Die Spur der Hebamme
unsere Feinde auf. Ist das klar?«
Grimmig sah er die Rivalen an, ohne ihnen Zeit für eine Entgegnung zu lassen.
»Die Ehe wurde nicht vollzogen?«, fragte er dann Ekkehart. Der behielt diesmal nur mit Mühe seine Gesichtszüge unter Kontrolle. »Nein.«
»Berichtet das dem Bischof. Und nun lasst uns allein. Wir haben hier zutiefst weltliche Dinge zu besprechen«, erklärte Otto dem Geistlichen. Dem blieb nichts anderes übrig, als nach diesem mehr oder weniger höflichen Rauswurf zu gehen.
»Christian, wie kommt es, dass Ihr lebt, da uns Landgraf Ludwig doch Euren Tod vermelden ließ?«, verlangte der Markgraf zu erfahren.
»Er schickte uns sogar Euer Herz – oder jedenfalls etwas, das er dafür ausgab«, fügte Hedwig hinzu.
»Der Landgraf hat mich an den Herzog von Sachsen verkauft«, sagte Christian knapp.
»Wieso sollte der sich für dich interessieren?«, warf Randolf mit gewohnter Häme ein.
»Das habe ich mich auch gefragt, während ich in Ketten lag«, antwortete Christian scharf. »Und es gibt dafür nur eine Erklärung: Jemand, der alle Einzelheiten über die Geleittrupps kannte, hat ihm einen Hinweis gegeben. Jemand, der zugleich wusste, dass Aloisius, Euer früherer Astrologe, mein Fürst, auf Dankwarderode Unterschlupf gefunden hat.«
Wenn diese Worte Christians schon für Aufruhr in Ottos Zügen sorgten, so bewirkten seine nächsten Sätze einen Tumult. »Ihr seid verraten worden. Ein Verrat, der vielen guten Männern das Leben und Euch beinahe das Silber und die Gunst des Kaisers gekostet hätte. Fragt Euch, wer aus dieser Runde all das wusste, Verbindung nach Braunschweig hat und von dem Verrat profitieren konnte.«
Er hatte seinen Blick auf Randolf gerichtet. Der sprang auf, zog seinen Dolch und stieß ihn in den Tisch. »Das muss ich mir von diesem Dahergelaufenen nicht bieten lassen!«
Er wandte sich an Otto. »Mein Fürst, er hat vor Euren Augen meine Ehre besudelt. Das kann ich nicht hinnehmen. Es ist mein Recht, ihn zu fordern.«
»Ebenso meines. Ich fordere ein Gottesurteil, einen Kampf auf Leben und Tod!«, erklärte Christian ebenso nachdrücklich.
»Genug!«, donnerte der Markgraf. »Randolf, zieht gefälligst Eure Waffe aus meinem Tisch! Und Ihr, Christian, unterlasst solche haltlosen Beschuldigungen!«
Ein Page trat ein und blieb eingeschüchtert an der Tür stehen. »Was ist?«, fuhr der Markgraf ihn an, entrüstet über die Störung.
Der Page verneigte sich tief und wich ängstlich einen Schritt zurück. Dann sagte er: »Ritter Randolfs Gemahlin wurde tot aufgefunden.«
Für einen Augenblick herrschte Stille in der Runde.
Randolf schüttelte sich wie benommen, dann sah er von einem zum anderen. »Aber das ist unmöglich … Es war doch nur ein einziger Hieb …«
»Offensichtlich ist sie unglücklich gestürzt und hat sich den Kopf aufgeschlagen. Sie wird gerade in der Kapelle aufgebahrt«, erklärte der Page, während er ängstlich auf den Hünen starrte.
»Geht zu ihr, Randolf«, forderte Otto ihn auf.
Wie betäubt verließ der Weißblonde die Kammer.
Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wandte sich der Markgraf Christian zu. »Von Euch möchte ich kein einziges Wort mehr hören, mit dem Ihr solch ungeheuerliche Verdächtigungen gegen einen meiner getreuesten Gefolgsleute äußert«, sagte er scharf. »Sonst mache ich die Drohung wahr, die ich ausgesprochen habe, als ich Randolf zum Burgvogt ernannte. Ihr werdet jetzt seine Trauer respektieren und danach weiter mit ihm zusammen für reiche und sichere Silberausbeute in Eurem Dorf sorgen.«
Er blickte mürrisch zu Ekkehart und Lukas. »Und das gilt auch für Euch. Keiner von Euch wird beim morgigen Turnier antreten, um vielleicht versehentlich den anderen beim Buhurt zu töten.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was aus meinen Rittern geworden ist: schlimmer zerstritten als ein Haufen Marktweiber. Geht jetzt, es ist spät genug. Und morgen will ich nichts von Eurem Streit hören und sehen. Die Schwertleite meines Neffen soll uns allen als prächtiges Fest in Erinnerung bleiben – und nichts weiter! Über alles andere reden wir später.«
Christian, Lukas und Ekkehart erhoben sich und gingen nach einer steifen Verbeugung hinaus. Doch die Feindseligkeit zwischen ihnen hätte sogar ein Blinder erkennen können.
Das Turnier
Die Burg des Meißner Markgrafen hatte sich bereits in den vorangegangenen Tagen mit angesehenen Besuchern gefüllt, die zur Schwertleite von Markgraf Ottos Neffen und
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