Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
dem Kopf gefesselten Händen auf dem harten Steinboden kniete, hielt so still, wie er konnte – was ziemlich schwierig war, weil sich jeder zögerliche Schritt des kleinen Nagetiers anfühlte, als würde man ihm eine Zigarette auf der Haut ausdrücken.
Sein Gefängnis war pechschwarz. Es war schon übel genug, das feuchte, drahtige Fell der Ratte auf der nackten Haut zu spüren, aber noch viel schlimmer fand er, dass er sie nicht sehen konnte. Es hätte gut und gerne ein Riesenvieh mit langen, gelben Fangzähnen sein können. Und jetzt beschnüffelte sie mit ihrer eiskalten Nase gerade seinen Hals.
Lieber Gott – was passierte hier mit ihm?
Immer wieder ging er die Ereignisse des Morgens in Gedanken durch. Er erinnerte sich daran, wie er den Club verlassen hatte. Er erinnerte sich, dass er das libanesische Mädchen am Zeitungsautomaten hatte stehen lassen und zu seiner Wohnanlage zurückgefahren wurde. Er erinnerte sich sogar noch daran, dass er vor der Tür erst mal gegen einen Orangenbaum gepinkelt hatte.
Doch danach erinnerte er sich an nichts mehr. Nichts, bis zu dem Moment, als er hier aufwachte. Wo auch immer dieses »Hier« sein mochte.
War er unter Drogen gesetzt worden? Bobby war selbst nicht abgeneigt, den Mädchen Rohypnol oder Liquid Ecstasy in die Drinks zu kippen, um sie ins Bett zu bekommen – aber hatte wirklich jemand dasselbe mit ihm gemacht? Er konnte es sich nur schwer vorstellen.
Was zum Teufel war also mit ihm passiert?
Die Ratte kletterte weiter auf Bobbys Schulter. Er konnte das obszöne Schmatzen der kleinen Kiefer hören und nahm den widerlichen Hauch ihres Atems wahr. Es würgte ihn, aber er wusste, wenn er sich jetzt übergab, würde er damit nur Gott weiß wie viele von diesen ekelhaften Kreaturen aus den dunklen Ecken seines Gefängnisses hervorlocken.
Schließlich grub ihm die Ratte die Zähne ins Ohrläppchen, und er schrie auf.
» Nur keine Angst «, hörte er eine grelle, unmenschliche Stimme von irgendwo im Dunkeln. » Ratten fressen lieber Aas als lebendiges Fleisch .«
»Wer ist da?«, rief Bobby, und das Nagetier sprang ihm von der Schulter.
» Außerdem sind sie wirklich schwer totzukriegen. Wenn du eine aus fünfzehn Metern Höhe fallen lässt, wird sie’s überleben. Wenn du eine ins Meer wirfst, schwimmt sie an Land. Wenn du ihr Nest abfackelst, gräbt sie sich einen Tunnel, um den Flammen zu entkommen .«
»Was wollen Sie von mir? Geld?«
» Ich will dein Geld nicht. Geld kann mir nicht zurückgeben, was ich verloren habe .«
Es gab ein kratzendes Geräusch, und Bobby zuckte zurück, als direkt vor seinem Gesicht ein Streichholz angerissen wurde. Einen Moment später erwachte eine kleine Öllaterne spuckend zum Leben, und als seine Augen sich langsam an den schwachen Lichtschein gewöhnt hatten, konnte er zum ersten Mal sein Gefängnis sehen. Er befand sich offensichtlich in einem engen, viereckigen Tunnel aus Stein, dessen Wände mit Schimmel bewachsen waren. Er war hoch genug, dass Bobby darin knien konnte, wenn er den Kopf einzog. Seine Hände waren an eine Art Haken hinter seinem Kopf gefesselt, aber aus seiner Position konnte er nur ein, zwei Meter weit blicken.
Außerdem stellte er schockiert fest, dass er völlig nackt war.
»Wo bin ich?«
Eine Stimme aus den Schatten in seinem Rücken sagte: » Ist das wichtig ?«
Erfolglos versuchte Bobby, seinen Körper herumzudrehen, doch seine Hände waren zu eng an die Decke gefesselt. »Sagen Sie mir zumindest, warum ich hier bin«, bat er.
» Du bist hier, weil du es verdient hast. In der Dunkelheit. Voller Angst. Voller Schmerz .«
Bobby war den Tränen nahe. »Es tut mir leid … es tut mir so leid.«
» Was tut dir leid ?«
»Was auch immer ich getan habe.«
» Du weißt nicht mal, was du getan hast. Du hast dir niemals Gedanken über die Konsequenzen deiner Taten gemacht, weil du immer nur an dich selbst denkst .«
Er nickte, während auf seinem Gesicht Tränen und Rotz ineinanderflossen. »Sie haben recht. Ich bin ein Egoist. Das bin ich immer gewesen. Aber ich kann mich ändern. «
» Kannst du das? Glaubst du wirklich, du kannst das ?«
»Ich schwöre es. Ich brauche nur eine zweite Chance, mehr nicht. Bitte – Sie müssen mir eine zweite Chance geben.«
Für eine Weile herrschte nervenzerfetzende Stille. Dann packte ihn jemand bei den Haaren und riss ihm den Kopf hoch, so dass er geradeaus in den Tunnel blickte.
» Das hat sie auch gesagt «, sagte ihm die Stimme ins Ohr, und der
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