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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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Minuten laufen, damit sich Dampf bildete und die Wandfliesen sich lockerten. Schnell trocknete sie sich ab, zog sich an und wickelte sich ein Handtuch um den Kopf. Sie drehte die Dusche ab, presste noch einmal ihr Ohr an die Tür. Sie konnte nichts hören. Sie schloss auf und schaute hinaus.
    Kein Peter. Die Außentür – eine schwere Metalltür, wie sie hatte feststellen müssen – war wieder zu und zweifelsohne abgeschlossen, wie eine ägyptische Grabstätte. Annie huschte zurück ins Bad, schloss wieder die Tür und ging zum Wäscheschrank. Sie griff unter die Handtücher, wo sie einen Spachtel versteckt hatte, den sie neben einem Stapel Wandfliesen gefunden hatte. Normalerweise sah das Ding aus wie ein flachgedrückter Löffel; Peter oder Rusty hatten damit vermutlich Fliesen an der Wand ersetzt, die sich durch Jahrzehnte der Feuchtigkeit gelockert hatten. Als Waffe war das Teil nutzlos, aber sie hatte beide Seiten eingeknickt, sodass es jetzt aussah, als wäre es in der Mitte gefaltet. Sie stieg auf die Wanne, hebelte sechs lose Fliesen ab, und versuchte, die entsetzlichen Hilfeschreie zu ignorieren, die andere Kinder in dieselbe feuchte Wand gekratzt hatten: Böser Mann. Helft mir. Findet meine Mami. Verletzt. Krank. Mit der Ecke, die der Knick im Metall bildete, beendete sie ihre eigene Nachricht. Sie ging davon aus, dass der Mann sie jetzt woanders umbringen würde, weil es ihr besser ging, und sie hoffte, dass Sheppard und ihre Mutter diesen Ort finden würden, wo auch immer sie sich befand. Und wenn es so weit war, würden sie die losen Fliesen und ihre Nachricht entdecken. Mira Shep A here okay.
    Als sie fertig war, öffnete sie eine Dose Mörtel, löffelte etwas davon auf den Spachtel und brachte vier der sechs Fliesen wieder an, aber nur leicht. Die anderen beiden ließ sie ab, denn so war es gewesen, als sie die Stelle bemerkt hatte. Sie versteckte den Spachtel wieder hinter dem Stapel Fliesen im Schrank, schloss die Tür und eilte hinaus in den Wohnraum.
    Sie warf das Handtuch auf das Sofa, griff nach ihrer Haarbürste und betrachtete das Essen, das er zurückgelassen hatte. War es mit Drogen versetzt? Sie bezweifelte es; er schien zu wollen, dass sie gesund wurde, nicht krank. Deswegen hatte er auch die schwarze Frau bestellt. Lydia.
    Die gelogen hatte.
    Lydia hatte Annie nicht geholfen und Rusty auch nicht, obwohl er so getan hatte, und ihre Mutter und Sheppard waren auch nicht gekommen, um sie zu befreien. Was hieß, wenn sie hier rauswollte, musste sie es allein schaffen.
    Peter hatte ihr ein Brot mit Erdnussbutter und Marmelade gebracht, dazu ein paar geschnittene frische Erdbeeren und einen Apfel und eine Schale gelbe Erbsensuppe. Muss wohl Mittag sein, dachte sie und griff nach dem Sandwich. Sie schlang es hinunter, aß dann die Erdbeeren, steckte den Apfel in die Tasche ihrer Shorts, einen Teil ihres Essensvorrats, nur falls eines Tages niemand mehr zu ihr kommen würde.
    Annie ging hinüber zum Fenster und schaute durch die Ritzen der Jalousie, sie hielt Ausschau nach dem Mann oder Rusty oder dem Hund. Der Weg zwischen den Bäumen war leer, doch sie wusste, dass Peter zurückkommen würde. Er hatte es gesagt. Und er schien immer zu tun, was er ankündigte.
    Sie ging zurück ins Bad, schloss die Tür hinter sich ab, stellte sich auf den Badewannenrand und lockerte die Duschvorhangstange. Sie würde eine sehr gute Waffe abgeben. Annie ließ die Duschvorhangringe von der Stange gleiten, knüllte den Vorhang zusammen und warf ihn auf den Boden. Dann drehte sie an einem Ende der Stange und kürzte sie. Als sie etwa einen Meter lang war, eilte sie hinaus in den Wohnraum und schaute wieder durch die Jalousie, um den Weg zu überprüfen.
    Immer noch keiner.
    Annie packte die Vorhangstange wie einen Baseballschläger und schlug gegen das Fenster neben der Tür. Der Schlag ließ ihre Arme zittern, ihre Knochen, ihre Zähne. Aber das Glas splitterte nicht. Okay, die Fenster zu zerschlagen würde also nicht funktionieren. Sie musste darauf warten, dass er zurückkam. Sie würde sich an die Wand drücken, und wenn er die Tür öffnete, stünde sie hinter ihm. Kaum käme er herein, würde sie ihm von hinten in die Knie schlagen.
    Aber erst musste sie die Badezimmertür schließen. Das würde auffallen, wenn er hereinkam, und er würde sich in diese Richtung wenden, weg von ihr, und dann würde sie sich auf ihn stürzen. Und weglaufen. Sie würde in den Wald laufen und dann immer weiter, bis sie ein

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