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Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
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Larsson und die Trashkickfilme verantwortlich waren.
    »Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass er ansprechbar ist«, meinte die Ärztin.
    Sie hatte recht, das war er nicht. Klinga setzte sich auf Ovettes Stuhl neben dem Bett. Forss stellte sich auf die andere Seite. Ackes Augen waren geschlossen.
    »Acke.«
    Klinga versuchte, Kontakt zu Acke aufzunehmen, aber er rührte sich nicht. Forss sah die Ärztin an und zeigte mit dem Finger auf die Bettkante. Die Ärztin nickte, woraufhin er vorsichtig auf dem Bett Platz nahm und Acke ansah. Verprügelte Nordschweden und erschlagene Penner weckten nicht so leicht sein Mitgefühl, aber das hier war etwas anderes. Ein kleiner Junge. Zusammengeschlagen und in einen Müllcontainer geworfen. Forss ertappte sich dabei, eine Hand auf die Decke über Ackes Bein zu legen. Klinga beobachtete es verstohlen.
    »Zum Kotzen«, sagte Forss eher zu sich selbst.
    Die beiden Polizisten gingen in den Flur hinaus. Die Ärztin blieb bei Acke.
    Forss blieb vor der Tür stehen, atmete tief durch und schaute in die andere Richtung zu einem Balkon mit einer Glastür, hinter der Ovette stand, rauchte und den Flur hinabsah. Forss stutzte für den Bruchteil einer Sekunde, irgendetwas huschte vorbei. Dann drehte er sich um und entfernte sich in die entgegengesetzte Richtung.
    Für Ovette war es nicht nur etwas Flüchtiges. Ihre Augen folgten seinem Rücken, bis er verschwand.
    Sie wusste ganz genau, wer er war.
    *
    Abbas und Stilton sprachen auf dem Weg in die Wohnung in der Dalagatan kaum ein Wort miteinander. Sie waren keine Männer, die Konversation machten, sondern beide recht verschlossene Menschen. Aber sie hatten eine gemeinsame Vergangenheit und Gegenwart, und zwischen diesen Polen war die Balance zwischen ihnen schwierig gewesen. Abbas hatte mit beiden Beinen im Leben gestanden, als Stilton fiel und ihre Rollen vertauscht wurden, was für keinen von ihnen ein leichter Rollenwechsel gewesen war. Stilton war Abbas, einem der wenigen Menschen, denen er unter normalen Umständen blind vertraute, tunlichst aus dem Weg gegangen. Als sich die Umstände zu Stiltons Nachteil verändert hatten, hatte er es nicht mehr ertragen, Abbas zu begegnen. Er hatte gewusst, was Abbas sah, und das war für Stilton zu demütigend gewesen.
    Abbas hatte das nicht so empfunden.
    Seine Persönlichkeit war weitaus vielschichtiger, als Stilton ahnte, und in einer dieser Schichten lag eine bedingungslose Solidarität verankert, die Stilton galt. Abbas war über Stiltons Lage im Steinslum fast immer bestens informiert gewesen, und als Stilton während seiner schlimmsten Phase zwei Mal akut selbstmordgefährdet gewesen war, hatte Abbas ihn aufgefangen, ihn der richtigen Hilfe zugeführt und sich anschließend diskret zurückgezogen, um Stilton nicht in Verlegenheit zu bringen.
    Das war Stilton sehr wohl bewusst.
    Deshalb machten die beiden Männer nicht viele Worte. Sie wussten Bescheid. Stilton ließ sich in einen der Holzsessel fallen, und Abbas legte eine CD auf und holte ein Backgammonspiel heraus.
    »Hast du Lust?«
    »Nein.«
    Abbas nickte und legte das Spiel wieder weg. Er setzte sich in den Sessel neben Stilton und überließ alles der Musik. Lange lauschten sie den schönen, spröden Klängen. Ein einsames Klavier, eine Bratsche, ein paar schlichte Phrasen, die sich ineinanderschlangen, wiederholt und variiert wurden. Stilton drehte sich zu Abbas um.
    »Was ist das für eine Musik?«
    »Das Stück heißt Spiegel im Spiegel .«
    »Aha?«
    »Es ist von Arvo Pärt.«
    Stilton warf einen Blick auf Abbas. Er hatte ihn wirklich vermisst.
    »In Costa Rica sind Messer zum Einsatz gekommen?«, fragte er.
    »Ja.«
    Abbas betrachtete seine feingliedrigen Hände. Stilton setzte sich ein wenig auf.
    »Ronny hat mir vor ein paar Tagen ein Buch für dich mitgegeben.«
    Stilton zog den schmalen Band aus dem Antiquariat heraus und überreichte ihn Abbas. Glücklicherweise hatte er das Büchlein in die Gesäßtasche seiner Hose gesteckt, denn sein Mantel war im Wohnwagen verbrannt.
    »Danke«, sagte Abbas. »Oh!«
    »Was ist das für ein Buch?«
    »Das ist … danach habe ich wirklich lange gesucht. Die Erinnerung der Freunde , in Hermelins Übersetzung.«
    Stilton sah, wie Abbas behutsam über den weichen Umschlag des dünnen Büchleins strich, als würde er eine schlafende Frau liebkosen, und es anschließend öffnete.
    »Worum geht es in dem Buch?«, fragte Stilton.
    »Um die Welt der Sufis … die hinter der nächsten

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