Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
Vom Netzwerk:
Obermufti Haders scheint ihn geschätzt zu haben.“
    „Sag ich doch, Heise und Niemann haben Welten getrennt. Das macht es ja so verdammt kompliziert.“
    Während ihr Kollege das Lebkuchenherz vertilgte, wobei er den Krümeln, die er dabei auf Stuhl und Fußboden verbreitete, keine Beachtung schenkte, griff Verena nach einem Bleistift. Strichfiguren zu zeichnen, verschaffte ihr Beruhigung. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen ihnen. Sie waren so vertraut miteinander, dass sie auch Stille ertragen konnten.
    Schließlich ergriff sie wieder das Wort. „Ich frage mich, ob dieser Baumgart nicht doch involviert ist. Warum sonst scheut er das Gespräch mit mir und hetzt mir seine Anwälte auf den Leib?“
    „Weil er nicht anders kann. Er hat Dreck am Stecken und sieht rot, wenn er das Wort Polizei nur hört. Und du willst ihn in einer Mordangelegenheit vernehmen.“
    „Ich wollte mit ihm über den Korruptionsverdacht sprechen, nicht mehr und nicht weniger. Ich bin zurückgepfiffen worden. Der Direktor hält es nicht für opportun, der Sache weiter nachzugehen. Meiner Meinung nach zieht da jemand ganz oben die Fäden im Hintergrund.“
    Ihr Kollege wischte sich den Mund ab. Ein neugieriger Blick traf sie. „Hör ich da einen Anflug von Kritik an unserem hoch geschätzten Direktor aus deinem Mund? Das wundert mich, wo du doch sein Liebling bist. Gut möglich, dass der Innenminister oder ein anderes hohes Tier sich schützend vor Baumgart stellt.“ Ein ungeniertes Gähnen begleitete seine Worte, was Verena an ihren chronischen Schlafmangel erinnerte. Sie brachte das Gespräch auf Ministerialrätin König.
    „Sie hat für beide Tatzeiten kein Alibi. Die Frau verbirgt etwas vor uns.“
    Stollmann lachte. „Du und dein Röntgenblick! Durchaus möglich, dass die Dame uns an der Nase herumführt. Vielleicht führt sie ein Doppelleben, in das sie uns keinen Einblick geben will.“
    Verena zupfte in Gedanken versunken an ihrem Pullover. Franz hatte dafür vierhundert Euro bezahlt. Inzwischen waren Kaschmirpullover für sie in unerreichbare Ferne gerückt. Diesen hütete sie wie einen Schatz.
    „Mein Bauchgefühl sagt mir, sie ist keine Mörderin. Mein Verstand sagt, sie hat kein Alibi, hat Heise gehasst, konnte auch mit Niemann nicht und hat uns angelogen.“
    Stollmann erhob sich, ging zur Fensterbank und schenkte sich Kaffee ein. Der Stuhl war voller Krümel. „Jeder Mensch lügt bis zu hundertmal am Tag, oder war es in der Woche …? Egal, wenn du möchtest, fühle ich der Dame auf den Zahn. Vielleicht ist sie aufgeschlossener, wenn ich allein mit ihr rede. Mein männlicher Charme hat schon manche Frau beeindruckt.“
    „Ja, er haut auch mich immer wieder vom Hocker. Wäre trotzdem nett, wenn du die Krümel entfernst.“ Verena stand ebenfalls auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. „Scheußliches Wetter, wahrscheinlich bleibt es bis Weihnachten so. Jedes Jahr um diese Zeit dasselbe graue Einerlei. Man sollte auswandern, Südspanien würde mir gefallen.“
    Dann drehte sie sich zu ihrem Kollegen um. „Auf den Zahn fühlen, hört sich gut an. Lass deinen männlichen Charme spielen, aber zieh dir vorher ein frisches Hemd an – und eine Hose ohne Kaffeeflecken. Haare waschen wäre übrigens auch nicht verkehrt, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Ich selbst werde noch einmal mit Staatssekretär Haders sprechen. Dieses Mal lass ich mich nicht mit dummen Sprüchen abspeisen, von wegen Vertraulichkeit wahren und so.“
    „Vermutlich haben sie in der Staatskanzlei den Keller voller Leichen. Jedes Kleinkind in diesem Land weiß: Politik lebt von Vertuschungen, Heuchelei und Wählerbetrug.“
    Verena seufzte hörbar. „Die Nummer nun wieder. Warum stänkerst du ständig gegen die Politik? Willst du die Demokratie durch eine Diktatur oder Monarchie ablösen? Nein danke, das hatten wir zu Genüge. Dann lieber unsere Demokratie mit all ihren Fehlern. Politiker sind auch nur Menschen. Oder willst du behaupten, dass wir keine Fehler machen?“
    „Keine, die das Dasein von Millionen Bürgern betreffen. Und eine Bürgerdemokratie haben wir in diesem Lande schon lange nicht mehr. Die Parteien entscheiden, wo es langgeht. Die Bürger dürfen alle vier oder fünf Jahre ihr Kreuz machen und das war’s. Schöne Demokratie! Apropos vertuschen. Was läuft da eigentlich zwischen dir und dem Neuen?“
    Verena spürte, wie sie rot anlief. „Was quatschst du da? Völliger Unsinn! Ich kenne den Direktor nicht besser als alle

Weitere Kostenlose Bücher