Die Staatsanwältin - Thriller
war super, was die Kulisse anging. Eine Menge Leute trugen Kostüme, für die sie ins Gefängnis hätten kommen müssen. Es gab immer ein paar, die sich als Freiheitsstatue verkleideten, Männer in Kilts und Frauen in Bikinis. Mich schauderte immer, wenn ich die Typen in knappen Badehosen sah.
Irgendwann verteilte sich unsere kleine Gruppe von Staatsanwälten, und ich ließ viele meiner Kollegen hinter mir. Ich pendelte mich in meinem Rhythmus ein, sodass ich die Meile in unter acht Minuten schaffte, und wich anderen Läufern aus wie ein Runningback auf dem Footballfeld. Bei Meile drei überholte mich ein Geschwader Marines, die alle in Formation liefen, als sei dies eine ganz normale morgendliche Trainingseinheit.
Bei Meile fünf zahlte ich für meinen anfänglichen Enthusiasmus, und ich brauchte schon achteinhalb Minuten pro Meile. Zehn Kilometer waren mir noch nie so lang erschienen.
Einige der Läufer überholten mich lachend und scherzten miteinander, aber ich konnte kaum noch atmen. Kurz vor der Meilenmarkierung Nummer sechs schloss ein Mann in gestreifter Gefängniskleidung und mit schwarzer Maske zu mir auf.
»Fast geschafft«, sagte er.
»Ja.« Ich hasste es, wenn Leute versuchten, mit mir zu reden, wenn ich lief. Einsilbige Antworten beendeten das Gespräch normalerweise sehr schnell wieder.
»Ihr macht eure Sache gut bei der Staatsanwaltschaft«, sagte er. »Weiter so.«
»Danke.«
»Hier ist etwas, das Ihnen vielleicht helfen könnte. Sie können es nach dem Rennen lesen.«
Er reichte mir ein gefaltetes Stück Papier, und ich nahm es instinktiv. Der ganze Austausch war merkwürdig, aber ich war müde und dachte in dem Moment nicht klar.
»Guten Endspurt noch«, sagte der Mann. Er lief in einem Tempo davon, mit dem ich auf keinen Fall mithalten konnte. Ich lief weiter und faltete dabei das Blatt auseinander.
Ich wurde langsamer und blieb an der Seite stehen, obwohl uns die Zuschauer anfeuerten. Ich las das Papier und begann wieder zu laufen. Aber jetzt war ich komplett abgelenkt, lief langsamer und dachte nicht einmal mehr an die Ziellinie. Die Nachricht war getippt und nicht unterschrieben.
Seien Sie vorsichtig, wem Sie vertrauen. Nicht jeder, der von der Regierung bezahlt wird, arbeitet auch für die Regierung. Was glauben Sie, woher Rivera sonst von dem Morphin wusste?
Um Atlanta gibt es am 4. Juli ein Duell der Feuerwerke. Das Spektakulärste findet im Centennial Olympic Park in der Innenstadt von Atlanta statt. Aber es konkurriert mit dem Höhepunkt des Country-Festivals, welches zehn Meilen entfernt in Buckhead stattfindet. Das Problem mit beiden Orten ist, dass man hinterher auf dem Weg nach Hause eine Stunde im Verkehr festsitzt.
L. A. hatte die Lösung.
Wir standen auf dem Standstreifen der Autobahn auf halbem Weg zwischen der Innenstadt von Atlanta und Buckhead, und auf dem Dach von L. A.s Zivilfahrzeug drehte sich das portable Blaulicht. Er hatte das Radio auf den Sender eingestellt, der die Musik zum Feuerwerk im Centennial Park spielte. Dieses hatte als Erstes angefangen, aber jetzt nach der Hälfte begann auch das Feuerwerk in Buckhead hinter uns. Feuerwerk in Stereo, und wir würden wieder weg sein, bevor die Verkehrsstaus einsetzten.
Ich warf einen verstohlenen Blick auf L. A.s ausgesprochen gut aussehendes Profil und die Reflektionen des Feuerwerks, die in seinen Augen glitzerten. Es hätte eigentlich der perfekte romantische Abend sein können. Aber ich ertappte mich die ganze Zeit bei der Frage: Was weiß ich eigentlich über diesen Kerl?
Da waren natürlich die Gerüchte über L. A. und die Frauen. Und obwohl er mich immer mit Respekt behandelt hatte, schien er jederzeit zwei oder drei verschiedene Intrigen am Laufen zu haben. Ich hatte ihn mit wenig Achtung vor Ethik mit dem System spielen sehen wie auf einem Klavier. Ich war mir zum Beispiel ziemlich sicher, dass L. A. derjenige war, der die psychiatrische Akte von Rikki Tate an die Presse weitergegeben hatte.
Wie weit würde er wohl gehen, um eine Verurteilung zu bekommen? So weit, dass er die Information über das Morphin zu Rivera durchsickern lassen würde, damit die Zeugenaussage des Verbrechers plausibler klang? Es störte mich, dass L. A. andere Leute so gut durchschaute, aber selbst so undurchsichtig blieb.
»Was ist los?«, fragte er.
»Nichts.«
»Okay. Also, was ist wirklich los?«
»Versuch bloß nicht dieses Lügendetektor-Ding bei mir«, sagte ich.
Ein helles Spinnennetz von Raketen zerplatzte vor
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