Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
Vom Netzwerk:
Gedanke, ging es Wagner durch den Kopf.
    Seine Antwort war ausweichend. „Ich lerne sie erst noch kennen. Viel werde ich ihr nicht sagen können. Du weißt ja, Heise und ich, das war das Gegenteil einer Liebesbeziehung.“
    Die ich mit dir liebend gerne hätte, fügte Wagner in Gedanken hinzu. „Möchtest du Kaffee?“, flüchtete er sich ins Sachliche.
    „Nee, lass mal. Herzflattern kann ich nicht gebrauchen. Bin ohnehin aufgeregt, die vielen Anrufer, die dem Chef kondolieren wollen, landen zu neunzig Prozent bei mir. Und die übrige Arbeit löst sich auch nicht in Luft auf.“
    Sie beugte sich zu ihm herunter, warf einen Blick auf die Unterlagen auf seinem Schreibtisch. „Ach, du liest die Pressemitteilung der Bürgerpartei zum Mordfall. Steht vermutlich nicht viel Gescheites drin. Blablabla.“ Sie roch anders als seine Sekretärin. Ihr Parfüm war nicht so aufdringlich. Jetzt bemerkte er, dass sie einen mit Spitzen besetzten BH trug.
    Sie schien seine Blicke nicht zu bemerken. „Der Chef ist schon wieder auf dem Weg nach Berlin. Es ist gestern Abend beim Kamingespräch der Regierungschefs hoch hergegangen. Riesenzoff mit den Bayern und den Hessen. Niedersachsen soll mehr in den Finanzausgleich einzahlen.“
    „Ich weiß, der Ministerpräsident hat mich auf der Morgenlage ins Bild gesetzt. Ich konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen, die mit Sicherheit Beleidigungsklagen nach sich gezogen hätte.“
    „Lenk nicht vom Mord ab, spuck es aus, Bernd. Was glaubst du? Eine Beziehungstat, Extremisten, Terroristen?“
    Er rettete sich in Allgemeinplätze, erwähnte, dass Heise ein Kotzbrocken war, der vermutlich nicht nur in der Landesverwaltung Feinde hatte.
    „Findest du? Ich für meinen Teil konnte ganz gut mit ihm. Termine für Vorlagen an den Ministerpräsidenten hat er immer eingehalten. Kann man von seinem Kollegen Niemann nicht sagen. Er lässt seinen Leuten zu viel durchgehen. Nie kannst du einen in seiner Abteilung fassen, weil nie jemand wirklich verantwortlich war.“
    Ihre Stimme wurde leiser. „Der Ministerpräsident stand übrigens kurz davor, Haders zu entlassen und Heise zu seinem Staatssekretär zu machen. Aber das wusstest du sicher. Dir erzählt der Chef ja mehr als jedem von uns.“
    „Willst du andeuten, dass Haders der Täter war? Das halte ich für ausgeschlossen. Der Mann ist über sechzig und fällt weich, wenn er entlassen wird. Sechstausend Euro Pension im Monat sind ein komfortables Polster.“
    Braune, erwartungsvolle Augen starrten ihn an. Wagner wurde warm und er fingerte nach einem Taschentuch, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen.
    Seine Kollegin war anderer Meinung. „Ausschließen möchte ich es nicht. Ich traue ihm nicht über den Weg.“
    „Nie und nimmer, für einen Mord ist der viel zu dröge“, widersprach Wagner.
    „Und Britta König, traust du der zu, dass sie mit dem Mord zu tun hat?“, fragte Sybille unvermittelt.
    Auf der Liste der Verdächtigen des Flurfunks stand die Ministerialrätin ganz oben.
    „Nun ja“, sagt er, „Heise und sie waren sich spinnefeind. Ihr drohte die Abschiebung in die Schulbehörde. Für eine ehrgeizige Frau mutet das so ähnlich an wie seinerzeit Sibirien für Stalins Gegner. Eine Frau wie die König will sich im Zentrum der Macht aufhalten.“
    „Das heißt, ja?“ Sie beugte sich noch weiter zu ihm herunter. Ihr Busen kam seinem Gesicht bedenklich nahe. Angestrengt schaute er auf ihre Hände. Den Ring an ihrer linken Hand sah er zum ersten Mal. Hatte sie sich etwa mit dem Stiesel verlobt?
    „Wenn es Haders nicht war, war es eine Beziehungstat“, mutmaßte seine Kollegin. „Heise war ein gut aussehender Mann. Wusstest du übrigens, dass Hass eine stärkere Triebfeder als Liebe ist? Erst neulich habe ich gelesen, dass …“ Nach einem Blick auf ihre Armbanduhr unterbrach sie sich und rutschte von der Schreibtischkante.
    „Ich muss. Habe mich schon viel zu lange festgequatscht. Willst du zum Essen mitkommen?“
    „Gerne, aber in die Kantine im Funkhaus kriegst du mich nicht. Die Journalisten werden über mich herfallen wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe über einen Tierkadaver. Lass uns zu Mario gehen. Mir ist nach Pizza.“
    Sybille lachte. „Pizza? Bist du nicht auf Diät?“
    „Das war vor dem Mord. Jetzt brauchen meine Nerven Nahrung.“
    Wenn du wüsstest, was ich über Heise weiß, würdest du es verstehen, fügte er in Gedanken hinzu, während er seiner Kollegin

Weitere Kostenlose Bücher