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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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wiederkommen. Oder morgen. Sie sind doch Carsten Kluncker, oder? – Oder nicht?»
    Die Frau zaubert ihre Arme hinter dem Rücken hervor und verschränkt sie vor dem Bauch. Ein Bein ist durchgedrückt, das andere leicht angewinkelt. Es ist ein entzückender Anblick. Carsten mobilisiert seine letzten geistigen Kräfte für eine Antwort.
    «Äh, ja …» Mangels sprachlicher Alternativen tritt er zur Seite und macht mit den Armen eine rudernde Bewegung in Richtung Hütteninneres.
    «Schicker Hut übrigens.»
    Noch bevor Carsten eine Warnung aussprechen kann, ist sie vorbei. Carsten atmet wieder aus und hastet hinterher. Seine spontane Sorge erweist sich allerdings als unbegründet, denn als er sein kleines Reich betritt, sieht er Helmut nicht – wie insgeheim befürchtet – fauchend und in einem See von Blut über seinem hübschen Gast stehen; vielmehr ist der Kater dabei, sich wohlig an den Beinen der Frau zu reiben. Dabei macht er Geräusche, die einem startenden Notstromaggregat nicht unähnlich sind. Erst beim zweiten Hinhören erkennt Carsten, um was es sich handelt. Der Kater schnurrt .
    Carstens unvorhergesehener Besuch weiß den Ausdruck in seinem Gesicht richtig zu deuten.
    «Keine Sorge. Helmut und ich sind alte Freunde. – Das ist übrigens auch der Grund meines Besuches, Herr Kluncker.»
    «Carsten», antwortet Carsten mühsam. «Carsten reicht.»
    «Mandy.» Sein Gegenüber reicht ihm eine zierliche, braun gebrannte Hand. «Mandy Brenning. Freut mich.»
    Carsten schluckt trocken.
    «Setz dich doch. Äh, kann ich dir was anbieten? Kaffee-Ersatz?»
    «Mhmm, ich nehm ein Bier, wenn du hast.»
    Mandy lässt sich auf das Polster von Carstens Sofa plumpsen. Helmut springt sofort auf ihre Oberschenkel und beginnt, sie mit dem ausladenden Kopf anzuknuffen. Mandy kratzt vorsichtig eine Stelle, die den gedachten Mittelpunkt des Dreiecks von Nasenrücken und den zwei ausgefransten Ohren bildet. Das schnarrende Geräusch, das irgendwo aus Helmuts mächtigem Brustkorb kommt, wird lauter.
    Kurz darauf stellt Carsten ein Bier vor Mandy auf den Tisch, wobei er sorgfältig darauf achtet, nicht in den Aktionsradius von Helmuts Vorderpfoten zu kommen. Er hat sich ein T-Shirt übergezogen und den Turbanersatz diskret in der Dusche entsorgt. Zwischen den Zotteln leuchten weiße Schauminseln.
    «Wann hat Helmut das denn gelernt? Höre ich zum ersten Mal.»
    «Oh, Helmut ist nicht nur prächtig gebaut, er kann auch ein echter Gentleman sein. – Du bist übrigens auch nicht von schlechten Eltern, wenn ich das sagen darf.» Sie macht die Muskelmannprotzgeste und bläst die Backen auf. Dann schnuppert sie kurz in die Richtung von Carstens nassen Zotteln und verzieht das Gesicht. «Wollen mal hoffen, dass die ganze Kraft nicht zweckentfremdet wird.» Dann schnappt sie sich das Bier, prostet ihm zu und lässt den Inhalt verschwinden.
    Carsten nimmt ebenfalls einen vorsichtigen Schluck.
    «Wo hast du Helmut denn kennengelernt?»
    Mandy hebt die Hand und schüttelt das leere Glas.
    «Woher ich Helmut kenne?», Mandy zaubert ein Erste-Klasse-Lächeln auf ihre Lippen, «Oh, das ist eine lange, lange Geschichte.»

xiii Große späte Liebe
    Carsten hockt – wie sollte es auch anders sein – mit seinem einhalbeiigen Zwilling Horst in seiner Hütte und entfernt Bier aus dem Wirtschaftskreislauf. Es handelt sich um die kleine Nachfeier von Carstens Geburtstag, denn Horst musste sich um einen medizinischen Notfall in der Nachbarschaft kümmern und konnte nicht kommen.
    Entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten ist Carsten geradezu hochglanzpoliert: Die Haare sind frisch gewaschen, das T-Shirt hat keine Löcher und die kurze Armeehose kommt in der Disziplin «Erhaltungszustand» mindestens auf die Note drei. Horst, der wie immer aussieht wie ein Krankenwagen auf Beinen, beäugt ihn misstrauisch.
    «Jetzt sag schon. Was ist los?»
    «Was soll los sein?»
    «Komm mir nicht so. Irgendetwas ist im Busch. Das sehe ich doch.»
    «Was meinst du damit?»
    «Na ja, du siehst so … Bist du auf deine alten Tage schwul geworden?»
    Carsten zieht die Augenbrauen hoch.
    «Schwul? Du hast sie doch nicht alle. Ich bin Gärtner, kein Friseur!»
    Nach einer weiteren längeren Trinkpause unternimmt Horst einen erneuten Anlauf.
    «Es ist doch nichts Ernstes, oder? Irgendetwas Organisches? Aber das wüsste ich doch bestimmt?»
    Carsten rührt mit seinem rechten Zeigefinger in dem vor ihm stehenden Bierkrug. Ein bei dem momentan hervorragenden Pflegezustand

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