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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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Mr Sheppard. Ereignisse haben begonnen. Bitte lesen Sie den Anhang, dann werden Sie verstehen.
    Sheppard öffnete den Anhang.
    Aus dem Key West Courier-Archiv
    30. Juni 1968
    BIG PINE KEY – Irgendwann in den Abendstunden des 26. Juni wurde Billy Macon, 18, von einem unbekannten Angreifer ermordet. Seine Eltern, Dr. Hans Macon und seine Frau Gretchen, haben die Leiche ihres Sohnes im Carport ihres Heims kurz nach Mitternacht aufgefunden. Er arbeitete offensichtlich an seinem Auto, als er brutal angegriffen wurde.
    Bislang hat die Polizei keine Verdächtigen und veröffentlicht keine weiteren Informationen über den Mord. Wenn Sie über Informationen verfügen, kontaktieren Sie bitte Lieutenant Grendetti beim Monroe County Sheriff’s Department.
    Sheppard rief das Zeitungsarchiv online auf, fand den Artikel, verlangte nach mehr Informationen. Er erhielt eine Nachricht, in der stand, dass die Archiv-Site noch im Bau war und er sich bitte direkt an die Zeitung wenden sollte.
    »Was ist?«, fragte Goot.
    »Sag mir, was wir über Billy Macon wissen, Goot. Woran erinnerst du dich?«
    Goot schaute ihn eigenartig an. »Er hatte am 1. Juli mit Wheatons Stiefschwester einen Autounfall und starb ein paar Wochen später an den Verbrennungen. Vermutlich hatte er für Eva Wheaton eine Abtreibung auf den Bahamas arrangiert.«
    »Und in der E-Mail steht?«, fragte Nadine.
    Sheppard las sie und den Artikel über Macons Tod vor. »Wenn Billy Macon tot ist, wird Eva Wheaton nicht am 1. Juli mit ihm im Auto sitzen. Deshalb wird sie auch nicht sterben. Oder zumindest wird sie nicht so sterben, wie sie bisher gestorben ist. Wenn Patrick Wheaton im Jahr 1968 ist und Macon umgebracht hat, sagt uns das, dass Patrick Wheaton glaubt, er könnte den Tod seiner Stiefschwester verhindern. Genial.«
    »Was haben die Entführungen damit zu tun?«, fragte Goot.
    Nadine erblasste. »Großer Gott«, flüsterte sie. »Um seine Schwester zu retten – in anderen Worten, um die Vergangenheit ungeschehen zu machen –, glaubt er, etwas geben zu müssen. Ein anderes Leben.«
    Eine intensive Kälte erfasste Sheppard, bedeckte ihn, durchdrang ihn. Als er sprach, klang seine Stimme klein und ängstlich. »Ein Opfer.«

Vierundzwanzig
    Mira stand am östlichen Ende der Kolonie, wo der Wald begann. Sie wollte den Sonnenaufgang erleben. Aber die Sonne benahm sich wie ein Teenager, der bloß noch zehn Minuten schlafen wollte, nur noch eine Stunde, aber eigentlich doch den halben Vormittag. In ihrer Zeit würden die Teenager auf die Schlummertaste am Wecker drücken; sie hatte keine Ahnung, ob Teenager im Jahre 1968 diese Option hatten. Ihre Uhren waren noch nicht digital, und sie bezweifelte, dass sie auch nur im Dunkeln leuchteten.
    Sie war vor einer Stunde erwacht, ausgeruht, aber ruhelos, entmutigt und doch hoffnungsvoll, der Lärm in ihrem Kopf war weg, und die innere Stille erschien ihr eigenartig und beunruhigend. Sie hatte geduscht, Kaffee gekocht, eine Scheibe Grapefruit gegessen, ein paar Yogastreckübungen absolviert. Dann war sie nach draußen gegangen, um die Sonne aufgehen zu sehen.
    Zu Hause stand sie nicht gern früh auf. Nadine war normalerweise vor ihr auf den Beinen und öffnete den Buchladen jeden Morgen um neun. Mira kam normalerweise eine Stunde später, machte dafür aber abends zu. Lange schlafen, Dämmerung und Dunkelheit passten zu ihrem Biorhythmus. Aber an diesem Morgen brauchte sie etwas Bekanntes, etwas Allgegenwärtiges, etwas, das sie mit ihrer eigenen Zeit verband, die Sonne.
    Jetzt stand sie hier, sie wartete darauf, dass etwas die brückenlose Bucht erhellte, den dunklen Umriss von Key West in zwanzig Kilometern Entfernung, das endlose Hin und Her der Fähren. Sie hatte Heimweh nach ihrem eigenen Haus, ihrem eigenen Leben. Sie wollte bei Annie sein, sie wollte wieder die Vertrautheit ihres eigenen Hauses um sich herum spüren, die Gesellschaft von Shep und Nadine, ihre Katzen und Bücher. Sie vermisste den Buchladen, die Tage, an denen Annie nach der Schule dort arbeitete. Sie vermisste den Geruch der Bücher, das Gefühl, ihre Einbände, die Emotionen, die manche Bücher wachriefen, den Duft frisch gemahlenen Kaffees von der Bar. Sie vermisste die Yogastunden, die Musik, den Rhythmus ihres Lebens.
    Um sie herum zwitscherten und sangen die Vögel. Eine sanfte, salzige Brise raschelte durch die Zweige. Das Wasser unterhalb wurde heller, es wandelte sich von bleigrau in taubenblau und dann in eine Farbe, die schon fast ein Blau

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