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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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viel persönlichen Informationen. Und die Gabelung mit den zwei möglichen Wegen für die Zukunft, beide Wege so deutlich – auch das war neu.
    Aber das Einzige, was sie jetzt interessierte, war, wie sie diese gesteigerten Fähigkeiten nutzen konnte, um Annie zu finden.
    Sie fuhr vom Gelände der Kolonie und bog nach rechts, sie folgte der Old Post Road. Die war weniger bebaut als in ihrer eigenen Zeit; auf der einen Seite standen hohe, wundervolle Bäume, auf der anderen erstreckten sich Weideland, Pferde und Kühe grasten auf den Wiesen. An einem Samstag, kurz nachdem sie hergezogen waren, waren Annie und sie mit dem Fahrrad die Old Post entlanggefahren, sie folgten dem Asphaltband, das es 1968 noch nicht gab. Sie hatten einen Picknickkorb mitgenommen und an einem Aussichtsplatz gehalten, von dem aus man die Florida Bay sah, die Brücke und die Fähren, die zwischen Tango und Key West fuhren. Dort hatten sie über Toms Leben und Sterben gesprochen, die Ereignisse, die sie aus Lauderdale vertrieben hatten, und Annies Hoffnungen und Träume für die Zukunft. Sie hatte viele Erinnerungen wie diese, perfekte Momente an perfekten Tagen, und würde sich in der Zukunft nicht mit weniger zufriedengeben.
    Du hast das falsche Kind gewählt.
    Mira bog plötzlich von der Straße ab, hielt im Schatten und schlug die Karte auf, die Diego ihr gegeben hatte. Die Insel hatte dieselbe Form wie in ihrer Zeit, ein Katzenkopf mit starken Proportionsproblemen. Die Künstlerkolonie befand sich direkt unterhalb des rechten Katzenohrs, gut einen Kilometer vom Naturschutzgebiet entfernt, das deutlich größer war als 2003. Die Stadt Pirate’s Cove befand sich zwischen den Katzenohren und die Stadt Tango, in der sich in ihrer Zeit ihr Buchladen befand, lag südlich in der Nähe des Katzenhalses. Die Old Post Road führte an der Peripherie der Insel entlang, das hatte sich also in den fünfunddreißig Jahren nicht geändert. Aber andere Dinge waren vollkommen anders.
    In ihrer Zeit führten mehrere Straßen, darunter ein zweispuriger Highway, von Ost nach West quer über Tango. Der war auf der Karte nicht verzeichnet. Er war, wie die Brücke, offenbar noch nicht gebaut worden. Es gab Straßen, die in die Mitte der Insel führten, aber 1968 gab es keine einzige Straße, die sie gänzlich durchquerte.
    Sie öffnete ihren Rucksack und grub darin herum, bis sie die Halskette mit dem Friedenszeichen fand, die Annie trug. Sie presste das Symbol zwischen ihre Hände und wartete. Nichts geschah. Sie veränderte ihre Atmung, um ihre Konzentration zu erhöhen.
    Das Einzige, was sie spürte, war das definitive Gefühl, das Annie noch am Leben, noch auf der Insel war.
    Gib mir mehr, dachte sie und versuchte es erneut.
    Nichts.
    Mira band die Kette einmal um ihre Hand, um sie zu kürzen, dann stützte sie ihren Arm, indem sie ihren Ellenbogen auf das Knie setzte. Sie hielt das Friedenszeichen über die Mitte der Karte. »Ist Annie in der Mitte der Insel?«
    Das Friedenszeichen begann, langsam, ganz langsam, von rechts nach links zu schwingen, und von links nach rechts, dann vollzog es größere, ungleichmäßige Kreise über dem Herz der Insel, als suchte es nach Annies Energie. Schließlich wurde es langsamer und hing dann ganz still, hatte ihr aber nichts verraten. Als sie Nadine so etwas hatte tun sehen, lieferte das Ding, was sie als Pendel verwandte, fast immer irgendeine Art von Information. Offensichtlich hatte sie nicht das entsprechende Talent.
    Sie nahm Kette und Friedenszeichen in die linke Hand, hielt es in ihrer Faust, hielt dann die rechte Hand mit der Handfläche nach unten über die Karte, nur ein paar Zentimeter über dem Papier. »Zeig’s mir«, sagte sie leise und konzentrierte sich wieder auf die Karte. Ihr wurde klar, dass sie zu klein war, um ihre ganze Hand zu benutzen. Sie streckte drei Finger nur zwei Zentimeter über die Karte und schloss die Augen.
    Langsam verspürte sie eine gewisse Wärme. Statt deren Ursprung infrage zu stellen, was eine sichere Möglichkeit war, den Prozess zu unterbrechen, erlaubte sie es der Hitze, sie zu führen. Als die Hitze zunahm, öffnete sie die Augen. Die größte Hitze schien sich rings um das Naturschutzgebiet zu befinden, nicht weit von der Kolonie entfernt. Doch diese Karte war zu klein, um es noch genauer sehen zu können.
    Frustriert nahm sie die Karte vom Schoß, knüllte sie zusammen, warf sie auf den Boden und drückte ihre Handballen auf die Augen. Sie bemühte sich, nicht der

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