Die Spur der Hebamme
überrumpelte Randolf, indem er ihm den Dolch aus dem Gürtel zog, und hoffte, dass Marthe jetzt das Richtige tat. Sie rutschte auf die andere Seite des Bettes, anscheinend, um außer Reichweite des Weißblonden zu geraten. Doch dann beugte sie sich blitzschnell hinab und raffte Ekkeharts auf dem Boden liegenden Sachen zusammen, mit ihnen auch seinenDolch. Noch ehe sich Elmar und der feiste Giselbert von ihren Sitzen stemmen konnten, hatte sie schon den Dolch gezogen und hielt ihn fest in der Rechten, während sie mit der Linken immer noch die Decke umklammerte, die ihre Blöße bedeckte.
Sie hat reagiert wie ein Mann im Kampf, dachte Ekkehart anerkennend, der die Bewegung aus dem Augenwinkel mitbekommen hatte. Wir werden eine wunderbare Ehe führen. Ich werde sie mit Schmuck und schönen Kleidern überhäufen und jede Nacht bei ihr liegen. Und sie wird mir prächtige Söhne gebären. Vorausgesetzt, wir überleben das hier.
»Sie gehört jetzt mir allein«, sagte er zu allem entschlossen zu Randolf. »Wenn du nicht willst, dass unsere Freundschaft durch Blut entweiht wird, dann verlasst jetzt alle drei das Brautgemach. Ihr werdet sie nicht bekommen. Nur über meine Leiche.«
Elmar und Giselbert traten an Randolfs Seite, jeder die Hand am Knauf seines Schwertes. »Verriegelt die Tür«, befahl der Hüne. Elmar ging, um den Riegel von innen vorzuschieben, und stellte sich dann wieder neben dem Hünen auf.
Einen Moment lang herrschte atemlose Stille in der Kammer.
»Wegen dieser Hure würdest du deine Freunde verraten?«, keifte Randolf dann. »Mein Weib hat es vorausgesagt, aber ich wollte nicht glauben, dass du so tief sinken könntest.«
Marthe suchte kniend hinter Ekkeharts Rücken Schutz, in die Decke gehüllt und den Dolch fest in der Hand.
Bevor Ekkehart etwas erwidern konnte, näherte sich Lärm von draußen, dann pochte jemand lautstark an die Tür.
»Haltet ein! Diese Ehe darf nicht vollzogen werden«, rief eine befehlsgewohnte Männerstimme. »Ritter Christian ist zurückgekehrt!«
Befreit schrie Marthe auf, während Ekkehart zusammenfuhr.»Die üblichen Scherze, die mit Neuvermählten gespielt werden«, meinte Randolf ungerührt.
Er gab seinen Freunden ein Zeichen, mit ihm an die Tür zu treten. Alle drei zogen ihre Schwerter.
»Los, mach endlich! Wir sorgen dafür, dass dich niemand stört, bis du fertig bist. Vergessen wir fürs Erste den Streit.«
Ekkehart wirkte für einen Augenblick unentschlossen. Dann warf er den Dolch beiseite und wandte sich Marthe zu. Sie flüchtete aus dem Bett ans Fenster. »Ihr habt es gehört! Mein Mann ist zurück! Lasst mich sofort zu ihm!«
»Selbst wenn das stimmt – ich glaube nicht, dass er dich jetzt noch haben will, wo du im Hochzeitsbett mit einem anderen liegst«, höhnte Giselbert mit lauter Stimme, um das ununterbrochene Klopfen und die Rufe von draußen zu übertönen.
Ekkehart ging auf Marthe zu, die sich an die Wand presste und ihm den Dolch entgegenreckte.
»Du bist jetzt
meine
Frau. Gib mir die Waffe!«
Er griff nach ihren Handgelenken und drückte sie gegen die Wand. Es kümmerte ihn nicht, dass sie ihm dabei eine Schnittwunde am Arm zufügte. Er presste sich gegen sie und versuchte sie zu küssen. Doch sie wandte sich ab, so dass seine Lippen nur ihre Wange trafen.
Das Pochen von draußen wurde immer heftiger.
»Öffnet sofort die Tür, oder ich exkommuniziere euch beide!«
Ekkehart erkannte die Stimme des Priesters, der sie getraut hatte, und stieß einen Fluch aus.
Wütend ließ er von Marthe ab und ging zur Tür.
»Das ist eure Schuld«, fuhr er seine Freunde an. »Ohne eure Einmischung läge ich längst zwischen ihren Schenkeln, und niemand könnte die Ehe in Frage stellen!«
Dann schob er den Riegel zurück.
Der Priester warf einen empörten Blick auf den nackten Körper, dann trat er ein.
»Die Ehe darf nicht vollzogen werden. Der Ehemann dieses Weibes lebt«, wiederholte er.
»Wie könnt Ihr das wissen? Irgendjemand hat Euch einen Bären aufgebunden, um meine Hochzeit zu stören«, schnauzte Ekkehart den Priester an, vor lauter Wut und Enttäuschung unfähig zu dem respektvollen Ton, den der Geistliche erwarten durfte.
Anstelle einer Antwort drängte sich Christian zwischen den Menschen hindurch, die dem Priester gefolgt waren.
Marthes Herz hatte vor Freude und Erleichterung einen Sprung gemacht, als sie hörte, dass Christian noch am Leben war. Doch während er nun leicht hinkend und mit dem Schwert in der Hand auf sie
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