Die Spur der Kinder
fortzufahren.
In diesem Moment betrat Kikki aufgebracht den Raum. »Solewski hat gerade aus der Rechtsmedizin angerufen! Die DNA des Haares an der Lilie, die Lunas Mutter zugestellt worden war, stimmt nicht mit der Speichelprobe von Fritz Brommer überein.«
»Verdammt!«, stöhnte Behrendt. Sie sank im Stuhl zurück und richtete ihren Blick verbissen auf das nachfolgende Video, auf dem sich nun Unmengen von Zoobesuchern um das Eisbärengehege drängten.
»Tja, ich schätze, da müsst ihr wohl was Neues finden, um Brommer festzunageln«, meinte Kikki.
»Danke, von allein wäre ich da nie drauf gekommen«, entgegnete Behrendt sarkastisch, als sich ihre Miene plötzlich erhellte. »Moment! Ich glaube, ich habe soeben gefunden, wonach wir suchen. Noch mal zurückspulen bitte!«
Behrendtsprintete erneut nach vorne und deutete auf einen weißen Lieferwagen, der hinter der meterhohen Umzäunung parkte.
»Vergrößern bitte!«
Dann sagte sie: »Da am Heck: der Ein-Herz-für-Kinder-Aufkleber – sieht aus wie unser altbekannter Lieferwagen, der auch vor dem Schwimmbad in Potsdam und vor der Kita beobachtet wurde. Das ist doch kein Zufall, dass der ausgerechnet an dem Tag da steht, an dem Luna García dort verschwindet.«
Sekundenlang herrschte ein angespanntes Schweigen in dem abgedunkelten Raum.
»Sieh sich einer das an«, entfuhr es Behrendt. Sie richtete ihren Blick auf das Eisbärengehege schräg unten im Bild. »Da ist diese Bachmann mit ihrem Sohn Timmi, Luna García und den anderen Kindern, die er zu seiner Geburtstagsparty im Zoo eingeladen hatte.« Behrendt betrachtete die Kinder, die gebannt einem jungen Eisbären bei der Fütterung zuschauten. »Ist das die einzige Kamera, die auf das Eisbärengehege zeigt?«
»Ja«, wusste Micha, einer der älteren Kollegen, der aussah, als gehöre er zum Inventar.
Weitere Minuten vergingen, in denen die Beamten schweigend die Videoaufnahmen verfolgten.
»Scheiße – da hinten! Hinter den Kindern!«, rief Behrendt. »Auf der Parkbank! Aus der Perspektive noch mal ranzoomen bitte!«
AlleAugen starrten nun gebannt auf die Projektion, während sich das Gesicht unter der Schildkappe vergrößerte.
»Na, wer sagt’s denn: Das ist eindeutig Fritz Brommer! Der sitzt keine fünf Meter von Luna García entfernt!« Behrendt atmete tief durch. »Volltreffer, Brommer hat also doch gelogen.«
Dann drängte sich eine Gruppe japanischer Touristen ins Bild und verbarg die Sicht auf Brommer und Luna, die auf den nachfolgenden Bändern ebenso verschwunden waren wie der weiße Lieferwagen. Siegessicher lächelte Behrendt zu Bernd Schelling.
»Nicht schlecht«, nickte der Dezernatsleiter beeindruckt und klopfte ihr im Hinausgehen auf die Schulter. »Sie wissen ja, was nun zu tun ist – also nichts wie an die Arbeit!«
***
(Noch am selben Nachmittag in Berlin-Mitte)
Alles in der Wohnung erschien Fiona jetzt, wo auch Adrian nicht mehr da war, ungeheuer fremd. Kalt. Still. Und erschreckend leer. Wohin sie auch blickte, die Erinnerung an ihr vergangenes Leben schnürte ihr beinahe die Brust zu. Sie postierte Adrians Laptop auf dem Küchentisch, ging in SophiesZimmer und fütterte die beiden Goldfische, als Piet Karstens auch schon klingelte. Fiona stellte das Fischfutter zurück, hastete in den Flur und hob in Windeseile ein paar herumliegende Schnapsflaschen auf.
Es klingelte erneut. Fiona warf einen flüchtigen Blick in den Garderobenspiegel und öffnete.
Piet Karstens stand bereits oben vor der Wohnungstür. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht, dennoch sah er aus, als hätte er die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Er trug ein gestärktes Hemd, eine Lederjacke und eine, wie Fiona fand, gutsitzende Jeans, unter denen ein neues Paar Lederschuhe glänzte. Fiona blickte in seine blassblauen Augen. Es erschien ihr seltsam, ihn zu begrüßen und dabei so zu tun, als wäre nie etwas zwischen ihnen gewesen. Karstens schien ebenfalls verunsichert, denn er sah sie an, als warte er auf ein Zeichen, ob er auf eine Wiederholung der gemeinsamen Nacht hoffen könne. Ein Zeichen, das Fiona ihm unter anderen Umständen nur zu gerne gegeben hätte.
Karstens schloss die Tür hinter sich und folgte Fiona in die Küche. Beide waren froh, ihre Aufmerksamkeit auf den Laptop richten zu können.
»Da haben wir ja das gute Stück«, meinte Karstens.
Er hängte seine Lederjacke über den Stuhl, auf dem er Platz nahm, und fuhr das MacBook hoch, während Fiona Kaffee aufsetzte.
»Meinstdu, das mit
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