Die Spur der Woelfin
Laura verdattert, im zweiten lachte sie
allerdings. Vince hatte ihr gesagt, dass das früher oder später passieren
würde. Und auch wenn es sie noch immer schockierte, sich plötzlich mit einem
nackten Mann in der Küche wiederzufinden, so zwang sie sich doch, es sich nicht
anmerken zu lassen. Ob ihr das allerdings gelang, blieb offen. Und sie
schüttelte den Kopf, als kurz darauf auch noch Steve den Kopf durch die Tür
streckte.
»Vince erwähnte schon, dass ich mich daran würde gewöhnen müssen«,
meinte sie nach einer Weile trocken und konnte sehen, wie beide erleichtert
aufatmeten. Doch dann verengte sie die Lider und stemmte die Hände in die
Hüften.
»Aber wenn ich euch schon mal hier habe«, fuhr sie in drohendem Unterton
fort. »Wer zum Teufel hat zugelassen, dass Patrick das Bett verlässt? Seid ihr
denn von allen guten Geistern verlassen?« Der Umstand, dass die beiden nackt
waren, hatte sie nicht in Verlegenheit gebracht. Jetzt konnte sie allerdings
sehen, wie beide kleinlaut die Blicke senkten. Doch sie setzte noch einen nach.
»Ist euch eigentlich klar, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten kann?«
Sie wirkten tatsächlich zerknirscht. Allerdings fing Steve sich recht schnell
wieder. Zu schnell für ihren Geschmack.
»Er darf keine Schwäche zeigen. Wenn er das täte, wäre er ein
einladendes Ziel für jeden, der seine Position haben will - allen voran Dave.«
Sie schnaubte abfällig.
»Und deswegen hetzt ihr ihn zum Flughafen und wieder zurück?«
Dazu hatte auch Miles etwas zu sagen. »Wenn Dave uns immer noch
beobachtet, kann Patrick so am besten beweisen, dass die Verletzung nicht
schwer genug ist, um ihn außer Gefecht zu setzen.«
Das leuchtete ein, doch Laura war trotzdem verärgert. »Und hier? Welche
Erklärung habt ihr dafür parat, dass er nicht sofort nach seiner Ankunft dahin
gegangen ist, wohin er gehört? Warum hat ihn keiner von euch ins Bett gesteckt?
Verdammt noch mal, die Wunde ist wieder aufgegangen, weil keiner von euch sich
um Patricks Zustand geschert hat«, fauchte sie und sah, wie die beiden reuige
Gesichter machten.
»Was hätten wir tun sollen? Wenn Patrick es sich in den Kopf gesetzt
hat, nicht mal zeitweise die Führung abzugeben, kann ihn keiner von uns davon
abhalten. Hätten wir ihn ans Bett fesseln sollen?« Miles schien wütend,
und seufzend gab Laura nach. Sie wusste selbst, wie stur Patrick sein konnte.
»Ich mache mir doch nur Sorgen«, erwiderte sie leise und sah, wie die
beiden ihr ein kleines Lächeln schenkten.
»Das tun wir alle, Laura.«
Betreten sah Laura auf die kleine weiße Schachtel in ihren Händen. Hatte
sie überhaupt das Recht, sich so aufzuführen? Mit welchem Recht durfte sie den
beiden vorwerfen, sich nicht um Patrick zu sorgen? Sicher, sie hatte die beiden
nur aus dem Grund angeschrien, weil sie selber Angst um Patrick hatte. Aber
warum unterstellte sie den beiden, dass sie es nicht taten? Sie kannten Patrick
länger und würden, wie auch alle anderen im Haus, alles für ihren Alpha tun.
Mit welchem Recht mischte sie sich also ein? Sie gehörte nicht dazu und würde
es auch nie. Ihre Zeit hier war befristet, während ...
»Ach, Scheiße«, fluchte sie erstickt und rannte aus
der Küche, ehe die beiden noch sehen konnten, wie sie in Tränen ausbrach.
Verdattert sah Miles zu seinem Bruder, als die Tür hinter Laura zufiel.
Und wie auf Kommando begannen beide zu lächeln.
»Sie ist verliebt«, stellte Steve trocken fest, und Miles nickte
beipflichtend.
Bis sie wieder im Schlafzimmer war, waren ihre Tränen getrocknet, und
ein kurzer Blick in den Spiegel zeigte ihr, dass Patrick nichts von ihrem Gefühlsausbruch
bemerken würde. Es war schon beinahe lachhaft, wie empfindlich sie geworden
war, seit sie hier lebte. Aber war ihr das zu verdenken? Die Situation zerrte
an ihren Nerven. Die Gewissheit, dass, selbst wenn sie und Patrick es länger
miteinander aushalten würden, sie keine Chance hätten, zusammenzubleiben, lag
wie ein Mühlstein um ihren Hals. Und einmal mehr verfluchte sie sich, dass sie
es nicht geschafft hatte, Patrick gegenüber so abweisend zu bleiben, wie sie es
ursprünglich geplant hatte.
Eins stand für sie fest. Sobald das alles vorüber war, würde sie von
hier verschwinden. Und wenn es auch noch so sehr wehtun würde. Nichts konnte
schlimmer sein, als irgendwann ein grausames, langsames Ende zu erleben.
»Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende«, murmelte sie,
ehe sie tief Luft holte und
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