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Die Spur des Verraeters

Die Spur des Verraeters

Titel: Die Spur des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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bloß schmutzige Tiere sind.«
    Sano schenkte Urabes Alibi wenig Glauben. Seine Frau und seine Untergebenen würden schon aus eigenem Interesse jede seiner Aussagen bestätigen. Doch selbst wenn der Kaufmann tatsächlich ein Motiv für den Mord an Spaen gehabt hatte, würde es schwierig sein, ihm nachzuweisen, dass er in der Mordnacht auf Deshima gewesen war.
    Ein paar Schritte entfernt erklang plötzlich Junkos lieblicher Gesang.
     
    » Seit dem letzten Herbstmond bin ich gereist ,
    Und bin dem Versprechen der Liebe gefolgt ,
    Der Regen ist kalt , der Wind weht scharf ,
    Bittere Tränen werde ich vergießen ,
    Wenn wir uns nicht wiedersehen .«
     
    Sano beobachtete, wie Junko eine Vase von einem Verkaufsstand nahm und sie mit anmutig geneigtem Kopf betrachtete, wobei sie die Melodie des Liedes weitersummte. Wider Willen stellte Sano sich erneut vor, er hätte Aoi vor sich. Schließlich riss er den Blick von dem Mädchen los, um die Flut der Erinnerungen zurückzuhalten, die auf ihn einzustürmen drohte, schaute Urabe an und brachte eine andere Sache zur Sprache, die mit dem Mord an Jan Spaen zu tun hatte.
    »Ich habe Gerüchte über seltsame Lichterscheinungen gehört, die sich im Hafen um die Insel Deshima herum bewegen«, begann er.
    Junkos melodisches Summen verstummte abrupt, und ein lautes Klirren ertönte. Sano schaute zu dem Mädchen hinüber und sah das Erschrecken in ihren Augen. Rasch kniete sie nieder und sammelte die Scherben der zerbrochenen Vase auf, während der chinesische Händler sie mit Beschimpfungen überschüttete.
    »Tollpatschiges Gör!«, stieß Urabe hervor. »Jetzt muss ich die Vase bezahlen! – Was habt Ihr gerade gesagt, sôsakan? «
    Sano bemerkte, dass Junko ihm und ihrem Vater verstohlen lauschte. Weshalb interessierte das Mädchen sich plötzlich für das Gespräch? Sano wiederholte seine Bemerkung über die seltsamen Lichter und fragte Urabe: »Habt Ihr eine Erklärung für diese Leuchterscheinungen?«
    Wieder begann der Händler unruhig sein Muttermal zu kratzen. »Ich habe diese Lichter noch nie gesehen. Ich weiß nicht einmal, ob es sie wirklich gibt. Ich kann es mir nicht erlauben, meine Zeit für Dinge zu verschwenden, die mir keinen Gewinn bringen.«
    Sano erkannte, dass er bei Urabe zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Schritt weiterkommen würde, und verabschiedete sich. Als er das Chinesenviertel verlassen hatte, überlegte er sich seinen nächsten Schritt. Allmählich setzte die Dämmerung ein.
    Rauch stieg aus Schornsteinen empor; Priester in orangefarbenen Gewändern strömten den Hügel hinauf, um in den Tempeln die abendlichen Riten zu vollziehen. Doch für Sano blieb noch viel Arbeit zu tun. Er musste Kommandant Ohira und die Wachen auf Deshima ein zweites Mal vernehmen, musste Pfingstrose mit Urabes Aussage konfrontieren und sich bei den Barbaren nach dem Verhältnis Direktor Spaens zu den japanischen Bürgern erkundigen.
    Sano schwang sich aufs Pferd und lenkte es in Richtung Hafen, als plötzlich jemand aus dem Tor des Chinesenviertels stürmte und an ihm vorbeirannte. Es war Junko. Einen Schal um den Kopf geschlungen, eilte sie den Hügel hinauf.
    Sano musste an die seltsame Reaktion des Mädchens denken, als er die geheimnisvollen Lichter erwähnt hatte. Vielleicht wusste Junko irgendetwas über die Geschäfte ihres Vater mit den Holländern. Außerdem fühlte Sano sich wegen der flüchtigen Ähnlichkeit Junkos mit Aoi wider Willen zu dem Mädchen hingezogen.
    Sano wendete sein Pferd und ritt Junko hinterher.

12.

    J
    unko stürmte den Hügel hinauf und wand sich geschickt durch die dichten Menschenmengen auf den Straßen. Bald keuchte und schwitzte sie, und ihre schlanken Beine, die solche Anstrengungen nicht gewöhnt waren, schmerzten und wurden müde. Junko hatte schreckliche Angst vor den Folgen, wenn ihr Vater erfuhr, dass sie wieder einmal gegen seine Anweisungen verstieß; dennoch trieben die Sehnsucht und das Verlangen sie zu ihrem verbotenen Geliebten.
    Noch bis vor kurzem hatte Junko sich mit dem schrecklichen Gedanken abgefunden, einen Mann heiraten zu müssen, den ihr Vater seines Reichtums und seines kaufmännischen Könnens wegen für sie auswählte. Sie hatte ungezählte Treffen mit unansehnlichen möglichen Ehemännern über sich ergehen lassen. Doch im Jahr zuvor, beim Herbstfest in Nagasaki, hatte Junko einen jungen Mann kennen gelernt, in den sie sich auf der Stelle unsterblich verliebt hatte.
    »Er ist zu jung, zu arm und hat keine

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