Die Spur der Woelfin
auf.
Das Erste, was sie realisierte, war, dass Aufrappeln nicht meinte, dass
sie anschließend auf zwei Beinen stand. Vier und keine Chance, auf zwei zu
kommen. Hatte sie bis dahin noch irgendwo in ihrem Verstand glauben wollen,
dass Patrick gelogen hatte, so war ihr das nun nicht mehr möglich. Sie konnte
sich selbst davon überzeugen, als sie den Kopf senkte. Vier lange, sehnige
Beine, die in krallenbewehrten Pfoten endeten. Versuchsweise machte sie ein
paar Schritte und wunderte sich über den reibungslosen Ablauf der fremdartigen
Gehbewegung.
Etwas wischte an ihren Hinterläufen entlang. Ein Schwanz, erkannte sie
irritiert, als sie nach hinten blickte. Dichtes, braunes Fell bedeckte ihren
ganzen Körper und endete in dem buschigen Schwanz, der träge hin und her
wischte. Und hätte sie es gekonnt, hätte sie gelacht, als sie
erkannte, dass sie auch über dieses neue Körperteil die Kontrolle hatte.
Doch dann kehrte die Unruhe zu ihr zurück. Sie musste hier raus. Raus,
an die frische Luft. Jagen ... Sie erschrak sich selbst bei diesem Gedanken,
fand aber die Vorstellung, in dieser Gestalt Kaninchen und Co. zu jagen,
durchaus aufregend. Sie musste nicht nur hier raus, sie wollte hier
raus.
Fiepend und mit wedelndem Schwanz lief sie zur Tür, kläffte, als Patrick
nur den Kopf schüttelte, und sprang schließlich knurrend gegen das Gitter. Er
sagte etwas zu ihr, aber sie konnte ihn nicht verstehen. Alles in ihr schrie
danach, endlich nach draußen zu kommen, da hatte sie nicht auch noch den Nerv,
sich auf irgendwelche belanglosen Worte zu konzentrieren.
Bisher hatte sie nicht sonderlich auf ihre Umgebung geachtet, doch als
Patrick nun direkt vor ihr auftauchte, stellte sie verblüfft fest, dass sie
Farben sehen konnte. Sie hatte gelesen, dass Wölfe farbenblind waren, und hatte
eigentlich angenommen, dass sie es dann auch sein musste. Aber vielleicht war
sie doch nicht so sehr Wolf.
»Diesmal nicht, Liebling«, drangen schließlich seine Worte zu ihr durch,
und sie knurrte, als er eine Hand vorsichtig zu ihr durch das Gitter schob. Und
er zog sie wieder zurück, als sie nach ihm schnappte.
»Laura, ich werde dich nicht rauslassen.« Seine Worte klangen sanft und
ruhig in ihren Ohren. Nicht die Spur von Ärger, und fiepend sprang sie ein
weiteres Mal an dem Gitter hoch, wedelte mit dem Schwanz und stupste
schließlich mit ihrer Schnauze gegen die Innenseite seiner Hand, als er diese
erneut nach ihr ausstreckte.
Sein leises Lachen klang wie ein plätschernder Wasserfall in ihreh
Ohren, und sie fiepte und legte den Kopf schief, als er mit den Fingern durch
das dichte Fell an ihrem Hinterkopf strich.
»Beim nächsten Mal werden wir zusammen laufen«, hörte sie ihn sagen,
dann zog er seine Hand zurück, und jaulend landete Laura wieder auf allen
vieren.
Sie brauchte über zwei Stunden. Eine Ewigkeit also, die sie in ihrem
engen Käfig auf und ab lief. Sie jaulte und knurrte, aber Patrick ließ sich
nicht erweichen. Mit Engelsgeduld blieb er die ganze Zeit über bei ihr sitzen,
ertrug ihr Knurren, ihr Jaulen, bis sie schließlich aufgab.
Die Wandlung vom Wolf zum Menschen war um einiges leichter und um
einiges weniger spektakulär als die Wandlung vom Menschen zum Wolf. Die
Schmerzen beliefen sich einzig auf ein unangenehmes Ziehen, als ihr Körper sich
streckte, jedoch fühlte sie sich vollkommen ausgelaugt, als sie schließlich in
menschlicher Gestalt auf dem Boden kauerte.
Sie hörte das Quietschen der Scharniere, als Patrick die Tür zu ihrer
Zelle aufzog, war aber schlicht zu müde, um sich nach ihm umzudrehen,
geschweige denn, sich aufzurichten. Und als sie spürte, wie er die Arme um sie
schlang und hochhob, schmiegte sie sich wohlig an seine Brust, kicherte aber,
als ihr so sein Geruch in die Nase stieg.
»Du riechst nach Wolf«, meinte sie müde und spürte, wie sein Brustkorb
vibrierte.
»Du auch«, erwiderte er amüsiert, und sie grinste.
»Warum ist mir das früher nicht aufgefallen?«, fragte sie, als er schon
die Treppe zum Erdgeschoss erreicht hatte.
»Weil dein Geruchssinn nicht ausgeprägt genug war, um so etwas
wahrzunehmen.«
Sie seufzte leise und vergrub ihr Gesicht an seinem Hemd. Vielleicht
hätte sie sich aufregen müssen, weil er
sie - nackt wie sie war — quer durch das Haus trug und ihnen jederzeit
jemand über den Weg laufen konnte. Aber dafür war sie im Augenblick viel zu
müde. »Riecht gut«, murmelte sie dicht an seinem Hemd und lächelte sanft zu ihm
auf.
»Das kann
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