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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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zu holen.
    »Wie lange bleibt sie ohnmächtig?«, fragte Rusty.
    »Ein paar Stunden. Den Rest schaffe ich auch allein.«
    »Ich helfe dir«, sagte Rusty und ging rückwärts den Weg entlang, er hielt Annies Schultern.
    Wheatons Beine schmerzten, wo sie ihn geschlagen hatte, und er taumelte einmal und fiel beinahe. »Alles in Ordnung?«, fragte Rusty.
    »Bestens, es geht mir bestens.«
    »Du siehst nicht gut aus, Pete. Du siehst müde aus.«
    Und alt. Rusty sagte es nicht, aber Wheaton konnte es in seiner Stimme hören. Jeden Tag fühlte er sich älter und schwächer.
    Die Tür zum Schuppen stand noch offen, sie trugen sie hinein und legten sie auf das Sofa. Wheaton griff nach der Vorhangstange und warf sie hinaus. Er schloss den Besenschrank auf, zog den Reinigungswagen heraus. Dann fegten Rusty und er den zerbrochenen Fernseher zusammen, Rusty nahm den Besen, Wheaton hielt die Schaufel. Der Schuppen müsste wieder desinfiziert werden, aber das würde er später tun.
    »Wir müssen einen anderen Fernseher aus dem Haus holen, und Zeitschriften und das Video, das ich gemacht habe. Es ist Zeit, dass sie versteht, wo genau sie sich befindet.«
    »Ich weiß nicht, ob sie dafür schon bereit ist. Ich war es nicht.«
    »Sie ist stark, das hast du selbst gesagt. Je früher sie weiß, wie es wirklich steht, desto früher können wir weitermachen.«
    »Und womit genau, Pete?«
    Wheaton starrte Rusty an. In dem düsteren Raum standen sie weniger als einen Meter voneinander entfernt, und Rusty sah plötzlich wie ein angemessener Gegner aus. Und doch wusste Wheaton, so sehr Rusty die Geschichte mit den Kindern missfiel, er würde ihn nicht verraten. Rusty liebte ihn vielleicht nicht, aber er stand in seiner Schuld. »Es hat nichts mit dir zu tun, Rusty.«
    »Warum hast du mich dann hierhergeholt, Pete?«
    Dieses Gespräch endete immer wieder an derselben Stelle. »Lass uns nicht darüber reden.«
    »Bist du jemals in der Zukunft gewesen, Pete?«
    Dieser abrupte Themenwechsel war eine willkommene Abwechslung. »Unsere Zeit ist die Zukunft.«
    »Nein, ich meine, über unsere Zeit hinaus. In 2020 oder so.«
    »Ich habe es versucht, aber ich scheine dort nicht hinzukönnen.«
    Nein, das stimmte nicht ganz. Einmal, während er vor der Küste von Cancún, Mexiko, geangelt hatte, war er kurz an einem Ort herausgekommen, wo der Himmel rot und die Luft so verschmutzt war, dass er kaum atmen konnte. Er war ans Ufer gefahren und hatte festgestellt, dass das Hotel, wo er wohnte, verschwunden war – und alle anderen Hotels ebenfalls. Der gesamte Bereich Cancúns bestand nur aus Ruinen.
    Das hatte ihn so tief erschüttert, dass er zurück zu seinem Boot gelaufen und direkt zum nächstgelegenen Feld schwarzen Wassers gefahren war, einem relativ kleinen Feld, von dem er vermutete, dass er hindurchgekommen war. Er war lange umher gedriftet, er hatte gebetet, dass der Sog seiner Geburtszeit greifen würde, er hatte Schwierigkeiten, nicht in Panik zu verfallen. Dann hatte er endlich gefunden, was er als »die Mauer« bezeichnete, war ohnmächtig geworden, und als er wieder zu sich kam, hatte er die übliche Küste von Cancún gesehen, an der zahllose Hotels in den leuchtend blauen Himmel ragten.
    Er war immer noch nicht sicher, wie das hatte geschehen können.
    »Glaubst du, es ist möglich, in eine Zukunft über unsere eigene Zeit hinaus zu gelangen?«
    »Ja. Ich glaube, wenn man einmal durch den Korridor reist, ändert sich etwas in deiner DNA. Dass die parakristallinen Netze im Gehirn aktiviert werden. Aber ich glaube auch, dass es schwieriger ist und man nicht abschätzen kann, wo man landet.«
    Rusty nickte, und ein paar Minuten lang fegten sie schweigend. Aber Rusty konnte es nicht darauf beruhen lassen. »Warum hast du mich durch den Korridor geholt, Pete?«
    »Ich habe dich aus einer Familie gerettet, die …«
    » Davon abgesehen «, bellte Rusty. »Mich und vier andere Kinder. Warum?«
    Wheatons Kopf begann, schrecklich zu schmerzen. Er wollte sich bloß in der kühlen Dunkelheit seines Schlafzimmers im Haus ausstrecken und eine Weile die Augen schließen. Es schien so hoffnungslos komplex, die ganze Strategie, die er schon so lange so sorgfältig plante.
    »Das kann ich dir jetzt nicht erklären.«
    »Du willst es nicht erklären, meinst du«, rief Rusty. »Du willst nicht, weil es etwas … etwas Krankes und Perverses ist, genau wie das hier. Mach doch alleine sauber.« Rusty warf den Besen hin und rannte aus dem Schuppen.
    Sunny

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