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Die Spur der verlorenen Kinder

Die Spur der verlorenen Kinder

Titel: Die Spur der verlorenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.J. MacGregor
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und stellte das Tablett auf den Couchtisch.
    »Schalte auf die altmodische Art durch die Kanäle.« Peter wieder, ganz autoritär. »Du wirst Sachen sehen, die du noch nie gesehen hast, nicht einmal bei den endlosen Wiederholungen in deiner eigenen Zeit. Wenn eine Sendung in Farbe ist, erwähnt der TV Guide es extra. Wild, Wild West zum Beispiel ist in Farbe. Und Raumschiff Enterprise – die Originalbesetzung, Annie, mit Captain Kirk und Spock.«
    »Der Dachboden meiner Mutter ist voll mit alten Zeitschriften wie diesen …« Sie deutete auf die Magazine. »Und dieses blöde Band, das Sie gemacht haben …« Sie nahm es, riss es aus dem Plastik, warf es auf den Boden. »… beweist gar nichts. Sie sind bloß ein kranker Arsch, der Kinder entführt.«
    »Nicht fluchen.« Peter trat jetzt vor, weg von der Tür. Er lief rot an. »Das ist die erste Regel. Nicht fluchen. «
    » Fick dich «, kreischte Annie und trat nach der kaputten Videokassette.
    Die Kassette wirbelte über den Boden, Plastikbruchstücke stoben zur Seite, und Peter schaute zu Boden, er folgte der Kassette mit den Augen. Und dann zuckten seine dunklen, bösen Augen hoch zu ihrem Gesicht, und sie spürte ihre Berührung, spürte das Böse, den Wahnsinn, die Wut. Sie zuckte zusammen, und plötzlich wandelte sich die Welt von schnellen, brutalen Bewegungen in eine entsetzliche Langsamkeit, sie nahm jede Kleinigkeit wahr – Peter hob seinen Arm, seine Handfläche bewegte sich auf ihr Gesicht zu, ihr eigener Arm hob sich zum Schutz.
    Genauso plötzlich ging alles wieder rasend schnell. Rusty sprang zwischen sie und Peter, packte seinen Arm, stieß ihn zurück. Peter taumelte, fiel aber nicht.
    »Nicht.«
    Das war alles, was Rusty sagte, bloß einfach Nicht. Aber er sagte es mit solcher Autorität und Macht, dass Peter verstand, was es zu bedeuten hatte.
    Er starrte Rusty mit der gefangenen Wut eines Mannes am Rande des Wahnsinns an. Seine Augen verengten sich zu stechenden Dolchen. Die Luft knisterte unter all dem, was unausgesprochen zwischen ihnen stand. Peter ballte die Faust und presste sie in seine andere Hand, als würde er mit den Knöcheln Glas mahlen. Einen Augenblick fürchtete Annie, dass er nach Rusty schlagen würde. Auch Rusty musste das gedacht haben, denn mit derselben tiefen, drohenden Stimme sagte er: »Ich bin nicht mehr zwölf, Pete.«
    Peter hielt Rustys Blick stand, er presste die Lippen fest aufeinander. »Ich warte draußen. Bleib nicht zu lang.
    Er knallte hinter sich die Tür zu. Annie biss sich auf die Knöchel, um nicht zu schreien, nicht zu schluchzen. Rusty berührte ihren Arm. »Alles, was er gesagt hat, stimmt, Annie.« Er sprach laut, und ihr wurde klar, dass er das tat, damit Peter ihn hören konnte, dass Peter vermutlich direkt vor der Tür stand und lauschte. Rusty deutete auf den CD-Player. »Er hat dich durch die Zeit geholt. Ins Jahr 1968.«
    »Ja, natürlich, klar.« Sie sagte stumm: Bitte hilf mir, und eilte hinüber zum CD-Player. »Du bist nicht besser als er. Ich will mit keinem von euch reden«, und sie drehte die Lautstärke hoch, sodass Hendrix’ Stimme durch den Raum hallte.
    Rusty und sie liefen aufeinander zu, er packte sie bei den Armen und beugte sich vor, damit sie ihn hören konnte. »Ich werde dir helfen. Ich schwöre es. Aber wir müssen vorsichtig sein. Du findest etwas unter dem Tablett, das dir alles erklärt.«
    Er begann, sich abzuwenden, aber sie packte seine Hand und sprach schnell, drängend, mit Gefühl in der Stimme. »Hilf mir jetzt. Wir beide können ihn schaffen, wir können ihn niederschlagen, du kannst mich in die Stadt fahren und mich dort absetzen. Ich werde es nicht verraten. Ich will bloß nach Hause, ich …«
    »Du hörst nicht zu.« Seine Hände griffen ihre, packten zu. »Was er sagt, stimmt. Es ist 1968, und ich weiß nicht, wie ich dich zurück durch den Korridor kriege. Das Beste, was ich tun kann, ist, dich irgendwo auf der Insel zu verstecken, bis … bis wir rauskriegen, wie wir dich nach Hause bekommen.« Er ließ ihre Hand los. »Ich muss gehen. Er kommt rein, wenn ich nicht rauskomme. Vertrau mir, Annie. Vertrau mir einfach.« Er nahm ihr Gesicht in seine Hände, seine schönen Augen verschluckten ihre, und dann küsste er sie schnell auf den Mund.
    Ihr Innerstes leuchtete auf, ihre Lippen kribbelten, dann war er verschwunden.
    Selbst nachdem die Tür sich geschlossen hatte, stand sie noch einen Augenblick da und berührte mit ihren Fingern ihren Mund. Er hat mich

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