort wurde das Urteil gegen Arminia Bielefeld mit Spannung erwartet. Bielefeld wurde wegen unsportlichen Verhaltens in fünf Fällen die Lizenz entzogen und die Rückversetzung in die Regionalliga (und dort zehn Punkte Abzug) verfügt. Ein harter Schlag.
BERG UND TAL MIT S04
Schalke sollte es egal sein. Nächstes Heimspiel, nächster Sieg. 2:0 gegen Eintracht Frankfurt, da platzte die nächste Bombe: Waldemar Slomiany, der mittlerweile selbst bei Bielefeld spielte, gab auf einmal zu, tatsächlich doch die 40.000 Mark erhalten zu haben. Nun ging alles drunter und drüber. Schalkes Rechtsanwalt Walter Beckerzog unerwartet die Klage gegen Jürgen Neumann zurück. Anscheinend wollte er Slomiany vor einem Meineid bewahren. Dennoch wussten vier der acht klagenden Spieler vorerst nichts davon, dass Becker die Klage zurückgenommen hatte. Stan Libuda meinte: »Die Rücknahme unserer Klage hat uns unser Anwalt empfohlen.« Auf die Frage, was man mit der ganzen Angelegenheit bezwecken wollte, antwortete er nur mit einem Schweigen. Den Grund des Schalker Umfallers sah Schatzmeister Aldenhoven »rein sportlich«: »Die Spieler wollten ihren alten Mannschaftskollegen eben nicht bloßstellen.«
Neulich vor Gericht: Stan Libuda, Rolf Rüssmann und Klaus Fischer
Immerhin: Waldemar Slomiany beharrte vorerst auf seiner neuen Darstellung, wonach er die 40.000 Mark Schmiergeld zwar vom damaligen Bielefelder Mannschaftsbetreuer Franz Greif erhalten, dann aber in die eigene Tasche gesteckt habe. Vor dem Essener Landgericht war er vorher noch zum Eid bereit, dass er nie das Geld empfangen habe. Ihm drohten nun Anklage wegen falscher Aussage und Unterschlagung. Merkwürdig erschien dies alles auch Chefankläger Kindermann: »Da soll uns ein Buhmann präsentiert werden. Wir vom Kontrollausschuss sind nicht bereit, den Beteiligten das abzunehmen.« Rechtsanwalt Becker hatte mit seinem Klagerückzug schlafende Hunde geweckt.
Eigentlich unglaublich, wie sich die Spieler ob solchen Wirbels überhaupt noch auf den Fußball konzentrieren konnten. Den BVB fertigte man noch mit 3:0 ab, in Bremen (0:2) hielten die Nerven nicht stand und gegen Düsseldorf gewann man zwar mit 3:0, jeder andere Gegner hätte an diesem Tag aber wohl Schalke von der Tabellenspitze gefegt.
23. SIPPENHAFT FÜR SCHALKE
Der DFB reagierte so, wie man es kennt: konfus. Ohne stichhaltige Beweise fiel ihm nichts anderes ein, als die Schalker Spieler Rüssmann, Libuda, Fichtel, Lütkebohmert und Nigbur aus der Nationalmannschaft auszuschließen. Dieter Burdenski, der beim besagten Spiel gegen Bielefeld den Schalker Kasten hütete, durfte aber Immer noch in der DFB-Junioren-Auswahl mitspielen. Rolf Rüssmann entrüstet: »Ich bin erschüttert. Ich
Weitere Kostenlose Bücher