Die Spur des Blutes (German Edition)
sein.
»Gib mir eine Minute.« Er fuhr langsam auf die rechte Spur.
Jess hielt sich die Hand vor den Mund, schloss die Augen und kämpfte gegen Schwindel und Übelkeit an. Ihr Herz hämmerte, sie hatte das Gefühl, als würde sich ihre Brust zusammenziehen. Sie durfte nicht zulassen, dass dieser Fall ihr so zusetzte. Sie musste konzentriert bleiben. Objektiv.
Burnett fuhr auf den Parkplatz eines Einkaufszentrums, ganz ähnlich dem, den sie gerade verlassen hatten. Sobald der Wagen angehalten hatte, sprang sie hinaus.
Tief durchatmen. Sie sog langsam und tief die Luft ein. Ihr Bauch tat weh, doch der Brechreiz ließ nach. Ihr Herz wollte nicht aufhören zu hämmern. Ihre Brust zog sich enger und enger zusammen. Eine Panikattacke. Als sie noch jünger gewesen war, hatte sie das öfter gehabt.
Du musst dich bewegen
.
Sie ging zwischen Burnetts SUV und dem hinteren Ende des Gebäudes hin und her. Der Parkplatz lag da wie ausgestorben. Vier der sechs Läden waren zur Miete frei und in unterschiedlichen Stadien der Baufälligkeit. Was sie an ihr Leben erinnerte. Das ebenfalls auseinanderfiel. Sie kämpfte darum, wieder Fuß zu fassen, und trotzdem ging alles den Bach runter.
Langsam fühlte sie sich besser. Sie konnte wieder leichter atmen. Ein und aus. Das Adrenalin ablaufen lassen.
Burnett hielt sich fern. Ließ sie tun, was sie tun musste.
Als ihre Atmung und ihre Herzfrequenz wieder normal waren, ging sie zurück zum SUV, wo er wartete. »Tut mir leid.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist mir schon lange nicht mehr passiert.«
»Die letzten Wochen waren hart für dich.«
Sie nickte. Traute ihrer Stimme nicht.
»Die gute Nachricht ist, dass deine Schwester und ihre Familie in Sicherheit sind und weg von diesem Wahnsinn.«
»Aber nicht Lori … oder Agent Miller.« Beides ihr Fehler.
»Wir werden sie finden, Jess.«
Wieder ein abgehacktes Nicken. Mein Gott, gleich fing sie noch an zu weinen. Sie hasste es, zu weinen.
»Und wir kriegen den, der verantwortlich dafür ist, ob es nun Spears ist oder sein Komplize oder beide. Dieses Mal kommt er nicht davon.«
»Ich weiß.« Ihre Stimme zitterte.
Burnett starrte sie einen Moment lang mit diesen blauen Augen an, die immer viel zu viel zu sehen schienen. Sie musste stark sein. Ihm Schwäche zu zeigen, war kein guter Start für eine Zusammenarbeit.
»Komm her.«
Er zog sie in seine Arme und hielt sie fest. Sie wollte sich wehren. Wollte es wirklich. Aber sie konnte es nicht. Es tat gut, seine Stärke zu spüren, seinen vertrauten Duft einzuatmen. Seine beruhigenden Arme um sich zu spüren.
Sie kapitulierte, legte die Arme um seine Taille, schloss die Augen und ließ sich fallen, genoss die Wärme und die Stärke, die er ihr anbot. So hielt er sie lange. Keiner von beiden sagte etwas. Es war nicht nötig. Nur seine Arme um sich zu spüren war genug. Als ihr Puls aus Gründen, die ihr nur allzu bekannt waren und die absolut nichts mit diesem Fall zu tun hatten, zu flattern begann, wusste sie, dass es Zeit war, einen Schritt zurück zu tun.
»Danke.« Sie schenkte ihm ein echtes, wenngleich schwaches Lächeln. »Das habe ich gebraucht.«
Er strich ihr über die Wange, eine ganz leichte, flüchtige Berührung, und sie schmolz noch ein wenig mehr dahin.
»Dann lass uns mal sehen, was Gant zu sagen hat.«
»Ich kann es kaum erwarten.«
1000 Eighteenth Street, 15:15 Uhr
Gant hatte für sie die Anmeldeprozedur beschleunigt, sodass sie und Burnett nicht warten mussten. Der Rezeptionist in der Hauptlobby führte sie zu einem Besprechungsraum, wo Gant, Wentworth und Manning bereits warteten.
Als sie saßen und ihnen Erfrischungen angeboten worden waren, eröffnete Wentworth das Briefing oder was immer zur Hölle es sein sollte.
»Ich möchte, dass Sie sich diese Fotos ansehen, die nach dem Einbruch bei Ihnen zu Hause gemacht wurden.« Agent Wentworth schob die Akte den Tisch hinunter zu Jess.
Sie öffnete sie und starrte die ersten Fotos an. Beim Anblick der Botschaft, mit Blut geschrieben wie die am Ort von Howards Entführung, setzte ihr Herz kurz aus.
Warum hast du mich verlassen?
Sie schob es zur Seite. Die nächsten beiden zeigten Bilder von Spears, die in ihrem Büro buchstäblich eine ganze Wand bedeckten. Eine Nahaufnahme eines einzelnen Bildes zeigte, dass es eigentlich aus zweien bestand, einem von ihr, so zurechtgeschnitten, dass es zu einem von Spears passte, als wären sie beide zusammen.
Sie schob die Akte wieder über den Konferenztisch
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