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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Kabinettsvorlagen müssen in einer Stunde fertig sein.“
    Sie bot der Polizeibeamtin keinen Platz an. Die ignorierte das unhöfliche Benehmen und räumte einen der beiden Stühle frei, um sich hinzusetzen. „Es dauert nicht lange. Hätten Sie von Anfang an die Wahrheit gesagt, wäre mein Besuch nicht nötig gewesen. Ihre Angaben zum Tatabend sind falsch, Frau König. Ihre Nachbarin hat sie weggehen sehen, gegen Viertel nach acht.“
    Die Beamtin stöhnte. „Oh Gott, die alte Schachtel nun wieder. Sie hat nichts Besseres zu tun, als anderen Menschen nachzuspionieren. Bei der Stasi hätte sie einen hervorragenden Job gemacht.“
    „Gut möglich, steht aber nicht zur Debatte. Ich muss einen Mordfall aufklären. Einen Mord, mit dessen Opfer Sie im ständigen Streit lagen. Sie haben mich angelogen, Frau König. Sie haben ausgesagt, dass Sie am Tatabend zu Hause waren. Das war falsch, wo waren Sie tatsächlich?“
    Die Angesprochene klopfte ungeduldig mit ihrem Kugelschreiber auf die Schreibtischplatte. „Muss das jetzt sein? Der Staatssekretär bekommt die Krise, wenn die Kabinettsvorlagen nicht rechtzeitig fertig sind. Können wir das nicht später klären, morgen zum Beispiel?“
    „Sagen Sie einfach, wo Sie waren, und ich verschwinde. Das dauert nicht länger als eine Minute.“
    Britta König, auch heute wieder in einen sündhaft teuer wirkenden Hosenanzug gekleidet, warf ihr einen bitterbösen Blick zu. „Mein Gott, sind Sie hartnäckig! Ich war bei einem Freund. Und falls Sie den Namen wissen wollen, den sage ich nicht. Mein Freund ist verheiratet.“
    Ausgerechnet die unterkühlt wirkende Karrierefrau und eine Affäre? Wer hätte das gedacht. „Ich kann Sie beruhigen, Frau König. Ich ermittle in einem Mordfall, Ihre Liebesbeziehungen interessieren mich nicht.“
    Auf dem Gesicht der Ministerialbeamtin erschien ein verkrampftes Lächeln. Das typische Politikerlächeln, aufgesetzt und unecht. „Ich muss trotzdem erst mit meinem Bekannten sprechen. Geben Sie mir bis heute Abend, dann melde ich mich bei Ihnen. Wenn Sie mich jetzt bitte allein lassen.“
    Verena lag eine scharfe Bemerkung auf der Zunge. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, so schnoddrig und von oben herab abgefertigt zu werden. Sie entschied sich, die Klügere zu spielen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Nachgeben sich im Laufe der Ermittlungen auszahlte. Im Hinausgehen drehte sie sich um. „Sagen wir bis zur Tagesschau. Falls ich bis dahin nichts von Ihnen höre …“
    „Sie können sich jedes weitere Wort sparen“, wurde sie unterbrochen. „Ich halte Verabredungen ein. Und jetzt, auf Wiedersehen.“
    Kein Wunder, dass sie unbeliebt ist, ärgerte sich Verena, während sie in den Roten Salon ging. Dort wartete eine Überraschung auf sie. Ein dienstbarer Geist hatte eine Thermoskanne mit Kaffee und eine Schale mit Keksen für sie bereitgestellt. Daneben lag die Visitenkarte von Jochen Niemann mit einem handschriftlichen Gruß. Verena sah sich in ihrem ersten Eindruck über Niemann bestätigt. Sie schenkte sich Kaffee ein und vertilgte zwei Kekse, bevor sie zum Telefonhörer griff. Inzwischen war es fast fünf Uhr und die meisten Beamten schienen gegangen zu sein. Nur einer der Beamten, der auf ihrer Liste stand, ein junger Regierungsrat, war noch am Arbeitsplatz. Das Gespräch mit ihm brachte sie jedoch keinen Schritt weiter. Der Maulkorberlass des Staatssekretärs zeigte Wirkung. Nur mühsam unterdrückte Verena ihre Wut. Die Beamten traf keine Schuld, sie taten, was von ihnen verlangt wurde.
    So konnte das nicht weitergehen. Sie rief im Vorzimmer des Staatssekretärs an, bestand auf einem kurzfristigen Termin. Die Sekretärin bedauerte. Der Herr Staatssekretär sei zu einem Diensttermin in Bad Pyrmont, es gehe um ein Klinikprojekt. Notgedrungen vereinbarte Verena ein Gespräch für den nächsten Tag.

27
    Sie wäre gerne nach Hause gefahren. Sie war müde und fröstelte. Sie sehnte sich nach ihrer Badewanne. Der Job ging vor, mal wieder. Rechtsanwalt Hackmann hatte sich für sieben Uhr im LKA angesagt. Sein voller Terminkalender lasse kein früheres Treffen zu, hatte seine gestresste Sekretärin am Telefon behauptet.
    Zu ihrer Überraschung wartete Stollmann in ihrem Büro auf sie. Er hatte sich über die Müsliriegel in ihrer Schreibtischschublade hergemacht, ihre Notration für ausgefallene Mittagessen. Er mümmelte gut gelaunt vor sich hin. Das Date musste in seinem Sinne gelaufen sein und hatte ersichtlich sein Bedürfnis nach Nahrung

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