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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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schnell und unbehelligt ans Ziel zu kommen. Erst kurz vor Braunschweig würde er sein Aussehen wieder verändern.
    Da er die Pferde wechseln konnte, wenn das Tier ermüdete, das ihn trug, gönnte er sich nur dann eine Rast, wenn die Hengste fressen mussten. Einen Sack Hafer hatte er noch vor dem Aufbruch gekauft.
    Während er die Tiere Richtung Harz trieb und Meile um Meile hinter sich ließ, kreisten seine Gedanken mehr und mehr um den Verrat, der fast alle seine Freunde und Kampfgefährten das Leben gekostet hatte. Die Angreifer hatten genau gewusst, dassder Silberschatz des Kaisers weder von Raimunds noch von Arnulfs Trupp befördert wurde. Dass Randolf oder einer seiner Verbündeten dahintersteckte, daran gab es für ihn keinen Zweifel. Doch er brauchte einen Beweis. Und was, um alles in der Welt, wollte jemand in Braunschweig mit Christian als Gefangenem?
     
    Nur noch dreizehn Tage bis zum Ablauf der Frist, rechnete Lukas besorgt, als er die Stadt des Löwen erreichte. Eine Unglückszahl. Wenn sich Otto nicht dazu überreden lässt, die Hochzeit zu verschieben, dann würde Marthe in zwei Wochen schon Ekkeharts Frau sein.
    Der Gedanke daran verdüsterte sein derzeit ohnehin finsteres Gemüt von Tag zu Tag mehr. Ihm blieben kaum mehr als zwei oder drei Tage, Christian ausfindig zu machen und seine Flucht zu bewerkstelligen.
    Als er die Stadttore passierte, begann es bereits zu dämmern.
    Lukas hatte beschlossen, sich an diesem Abend noch als Ritter zu erkennen zu geben. So würde ihm niemand Fragen stellen, wenn er zwei Pferde mit sich führte und beim Geldwechsler eine größere Menge Eisenacher Pfennige gegen hiesige eintauschte. Um Anstellung nachsuchen konnte er ohnehin erst am nächsten Morgen.
    Die Stadt war riesig – angeblich die bedeutendste Stadt im Norden des Kaiserreiches, hatte er gehört – und voller Menschen, die geschäftig durch die engen, verwinkelten Gassen liefen. Die Straßen waren wie in jeder anderen Stadt auch mit Unrat übersät, der Gestank der Kloaken drang in der Hitze des Sommers aus den Hinterhöfen bis in die Gassen und vermischte sich dort mit dem beißenden Geruch der Abfälle, die aus den Häusern geschüttet worden waren.
    Doch Braunschweig war unverkennbar eine sehr wohlhabendeStadt, davon kündeten allein schon die vielen Kirchen. Kein Wunder, dass die Braunschweiger ebenso wie die Lübecker fest zum Löwen stehen, der sich sonst fast überall im Land nur Feinde gemacht hat, dachte Lukas angesichts der prächtigen Häuser. Er hat ihre Städte zum Blühen gebracht.
    Indem Heinrich die Burg Dankwarderode – die bezeichnenderweise nach dem Beispiel der Königspfalzen erbaut worden und prächtiger als jede Pfalz war, die Kaiser Friedrich je hatte errichten lassen – zu seinem ständigen Sitz machte, brachte er neuen Aufschwung für Fernhändler, geschickte Handwerker und Kaufleute. Der Löwe hatte die Stadt sogar noch um einen ganzen Bezirk erweitert, den Hagen. Er hatte flämische Siedler kommen lassen, die den Wald nordöstlich der Burg rodeten, und dort Handwerker aus dem ganzen Land angesiedelt.
    Ja, die Braunschweiger profitierten unübersehbar von Heinrichs Machtanspruch und seiner aufwendigen Hofhaltung.
    Und der Löwe gewann durch das Wachstum der Städte, erkannte Lukas, während er seine Pferde über steingeschotterte Wege durch das Wohnquartier der wohlhabendsten Bürger lenkte. Hier standen Häuser mit mehreren Stockwerken und reichverziertem Fachwerk, einige sogar aus Stein. Sie drängten sich nicht dicht an dicht und schief aneinander wie die Katen der kleinen Handwerker, sondern waren auf großzügig angelegten Grundstücken erbaut, mit eigenen Beeten, Brunnen und Ställen.
    Vielleicht lag in den Städten die Zukunft? Christian zumindest schien davon überzeugt zu sein.
    Einem Straßenjungen, dessen gewitzter Gesichtsausdruck, unter unzähligen Schichten Schmutz verborgen, Lukas an Peter erinnerte, versprach er einen Hälfling, wenn er ihn zum Geldwechsler führte und dort auf seine Pferde aufpasste. Der Burschewilligte sofort in das Geschäft ein. Die Pferde zu stehlen würde ihm ohnehin nur den Strick einbringen.
    Da Lukas genug Eisenacher Pfennige eingetauscht hatte, konnte er diese vorlegen statt der Meißner, so dass niemand seine wahre Herkunft zu erraten vermochte.
    Nachdem er bei dem Geldwechsler – ein Jude, da fromme Christen diese Arbeit nicht ausüben durften – sein Geld eingetauscht und den Jungen entlohnt hatte, suchte Lukas die größte und

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