Die Spur der verlorenen Kinder
des Mustangs, die aufgeklappte Motorhaube, und sah auf den Boden. Kreidestriche: Hier hatte man die Leiche gefunden. Aber hier war er nicht gestorben.
Mira drehte sich langsam auf der Stelle, ihr Blick huschte über das Radio, die Werkzeuge, ein Hemd, das an der Rückwand von einem Haken hing. Etwas fehlte. Was?
Sie ging auf die andere Seite des Wagens, blieb stehen, schloss die Augen. Mom und Dad sind nicht zu Hause, sie kommen erst später. Trink ein paar Bier mit den Jungs und geh dann bumsen.
Die Luft roch nach Metall, Öl, der Haut einer Frau.
Wer war die Frau?
Die Hängematte stürzt ab, dieser Schwanzlutscher.
Mira ging jetzt zurück, sie trat zügig aus dem Carport, marschierte die Einfahrt hinunter und auf die Straße. Sie schaute nach rechts und sah den Hubschrauber auf dem unbebauten Grundstück am Ende der Straße stehen, dahinter das Wasser. Aus dieser Richtung war er nicht gekommen. »Er kam von Süden. Fuhr einen VW, ich kann das Rasseln des Motors hören, Sie wissen, dieses Ventilflattern, das VWs haben? Es ist ein neuerer Wagen, und er kümmert sich gut um ihn, hat ihn noch nicht viel gefahren. Er mag, wie er riecht, wie sauber er ist, die Sitze sind so … so unverschmutzt.
Er ist bereit, er ist so gottverdammt bereit, und er weiß genau, wie er es spielen soll. Die unschuldige Frage. Wer würde ihm misstrauen? Er ist gut, was Details betrifft, da kennt er sich aus.«
Jetzt sickerte die Energie des Mörders in sie ein, ein heimtückisches Gift, und plötzlich konnte Mira nicht mehr atmen, ihre Lungen verweigerten den Dienst. Es war, als saugte sie hundert Meter unter Wasser an einem leeren Sauerstofftank. Die Luft kam einfach nicht. Sie griff sich an die Kehle, ihre Knie gaben nach, sie ging zu Boden.
Aus dem Augenwinkel sah sie Fontaine auf sie zufliegen, die Welt kippen, und dann war sie da, im Inneren des Mörders.
»Eines Tages wirst du mich verlassen«, sagt er. »Da bin ich sicher.«
»Du bist so albern, weißt du das?«, und sie kitzelt ihn, und sie lachen und lachen und rollen über das Bett, dann davon herunter, sie fallen auf den Boden. Sie bleiben vor der Wand liegen, sie auf ihm. Er verliert sich in ihren Augen, in der Schönheit ihrer Haut, in allem, was sie ist und nicht ist. »Wahrheit oder Pflicht«, sagt er.
»Fick dich.« Sie lacht und rollt sich von ihm herunter.
Er dreht sich ebenfalls und hält ihre Arme fest. »Komm schon, Wahrheit oder Pflicht.«
»Pflicht.«
»Hast du Billy gevögelt?«
»Welchen Billy?«
Und dann konnte sie wieder atmen, die Luft gelangte in ihre Lungen, und sie keuchte wild, panisch, und Fontaine schüttelte sie, er rief ihren Namen.
»Okay, okay«, sagte sie ärgerlich und stieß seine Arme weg. »Alles in Ordnung.« Sie stand auf und humpelte die Auffahrt entlang, sie stützte sich schwer auf ihren Stock. Welchen Stock?
Mira blieb stehen, wandte sich um, sah Fontaine an. »Er hat einen Stock benutzt.«
»Einen Stock? «, wiederholte Fontaine. »Sie meinen, ein Stock war die Waffe?«
Es irritierte sie, dass er das sagte. Es war eine gerichtete Frage, so einen Fehler würde Sheppard nie machen. »Ich meine, dass er …«
Gegen den Hals, auf den Hinterkopf. »Ja, eine Waffe. Er hat ihm den Stock gegen den Hals und auf den Hinterkopf geschlagen, aber er ist mit dem Stock auch gegangen.«
Warum? Ist er alt? Verletzt? Warum benutzt er einen Stock? Das Summen wurde plötzlich höher und erhellte das Innere ihres Körpers. Harmlos wirken, harmlos wirken, harmlos wirken.
Wie ein Gips.
Oh-oh.
Hey, hallo, mein Motor hat schlappgemacht. Können Sie mir helfen?
Ich scheine mich verfahren zu haben.
Verschiedene Verbrechen, verschiedene Tage, verschiedene Zeitzonen. Aber derselbe Mann.
Mira wusste, dass sie stürzte, und griff nach Fontaines Arm. Kaum berührte sie ihn, lag sie reglos auf einem Tisch, sie sah zu, wie eine Krankenschwester die Elektroschockbehandlung vorbereitet. Fontaine war aufgeschlossen genug, eine Wahrsagerin zu Rate zu ziehen, aber nicht so aufgeschlossen, dass er die Wahrheit glauben würde.
Sie ging zu Boden, er landete neben ihr, und einen kurzen Augenblick in dem heißen Licht glaubte sie, sie würden zusammenbrechen und weinen. Stattdessen begann sie zu lachen, sie lachte so sehr, dass sie gar nicht wieder aufhören konnte. Dann begann auch Fontaine zu lachen.
»Wir sind verrückt«, sagte er und wischte sich die Augen mit dem Handrücken.
»Joe, hieß das Opfer Billy?«
»Ja.«
»Er wurde aus Eifersucht
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