Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
Vom Netzwerk:
Obersten Gerichtshof.«
    Sie versuchte, es zu erklären, aber die Worte gerieten durcheinander. Die Wahl, wie ihr Leben, war zu kompliziert, um jetzt erklärt zu werden. Sie schlief wieder ein, und als sie zu sich kam, tupfte er ihr das Gesicht mit einem Lappen ab, er redete leise mit ihr, er sagte immer wieder ihren Namen. Sie glaubte, Musik zu hören. Sixties. »Me and Bobby McGee.«
    »Janis, das ist Janis«, murmelte Annie.
    »Magst du Sixties-Musik?«
    »Lieber als N’Sync und Britney.«
    Darüber lachte Brad, und ein paar Sekunden glaubte Annie, sich besser zu fühlen. »Janis, Jimi, Jefferson Airplane.«
    Janis und der Mercedes Benz. Jimi und Purple Haze, der lila Dunst. Jefferson Airplane und White Rabbit, das weiße Kaninchen. Ja, ja, sie lief jetzt mit dem weißen Kaninchen davon, sie hopste in das Loch, das zu einem anderen Ort führte, einer anderen Welt. »Schlafen«, flüsterte sie.
    »Nein, du darfst nicht schlafen.« Er packte sie an der Schulter und schüttelte sie. »Das darfst du nicht. Die anderen sind eingeschlafen und nie mehr aufgewacht. Bitte. Schlaf nicht ein. Rede mit mir. Rede. Mein Gott, du musst reden. «
    Ihr Kopf schien sich von ihrem Hals gelöst zu haben und fiel auf das Kissen. Der Rest ihres Körpers zitterte, schüttelte sich, dann zuckte sie über den Rand des Sofas und übergab sich erneut.
    »Schon gut«, flüsterte Brad Pitt und hielt ihren Kopf so, dass er nicht in die Kotzschüssel kippte. »Schon gut. Das ist die Übelkeit. Aber da ist kein Blut. Alles in Ordnung. Bald geht es dir wieder besser.«
    Er half ihr, den Kopf zurück auf das Kissen zu legen, wischte ihr den Mund ab, gab ihr einen Eiswürfel, an dem sie lecken konnte. »Wo ist dein Vater?«, fragte er. »Du hast ihn nicht einmal erwähnt.«
    »Tot. Erschossen.«
    »Du lebst bloß bei deiner Mutter?«
    »Und Urgroßmutter.«
    »Du hast gesagt, deine Mom sieht Sachen. Was soll das heißen?«
    Scheiße, scheiße, scheiße. Er stellte so viele Fragen, und sie wollte bloß schlafen. »Übersinnlich.«
    »Cool.«
    »Nein.«
    »Die einzige übersinnliche Person, die ich je getroffen habe, war eine halb blinde alte Frau, die in unserem Mietshaus wohnte. Sie hat mir gesagt, ich würde irgendwo weit weg von meiner leiblichen Familie leben und mein Alter Herr würde nie in der Lage sein, mich zu finden.« Wieder dieses harte, scharfe Lachen. »Na ja, hey, das hat auf jeden Fall hingehauen. Ich bin hier. Hier bin ich.«
    Feuchte Wärme an ihrem Arm. Die Hundezunge. Das seidige Fell. Paradies. »Nicht cool, nicht cool.«
    »Wenn deine Mutter hellsehen kann, dann weiß sie vielleicht, wo du bist, oder?«
    »Weiß nicht.«
    Dann verlor sie wieder das Bewusstsein, der Hund lag neben ihr ausgestreckt, das Fell ein langer, weicher Teppich, und Brad Pitt redete, redete, seine Stimme folgte ihr in den lila Dunst der Musik, das weiße Kaninchen rannte an ihr vorbei und lachte: Folge mir, folge mir.
    Wie schlimm konnte es sein?
    Verdammt schlimm, stellte sich heraus.

Acht
    Patrick Wheatons Haus im Jahr 1968 befand sich auf gut einem Hektar bewaldeten Landes am nordöstlichen Ende der Insel, ein zweigeschossiges, A-förmiges Haus mit drei Schlafzimmern und einem Loft. Der größte Teil des A.s bestand aus Glas und lag zum Wasser zwischen Tango und Key West hin. Im 21. Jahrhundert würde der Blick allein Millionen wert sein. Aber das ganze Grundstück, inklusive der zwei Hektar Weideland und Felder auf der anderen Seite der unbefestigten Straße, hatte ihn nur Kleingeld gekostet. Er hatte bar bezahlt. Man konnte sich wirklich an die Lebenshaltungskosten in den Sechzigern gewöhnen.
    Auf dem Gelände auf der anderen Straßenseite hielt er frei laufende Hühner. Sie lieferten Rusty und ihm frische Eier und das frischeste Hühnerfleisch auf der ganzen Insel. Eines der Hühnchen hatte er verwendet, um den Topf Suppe zu kochen, in dem er jetzt rührte. Keine Antibiotika, keine Hormone, nichts als die besten Körner für seine Hühnchen. Er hatte Kräuter hinzugefügt, die er selbst zog, und Vitamine und Immunstärkungsmittel, die aus seiner eigentlichen Zeit stammten, es war dasselbe Rezept, mit dem er Rusty kuriert hatte, als er ihn geholt hatte. Alles, um ihr die Möglichkeit zu geben, die Zeitkrankheit zu überleben.
    Er hörte Sunny draußen bellen. Rusty und der Hund kamen von dem Areal zurück, wohin Rusty im Sommer jeden Morgen mit dem Rad fuhr, um die Hühner zu füttern und ins Freie zu lassen. Wheaton trat an das seitliche Fenster,

Weitere Kostenlose Bücher