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Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
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mit einer angenehm lauen Brise, die über den Adolf-Fredrik-Friedhof wehte und die Blumen auf den Gräbern schwanken ließ. Hier war es, zumindest an manchen Stellen, etwas finsterer. Palmes Grab lag halb im Dunkeln. Von der Straße aus waren die vier Personen, die sich dort trafen, kaum zu erkennen.
    Zwei von ihnen waren Bertil Magnuson und Nils Wendt.
    Die beiden anderen waren auf Vermittlung K. Sedovics hinzugerufen worden, den Bertil Magnuson immer dann anrief, wenn Drecksarbeit erledigt werden musste. Er nahm an, dass dies eventuell nötig sein würde.
    Davon ging auch Nils Wendt aus.
    Er wusste, dass Bertil zu einem solchen Treffen niemals ohne Rückendeckung erscheinen würde. Deshalb hatte er sich nicht über die beiden zusätzlichen Männer gewundert und auch nicht, als Bertil ihm freundlich mitteilte, seine beiden »Berater« wollten überprüfen, ob Wendt ein Aufnahmegerät bei sich trüge.
    »Du kannst dir ja vielleicht denken, warum.«
    Das konnte Wendt und ließ die Berater ihre Arbeit tun. Diesmal hatte er keinen Rekorder dabei. Dagegen trug er eine Kassette mit der Aufnahme des Gesprächs bei sich, die einer der Gorillas Bertil Magnuson übergab. Er hielt sie vor Wendt hoch.
    »Unsere Unterhaltung?«
    »Ja. Besser gesagt eine Kopie der Aufnahme. Hör sie dir bei Gelegenheit mal an«, antwortete Wendt.
    Bertil Magnuson betrachtete die Kassette.
    »Ist der Rest des Gesprächs auch auf dem Band?«
    »Ja, das ganze.«
    »Und wo befindet sich das Original?«
    »An einem Ort, an dem ich spätestens am ersten Juli zurückerwartet werde. Komme ich bis dahin nicht zurück, wird das Gespräch der Polizei übergeben.«
    Bertil Magnuson lächelte schwach.
    »Eine Lebensversicherung?«
    »Ja.«
    Der Industrielle ließ den Blick über den Friedhof schweifen und gab seinen Beratern mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie sich ein wenig zurückziehen konnten. Wendt musterte Bertil Magnuson, dem sicher klar war, dass auch er ein Mensch war, der nie etwas dem Zufall überließ. Früher war das die Basis ihrer geschäftlichen Zusammenarbeit gewesen. Bertil Magnuson hatte gelegentlich improvisiert, Wendt nie. Er hatte in jeder Situation alle Eventualitäten bedacht. Wenn er nun also behauptete, das Original befinde sich an einem unbekannten Ort und werde nach dem ersten Juli der Polizei zugespielt werden, falls er nicht auftauchen sollte, dann stimmte das auch.
    Davon würde Bertil Magnuson ausgehen. Was er auch tat. Er wandte sich wieder Wendt zu.
    »Du bist alt geworden«, sagte er.
    »Du auch.«
    »Einer für alle, erinnerst du dich?«
    »Ja.«
    »Wo ist uns das abhandengekommen?«
    »In Zaire«, antwortete Wendt.
    »Und nicht nur das. Du bist mit fast zwei Millionen abgehauen.«
    »Warst du überrascht?«
    »Ich war stinksauer.«
    »Das kann ich verstehen. Bist du eigentlich noch mit Linn verheiratet?«
    »Ja.«
    »Weiß sie hiervon?«
    »Nein.«
    Die beiden Männer sahen sich an. Bertil Magnuson drehte sich zum Friedhof. Die laue Abendbrise wehte zwischen den Grabsteinen heran. Wendts Augen waren fest auf sein Gesicht gerichtet.
    »Hast du Kinder?«, fragte er.
    »Nein. Du?«
    Hätten sie an einer weniger dunklen Stelle gestanden, hätte Bertil Magnuson vielleicht das kurze Zucken in Wendts Lidern bemerkt, aber so entging es ihm.
    »Nein, ich habe keine Kinder.«
    Es entstand eine kurze Pause. Bertil Magnuson schaute verstohlen zu seinen Beratern hinüber. Ihm war immer noch nicht klar, was hier eigentlich vorging. Worauf wollte Wendt hinaus?
    »Also schön, was willst du?«, sagte er und wandte sich wieder Wendt zu.
    »Innerhalb von drei Tagen wirst du eine Pressemitteilung veröffentlichen, in der du erklärst, dass die MWM mit sofortiger Wirkung den Abbau von Coltan im Kongo einstellt. Außerdem werdet ihr alle Einwohner im Gebiet von Walikale, die unter eurer Ausbeutung der Bodenschätze gelitten haben, finanziell entschädigen.«
    Bertil Magnuson betrachtete Wendt. Für einen kurzen Moment schoss ihm durch den Kopf, dass er es mit einem Geisteskranken zu tun hatte. Aber das stimmte nicht. Wendt war auf jeden Fall krank, aber nicht geisteskrank. Nur völlig verrückt.
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Ist es meine Art, Witze zu machen?«
    Nein, Nils Wendt machte niemals Witze. Er war einer der nüchternsten Menschen, denen Bertil Magnuson jemals begegnet war, und obwohl viele Jahre vergangen waren, seit sie sich näher gekannt hatten, sah er doch Wendts Augen und Gesicht an, dass er mit den Jahren nicht

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