Die Spur der Hebamme
Rechenschaft über meine Verdauung schulde!«
»Natürlich nicht, Fürstin«, hauchte Richenza respektvoll und verneigte sich.
Sie sah der Markgräfin nach, bis sie in der Halle verschwunden war, dann überlegte sie kurz, in welche Richtung sie ihren Erkundungsgang fortsetzen sollte.
Seit Randolf sie aus der Brautkammer geschickt hatte, war sie durch den Palas gestreift, um herauszufinden, wohin Hedwig und Dietrich verschwunden waren. Die Vorstellung davon, was Christians Witwe inzwischen blühte, beflügelte ihre Phantasie und berauschte sie geradezu vor Häme.
Sie schaute zurück und überlegte: Woher mochte die Markgräfingekommen sein, wenn nicht von der Heimlichkeit? Es blieb nur der Weg die schmale Treppe hinauf. Neugierig stieg sie nach oben, um im nächsten Augenblick innerlich vor Freude zu jubeln.
Sie kannte den Mann, der am oberen Treppenabsatz stand und sie voller misstrauischer Wachsamkeit anstarrte: Es war ein Vertrauter von Markgraf Dietrich. Bestimmt lauerte sein Herr hinter einer dieser Türen und wartete darauf, ungesehen verschwinden zu können. Wenn sie ihn hier fand statt bei seinem Sohn in der Kapelle … Dann hatte sie genug Verdachtsmomente, so dass Randolf den Markgrafen dazu bringen könnte, seiner Hure von Frau und seinem verräterischen Bruder ein paar unbequeme Fragen zu stellen.
»Was sucht Ihr hier? Habt Ihr Euch verlaufen?«, fragte Dietrichs Gefolgsmann misstrauisch.
»Oh, Ihr werdet einer Dame doch nicht so eine beschämende Frage stellen?«, sagte sie, während sie ihn mit betörendem Blick ansah. »Ich wollte nur etwas Ruhe hier oben finden. Mir schmerzt der Kopf von dem Lärm und Qualm in der Halle. Dass ich dabei auf so einen stattlichen Ritter wie Euch treffe, hätte ich nicht zu hoffen gewagt.«
Doch ihr verführerisches Lächeln schien bei diesem Mann seine Wirkung zu verfehlen. »Begebt Euch besser wieder nach unten, bevor jemand etwas vermutet, das Eure Tugendhaftigkeit in Frage stellen könnte«, antwortete er unwirsch.
Hier verbirgt sich also wirklich ein Geheimnis, dachte sie triumphierend. Und ich würde mich sehr wundern, wenn dieses Geheimnis nicht darin besteht, dass es die schöne Hedwig und ihr feiner Schwager blutschänderisch hinter Ottos Rücken miteinander treiben. Um nichts in der Welt würde sie sich jetzt von diesem Gang wegbewegen. Ewig konnte Dietrich nicht hinter der Tür warten.
Sie legte eine Hand auf die Stirn. »Mir ist nicht wohl. Seid so gut, geleitet mich an das Fenster dort, vielleicht hilft die kühle Abendluft …«
Hilfesuchend griff sie nach dem Arm des Mannes, der sie unwillig zu einer Fensterluke führte und sich dann von ihr losriss.
Richenza tat, als ob sie seinen Unwillen nicht bemerkte, und griff erneut nach seinem Arm. »Ich bitte Euch, haltet mich, bevor ich noch in Ohnmacht falle.« Sie ließ sich gegen ihn sinken und richtete es dabei so ein, dass ihr Busen seinen Arm streifte.
Bei jedem anderen hätte das Wirkung gezeigt, davon war Richenza überzeugt, aber dieser hier tat, als hätte er glühendes Eisen berührt. Er griff hart nach ihrem Arm und schob sie Richtung Treppe. »Ich werde Euch nach unten geleiten, dann könnt Ihr jemanden herbeirufen, der sich um Euch kümmert«, erklärte er.
Randolfs Frau wurde sich mit jedem seiner Worte sicherer: Hinter einer dieser Türen steckte der Beweis dafür, dass Hedwig den Markgrafen mit ihrem Schwager betrog.
Harte Tritte polterten die Treppe herauf. Verblüfft starrte Richenza auf die Gestalt, die sich ihr mit wütender Miene näherte. Wieso war ihr Mann jetzt nicht in Ekkeharts Kammer und ergötzte sich an den Angstschreien der Kräuterhexe?
Randolf kochte vor Zorn und hatte jede Gewalt über sich verloren. Erst stellte sich Ekkehart gegen seine Freunde – noch dazu mit
seiner
Waffe! – und verdarb ihm das Vergnügen, sich endlich wieder Christians Weib gefügig zu machen. Und dann tauchte der Bastard auch noch selbst auf, obwohl er doch längst tot sein müsste!
Es kümmerte ihn nicht, ob Ekkehart das Weib bekam, wenn ersie nicht mit ihm teilen wollte. Aber hatte Christian sieben Leben wie eine Katze?
Zu guter Letzt machte ihn Otto auch noch zum Laufburschen und schickte ihn aus, um diese lästige Hedwig zu holen. Auf dem Weg zur Halle traf er die Markgräfin, die ihm kurz angebunden mitteilte, er solle besser auf seine Gemahlin achtgeben, die ihren Ruf gefährde, indem sie allein durch dunkle Gänge streife.
Und es war tatsächlich Richenzas Stimme, die er schon
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